Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juni 2010 - IX ZB 250/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert wird auf 10.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die gemäß § 34 Abs. 2, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
- 2
- 1. Ein Zulassungsgrund scheidet aus, soweit die Schuldnerin geltend macht, die dem Insolvenzantrag zugrunde liegende Forderung sei infolge der Titulierung durch ein im Urkundenprozess ergangenes Urteil nicht ordnungsgemäß nachgewiesen.
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- Nach § 14 Abs. 1 InsO muss der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben und seine Forderung sowie den Eröffnungsgrund glaubhaft machen. Eröffnet wird das Verfahren, wenn ein Eröffnungsgrund gegeben ist (§ 16 InsO). Soll der Eröffnungsgrund aus einer einzigen Forderung des antragstellenden Gläubigers abgeleitet werden und ist diese Forderung bestritten, muss sie für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewiesen sein. Den ihm obliegenden Nachweis kann der Gläubiger durch Vorlage eines Vollstreckungstitels führen; hierfür genügt bereits eine vollstreckbare Urkunde (BGH, Beschl. v. 29. Juni 2006 - IX ZB 245/05, WM 2006, 1632, 1633 Rn. 11; BGH, Beschl. v. 14. Januar 2010 - IX ZB 177/09, ZIP 2010, 291, 292 Rn. 6). Ist die Forderung des die Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreibenden Gläubigers tituliert, muss der Schuldner Einwendungen gegen die Vollstreckbarkeit in dem dafür vorgesehenen Verfahren verfolgen. Solange die Vollstreckbarkeit nicht auf diese Weise beseitigt ist, braucht das Insolvenzgericht die Einwendungen des Schuldners nicht zu berücksichtigen (BGH, Beschl. v. 14. Januar 2010, aaO S. 292 Rn. 6 m.w.N.). Genügt bereits eine vollstreckbare Urkunde zum Nachweis der dem Antrag eines Gläubigers zugrunde liegenden Forderung, so ist der vorliegend von der Antragstellerin im Urkundenprozess erstrittene vollstreckbare Titel, der immerhin auf einer uneingeschränkten rechtlichen Schlüssigkeitsprüfung beruht, ebenfalls als hinreichender Forderungsnachweis zu beachten. Da seine Vollstreckbarkeit fortbesteht, kann der Insolvenzantrag darauf gestützt werden.
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- 2. Vergeblich macht die Schuldnerin geltend, der gegen sie gestellte Insolvenzantrag entbehre eines rechtlichen Interesses.
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- In aller Regel wird einem Gläubiger, dem eine Forderung zusteht und der einen Eröffnungsgrund glaubhaft macht, das rechtliche Interesse (§ 14 InsO) an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht abgesprochen werden können. Rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig kann ein Antrag allerdings sein, wenn es dem Antragsteller um die Erreichung anderer Ziele als desjenigen der Befriedigung der eigenen Forderung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens geht. Der Umstand, dass die Antragstellerin alleinige Gläubigerin der Schuldnerin ist, lässt jedoch das Rechtsschutzinteresse nicht entfallen.
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- Vergeblich 3. beruft sich die Schuldnerin auf einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG.
- 7
- Das Prozessgrundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen und Anträge der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich , alle Einzelpunkte des Parteivortrags in den Gründen der Entscheidung auch ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f; BGHZ 154, 288, 300). Bei dieser Sachlage musste das Beschwerdegericht nicht auf jedes Vorbringen der Schuldnerin, das ohnedies nicht geeignet war, den Insolvenzgrund in Frage zu stellen, eingehen.
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Augsburg, Entscheidung vom 28.07.2009 - 7 IN 393/09 -
LG Augsburg, Entscheidung vom 16.10.2009 - 7 T 3993/09 -
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(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.
(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Der Antrag eines Gläubigers ist zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Der Antrag wird nicht allein dadurch unzulässig, dass die Forderung erfüllt wird.
(2) Ist der Antrag zulässig, so hat das Insolvenzgericht den Schuldner zu hören.
(3) Wird die Forderung des Gläubigers nach Antragstellung erfüllt, so hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens zu tragen, wenn der Antrag als unbegründet abgewiesen wird. Der Schuldner hat die Kosten auch dann zu tragen, wenn der Antrag eines Gläubigers wegen einer zum Zeitpunkt der Antragstellung wirksamen nichtöffentlichen Stabilisierungsanordnung nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz abgewiesen wird und der Gläubiger von der Stabilisierungsanordnung keine Kenntnis haben konnte.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt voraus, daß ein Eröffnungsgrund gegeben ist.
(1) Der Antrag eines Gläubigers ist zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Der Antrag wird nicht allein dadurch unzulässig, dass die Forderung erfüllt wird.
(2) Ist der Antrag zulässig, so hat das Insolvenzgericht den Schuldner zu hören.
(3) Wird die Forderung des Gläubigers nach Antragstellung erfüllt, so hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens zu tragen, wenn der Antrag als unbegründet abgewiesen wird. Der Schuldner hat die Kosten auch dann zu tragen, wenn der Antrag eines Gläubigers wegen einer zum Zeitpunkt der Antragstellung wirksamen nichtöffentlichen Stabilisierungsanordnung nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz abgewiesen wird und der Gläubiger von der Stabilisierungsanordnung keine Kenntnis haben konnte.