Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2009 - IX ZR 225/07

bei uns veröffentlicht am17.09.2009
vorgehend
Landgericht Wuppertal, 19 O 102/06, 14.06.2006
Oberlandesgericht Düsseldorf, 16 U 170/06, 23.11.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 225/07
vom
17. September 2009
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
am 17. September 2009

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. November 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 45.195,92 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die von der Beschwerde geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
2
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hätte auf den drohenden Ablauf der Verjährungsfrist die Klägerin hinweisen müssen, ist keinesfalls willkürlich, steht vielmehr in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundes- gerichtshofs. Danach hat der Anwalt den Mandanten insbesondere vor der Gefahr zu warnen, dass Ansprüche gegen Dritte zu verjähren drohen (BGH, Urt. v. 29. April 1993 - IX ZR 101/92, NJW 1993, 2045; v. 9. Juli 1998 - IX ZR 324/97, WM 1998, 2246, 2247; v. 29. November 2001 - IX ZR 278/00, WM 2002, 505, 506; v. 13. März 2008 - IX ZR 136/07, WM 2008, 1560, 1562 Rn. 16). Anhaltspunkte für die Beklagte dafür, dass sich die Klägerin des drohenden Ablaufs der Verjährungsfrist bewusst war, sind nicht ersichtlich und zeigt auch die Beschwerde nicht auf. Selbst wenn die rechtliche Prüfung durch die Beklagte und die daraus abgeleitete Empfehlung, keine Klage gegen die Bank zu erheben, zutreffend gewesen wären, hätte die Beklagte nicht auf den ergänzenden Hinweis auf die alsbald drohende Verjährung verzichten dürfen. Im Übrigen war - wie das Berufungsgericht im Einzelnen dargelegt hat - der Rat unzutreffend.
3
2. Entgegen der Ansicht der Beschwerde richtet sich die von ihr aufgeworfene Frage zur Kausalität der Pflichtwidrigkeit nicht nach der im Vorprozess erfolgten rechtlichen Beurteilung. Zu Recht hat das Berufungsgericht - auch dann, wenn feststeht, welchen Ausgang das frühere Verfahren genommen hätte - die Sicht des Regressrichters für maßgeblich gehalten (vgl. BGHZ 174, 205, 209 Rn. 9; BGH, Beschl. v. 3. Mai 2007 - IX ZR 189/02, NJW-RR 2007, 1367, 1368 Rn. 11; Urt. v. 13. März 2008 - IX ZR 136/07, aaO Rn. 23; ferner Fischer in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 1063; Ganter NJW 1996, 1310, 1312).
4
Die 3. geltend gemachte Verfahrensgrundrechtsverletzung im Zusammenhang mit der Beurteilung des Vorbringens der Beklagten zum Beratungsverhalten der Klägerin liegt nicht vor.
5
Art. 103 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn die Zurückweisung eines Beweisantrags im Prozessrecht keine Stütze mehr findet. Den Gerichten ist es aber nicht verwehrt, das Vorbringen eines Verfahrensbeteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts außer Betracht zu lassen (BVerfGE 70, 288, 294; BVerfG NJW 2003, 125, 127). Das Berufungsgericht konnte das Vorbringen der Beklagten als unsubstantiiert ansehen. Die Beschwerde weist keinen konkreten Vortrag nach, der eine anderweitige Beurteilung rechtfertigen könnte.
6
4. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Voraussetzungen beizutragen, unter denen die Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO).
Ganter Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG Wuppertal, Entscheidung vom 14.06.2006 - 19 O 102/06 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 23.11.2007 - I-16 U 170/06 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2009 - IX ZR 225/07

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2009 - IX ZR 225/07

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2009 - IX ZR 225/07 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2005 - IX ZR 189/02

bei uns veröffentlicht am 10.11.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 189/02 vom 10. November 2005 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein SGB X § 64 Abs. 3 Satz 2 Die Träger der Sozialhilfe sind in streitigen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten von den Geric

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 189/02
vom
10. November 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die Träger der Sozialhilfe sind in streitigen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten
von den Gerichtskosten befreit, wenn das Verfahren einen engen, sachlichen
Zusammenhang mit ihrer gesetzlichen Tätigkeit als Sozialhilfeträger hat.
BGH, Beschluss vom 10. November 2005 - IX ZR 189/02 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Vill
am 10. November 2005

beschlossen:
Die Erinnerung der Klägerin gegen die Kostenrechnung des Bundesgerichtshofs - Kassenzeichen 780051022014 - wird als unbegründet zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:


