Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Apr. 2012 - IX ZB 32/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Das Insolvenzgericht eröffnete mit Beschluss vom 4. Januar 2006 das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des K. (nachfolgend : Schuldner) und bestellte die weitere Beteiligte zu 1 zur Treuhänderin. Zugleich beauftragte es sie, die in dem Verfahren vorzunehmenden Zustellungen durchzuführen mit Ausnahme derjenigen an den Schuldner.
- 2
- Nach Durchführung des Schlusstermins kündigte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 26. Mai 2010 dem Schuldner die Erteilung der Restschuld- befreiung an und bestellte den weiteren Beteiligten zu 2 zum Treuhänder für die Wohlverhaltensphase. Die mit der Bestellung des neuen Treuhänders verbundene Entlassung der weiteren Beteiligten zu 1 begründete das Gericht mit Unstimmigkeiten bei der Abrechnung von der Treuhänderin übertragenen Zustellungen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 hatte Erfolg. Mit Beschluss vom 14. September 2010 hob das Beschwerdegericht die Entlassung der weiteren Beteiligten zu 1 auf, weil Streitigkeiten zwischen Treuhänder und Insolvenzgericht über die Abrechnung von Zustellungen keinen ausreichenden Grund für eine Entlassung aus wichtigem Grund darstellten.
- 3
- Nach Abschluss des ersten Entlassungsverfahrens hat das Insolvenzgericht die weitere Beteiligte zu 1 mit Beschluss vom 21. September 2010 erneut aus wichtigem Grund entlassen. Die sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die weitere Beteiligte zu 1 die Aufhebung der Entscheidung.
II.
- 4
- Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO iVm Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
- 5
- 1. Die Begründung des Beschwerdegerichts trägt allerdings nicht, soweit sie darauf abstellt, allein die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Gericht und der Treuhänderin reiche aus, um eine weitere gedeihliche Zu- sammenarbeit unmöglich erscheinen zu lassen. Die Entlassung der Treuhänderin von Amts wegen ist nur zulässig, wenn ein die Entlassung rechtfertigender wichtiger Grund vorliegt. Dies hat der Senat in mehreren, die Treuhänderin des hiesigen Verfahrens betreffenden Beschlüssen vom 19. April 2012 (IX ZB 162/10) und vom 26. April 2012 (IX ZB 31/11, zVb) entschieden, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.
- 6
- 2. Nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen hat die weitere Beteiligte zu 1 jedoch schwerwiegende Pflichtverletzungen begangen, die ihre Entlassung rechtfertigen. Auch dies hat der Senat in den bereits zitierten Beschlüssen vom 19. April und vom 26. April 2012 entschieden. Die dort ausgeführten Gründe für die Entlassung der Treuhänderin sind auch im vorliegenden Verfahren gegeben. Das Insolvenzgericht hat in seiner Entlassungsentscheidung vom 21. September 2010, auf die das Beschwerdegericht Bezug genommen hat, festgestellt, die Treuhänderin habe in einer Vielzahl von Verfahren nach Scheitern ihrer Bemühungen, einen Zuschlag zu ihrer Vergütung von 20 € für jede erste Zustellung und von 10 € für jede weitere Zustellung bewilligt zu bekommen, ihre Amtspflichten dadurch verletzt, dass sie ohne eine vorherige Anzeige an das Insolvenzgericht ein Unternehmen mit der Vornahme der Zustellungen beauftragt habe, das von ihr geleitet worden sei. Mit diesem Unternehmen habe sie zum Nachteil der von ihr verwalteten Insolvenzmassen für die jeweils erste Zustellung einen Betrag von 30 € und für alle weiteren Zustellungen einen Betrag von 20 € vereinbart und - soweit Geld vorhanden gewesen sei - aus der Masse entnommen. Dieses pflichtwidrige Verhalten in einer Vielzahl der der Treuhänderin insgesamt übertragenen Verfahren reicht inder hier gebotenen Gesamtschau als wichtiger Grund aus, um eine Entlassung von Amts wegen zu rechtfertigen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. April 2012 - IX ZB 162/10; vom 26. April 2012 - IX ZB 31/11, zVb).
Fischer Pape
Vorinstanzen:
AG Berlin-Köpenick, Entscheidung vom 21.09.2010 - 34 IK 91/05 -
LG Berlin, Entscheidung vom 07.12.2010 - 85 T 287/10 -
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(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören.
(2) Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.
Für Entscheidungen über die sofortige Beschwerde nach § 6 der Insolvenzordnung, bei denen die Frist des § 575 der Zivilprozessordnung am 27. Oktober 2011 noch nicht abgelaufen ist, ist die Insolvenzordnung in der bis zum 27. Oktober 2011 geltenden Fassung weiter anzuwenden. Für Entscheidungen über die sofortige Beschwerde nach Artikel 102 § 7 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung gilt Satz 1 entsprechend.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und - 2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.
(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge), - 2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2, - 3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.
(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.