Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2009 - IX ZB 216/08

published on 16/07/2009 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2009 - IX ZB 216/08
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Amtsgericht Erfurt, 172 IN 90/08, 08/05/2008
Landgericht Erfurt, 1 T 356/08, 15/08/2008

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 216/08
vom
16. Juli 2009
in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Raebel und Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Pape
am 16. Juli 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Erfurt vom 15. August 2008 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 7.315,75 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Am 6. Februar 2008 beantragte die Sparkasse M. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Zuvor, am 2. August 2007, hatte der Schuldner selbst bereits Insolvenzantrag gestellt und dabei die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens beantragt. Dieser Antrag war Gegenstand eines gesonderten Insolvenzeröffnungs- und Rechtsbeschwerdeverfahrens , welches mit der Abweisung des Antrags als unzulässig endete (vgl. BGH, Beschl. v. 12. Februar 2009 - IX ZB 215/08, NZI 2009, 384).
Im vorliegenden Eröffnungsverfahren stellte der Schuldner vorsorglich ebenfalls Insolvenzantrag und beantragte Restschuldbefreiung.
2
Am 8. Mai 2008 hat das Insolvenzgericht die Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners beschlossen. Die sofortige Beschwerde des Schuldners, der ein Verbraucherinsolvenzverfahren anstrebt, ist erfolglos geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde will der Schuldner weiterhin die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens erreichen.

II.


3
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
4
Der 1. Zulässigkeitsgrund der Einheitlichkeitssicherung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) ist nicht erfüllt. Nach Ansicht der Rechtsbeschwerde kann die Senatsrechtsprechung dazu, dass der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH eine selbständige berufliche Tätigkeit ausübe (BGH, Beschl. v. 22. September 2005 - IX ZB 55/04, NZI 2005, 676 f), nicht auf den geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafter der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG übertragen werden. Diese Ansicht trifft nicht zu (vgl. BGH, Beschl. v. 12. Februar 2009, aaO S. 385 Rn. 5). Auf andere Entscheidungen zum Recht der GmbH & Co. KG, welche die Rechtsbeschwerde zitiert, kommt es nicht an.
5
2. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) stellen sich ebenfalls nicht. Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage danach, ob einer Überschaubarkeit der Vermögensverhältnisse des Schuldners bereits entgegensteht, dass streitige Forderungen vorhanden sind und/oder Anfechtungssachverhalte auftreten können, oder ob hierfür ein Bezug zwischen der Vermögensstruktur und den Aussichten auf einen erfolgreichen Abschluss des Schuldenbereinigungsplans erforderlich ist, lässt sich unmittelbar aus dem Gesetz beantworten. § 304 InsO verlangt keine detaillierte Prüfung der Frage, ob im jeweils zu entscheidenden Fall ein konkreter Schuldenbereinigungsplan Aussicht auf Erfolg verspricht (vgl. BGH, Beschl. v. 12. Februar 2009, aaO Rn. 6).
6
3. Die Frage, ob das Insolvenzgericht an die vom Schuldner gewählte Verfahrensart - Verbraucherinsolvenzverfahren oder Regelinsolvenzverfahren - gebunden ist, stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht, weil ein Gläubigerantrag vorlag. Gleiches gilt für die weitere Frage, ob der Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens als Minus den Antrag auf Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens enthält. Ob der Schuldner selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hat, ist - nachdem ein Eröffnungsbeschluss vorliegt - nur noch insoweit von Bedeutung, als der Eigenantrag Voraussetzung für die Gewährung der Restschuldbefreiung ist (BGHZ 162, 181, 183). Das Insolvenzgericht hat den im vorliegenden Verfahren gestellten Eigenantrag des Schuldners nicht als unzulässig abgewiesen. Gleiches gilt für den Antrag auf Restschuldbefreiung, der im Eröffnungsbeschluss ausdrücklich aufgeführt worden ist. Jedenfalls dieser Antrag war nicht Gegenstand des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
7
4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Ganter Raebel Kayser
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Erfurt, Entscheidung vom 08.05.2008 - 172 IN 90/08 -
LG Erfurt, Entscheidung vom 15.08.2008 - 1 T 356/08 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

(1) Ist der Schuldner eine natürliche Person, die keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat, so gelten für das Verfahren die allgemeinen Vorschriften, soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt ist. Hat der Schuldner ei
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

(1) Ist der Schuldner eine natürliche Person, die keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat, so gelten für das Verfahren die allgemeinen Vorschriften, soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt ist. Hat der Schuldner ei
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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 215/08 vom 12. Februar 2009 in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 304 Der geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter einer GmbH übt auch
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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 215/08 vom 12. Februar 2009 in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 304 Der geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter einer GmbH übt auch
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Ist der Schuldner eine natürliche Person, die keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat, so gelten für das Verfahren die allgemeinen Vorschriften, soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt ist. Hat der Schuldner eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, so findet Satz 1 Anwendung, wenn seine Vermögensverhältnisse überschaubar sind und gegen ihn keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen.

(2) Überschaubar sind die Vermögensverhältnisse im Sinne von Absatz 1 Satz 2 nur, wenn der Schuldner zu dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wird, weniger als 20 Gläubiger hat.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.