1
Die gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F., § 72 Nr. 1 GKG n.F. statthafte Erinnerung der Klägerin vom 18. Juli 2005 ist unbegründet.
2
1. Ob und in welchem Umfang nach § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X, auf den sich die Klägerin beruft, die Träger der Sozialhilfe im streitigen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten von den Gerichtskosten befreit sind, ist streitig.
3
Während teilweise angenommen wird, für Träger der Sozialhilfe bestehe nach dieser Bestimmung umfassende persönliche Kostenfreiheit (OLG München MDR 1995, 1072), sind andere Oberlandesgerichte der Auffassung, aus dieser Vorschrift lasse sich für streitige Verfahren vor den Zivilgerichten über- haupt keine Kostenfreiheit ableiten (OLG Stuttgart ZfSch 1989, 197; OLG Zweibrücken KostRspr Nr. 24 zu § 2 GKG; OLG Düsseldorf MDR 1995, 102). Nach einer vermittelnden Ansicht findet die Vorschrift zwar auf streitige Verfahren vor den Zivilgerichten Anwendung, wenn die Ansprüche nach § 90 BSHG übergeleitet (OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 1669; OLG Zweibrücken MDR 1996, 208) oder nach § 91 BSHG übergegangen sind (OLG Düsseldorf OLGR 1999, 497) oder wenn ein untrennbarer Sachzusammenhang zwischen öffentlichrechtlicher Verwaltungstätigkeit einerseits und dem konkreten Zivilrechtsstreit andererseits besteht (OLG Düsseldorf OLGR 2004, 498), nicht aber bei kraft Gesetzes übergegangenen bürgerlich-rechtlichen Schadensersatzansprüchen (OLG Düsseldorf MDR 1995, 102).
4
2. Nach § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X sind die Träger der Sozialhilfe "in Verfahren nach der Zivilprozessordnung" von den Gerichtskosten befreit. Dabei können schon dem Wortlaut nach nicht lediglich Verwaltungsverfahren der Sozialverwaltung gemeint sein, auf die die Vorschriften der ZPO anwendbar sind. Die entsprechende Meinung, die sich insbesondere auf den Regelungszusammenhang und die Entstehungsgeschichte der Vorschrift stützt, findet dort keine Grundlage. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB X gelten die Vorschriften des Kapitels 1 des SGB X, zu dem auch § 64 SGB X gehört, für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden nach diesem Gesetzbuch. Dies schließt es aber nicht aus, dass dort auch eine Annex-Regelung für die Kosten getroffen wird, die diesen Behörden in anderen Verfahren entstehen. Solche Regelungen enthält § 64 SGB X zweifelsfrei in Abs. 2 Satz 2 (vgl. von Wulffen, SGB X 5. Aufl. § 64 Rn. 12) oder in Abs. 3 Satz 2 bezüglich der Verfahren vor Gerichten der Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit. Aus der Entstehungsgeschichte des § 64 SGB X ergibt sich nichts für die genannte enge Auslegung. Die Begründung des § 62 Abs. 3 Satz 2 des Regierungsentwurfs für das SGB X, der un- verändert als § 64 Abs. 3 Satz 2 Gesetz geworden ist, enthält zu dieser Vorschrift keine besonderen Ausführungen. Sie nimmt lediglich darauf Bezug, dass die Vorschrift unter Zugrundelegung des § 118 BSHG die verschiedenen Kostenvorschriften zusammenfasse (BT-Drucks. 8/2034, S. 36 zu § 62). Bereits in § 118 BSHG in der bis zum Inkrafttreten des SGB X am 1. Januar 1981 geltenden Fassung war bestimmt, dass im Verfahren nach der Zivilprozessordnung (sowie in anderen Verfahren) die Träger der Sozialhilfe von den Gerichtskosten befreit sind. Eine Änderung ist deshalb insoweit nicht eingetreten. Soweit das Oberlandesgericht Stuttgart auf die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des SGB X abstellt, betrifft dies Sozialversicherungsträger, die von der Regelung des § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X nicht erfasst werden.
5
Hieraus ergibt sich, dass § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X den Trägern der Sozialhilfe Kostenfreiheit in Verfahren vor den Zivilgerichten einräumt (Hauck/ Noftz, SGB X § 64 Rn. 12; Pickel/Marschner, SGB X § 64 Rn. 20; von Wulffen, SGB X aaO § 64 Rn. 18).
6
3. Gleichwohl kann der Auffassung des OLG München (aaO) nicht gefolgt werden, wonach für die Träger der Sozialhilfe nach § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X eine umfassende persönliche Kostenfreiheit besteht. Dies würde zu einer generellen Kostenfreiheit der Sozialhilfeträger vor den Zivilgerichten führen, was nicht das Anliegen von § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X sein kann (Hartmann, Kostengesetze 35. Aufl. § 2 GKG Rn. 13 Stichwort Sozialleistung; BVerwG NVwZ-RR 2000, 189; OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 1669; OLGR 2004, 498).
7
Sinn und Zweck der Vorschrift setzen voraus, dass das konkrete Verfahren vom Träger der Sozialhilfe gerade in dieser Eigenschaft geführt wird. Das Verfahren muss also einen engen sachlichen Zusammenhang zur gesetzlichen Tätigkeit als Sozialhilfeträger haben.
8
ist Dies etwa dann der Fall, wenn nach § 91 BSHG übergegangene (OLG Düsseldorf OLGR 1999, 497), nach § 90 BSHG übergeleitete (OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 1669; OLG Zweibrücken MDR 1996, 208) oder gemäß § 116 SGB X übergegangene Ansprüche geltend gemacht werden.
9
4. Ein solcher enger sachlicher Zusammenhang bestand im Ausgangsverfahren , in dem die Klägerin, die für Frau S. Sozialhilfeleistungen erbringt , aus übergegangenem Recht von deren geschiedenen Ehemann Unterhalt verlangte. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin ihren Prozessbevollmächtigten wegen Verletzung von Anwaltspflichten im Ausgangsverfahren auf Schadensersatz in Anspruch. Dieser Regressanspruch weist mit der Tätigkeit der Klägerin als Sozialhilfeträger nicht mehr den erforderlichen Zusammenhang auf. Vergleichbare Ansprüche können sich aus Anwaltsverträgen mit beliebigem Inhalt ergeben. Eine Kostenfreiheit besteht deshalb nicht.
Fischer Ganter Raebel
Vill Kayser
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 12.06.1998 - 303 O 56/98 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.06.2002 - 12 U 83/99 -

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.