Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2009 - IX ZB 2/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
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- weitere Der Beteiligte zu 1 (fortan: Insolvenzverwalter) wurde mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 1. April 2001 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der D. GmbH & Co KG in G. bestellt. Mit Beschluss vom 10. November 2005 ernannte das Insolvenzgericht den weiteren Beteiligten zu 2 zum Sonderinsolvenzverwalter (fortan: Sonderverwalter) zur Prüfung der Frage, ob gegen den Insolvenzverwalter Schadensersatzansprü- che zu Gunsten der Masse geltend zu machen sind. Der Aufgabenkreis des Sonderverwalters wurde mit Beschlüssen des Amtsgerichts vom 29. Mai 2007 und vom 11. Februar 2008 näher konkretisiert.
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- Mit Schriftsatz vom 12. Februar 2008 beantragte der Sonderverwalter die Anberaumung eines Termins zur Anhörung des Insolvenzverwalters und legte hierzu einen umfangreichen Fragenkatalog vor. Zur Begründung wurde ausgeführt , der Insolvenzverwalter habe die notwendigen Unterlagen zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche nur unvollständig überlassen. Die bisherigen Angaben des Insolvenzverwalters seien unvollständig und teilweise widersprüchlich gewesen. Hierauf bestimmte das Insolvenzgericht Termin zur Anhörung des Insolvenzverwalters auf den 22. April 2008. Weder zu diesem noch zu dem hierauf anberaumten Termin am 13. Juni 2008 erschien der Insolvenzverwalter. Am 24. Juli 2008 bestimmte das Amtsgericht erneut Termin zur Anhörung des Insolvenzverwalters auf den 6. August 2008 und drohte dem Verwalter für den Fall des unentschuldigten Fernbleibens ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 € an. Auch zu diesem Termin erschien der Insolvenzverwalter nicht.
- 3
- Hierauf hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 7. August 2008 gegen den Insolvenzverwalter ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 € festgesetzt. Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde des Insolvenzverwalters mit Beschluss vom 20. November 2008 (veröffentlicht in ZIP 2009, 1021) teilweise stattgegeben und das Zwangsgeld auf einen Betrag in Höhe von 5.000 € herabgesetzt. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Insolvenzverwalter sein Begehren auf Aufhebung des Zwangsgeldes weiter.
II.
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- Die gemäß §§ 6, 7, § 58 Abs. 2 Satz 3 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
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- 1. Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene und für rechtsgrundsätzlich angesehene Frage, ob ein Insolvenzgericht einen Insolvenzverwalter zum Erscheinen in einen Anhörungstermin und zur mündlichen Erteilung von Auskünften - auch durch die Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld - anhalten kann, ist nicht klärungsbedürftig. Im Schrifttum wird übereinstimmend die Ansicht vertreten, die Art und Weise der Ausübung des Aufsichtsrechts durch das Insolvenzgericht liege in dessen pflichtgemäßem Ermessen (FK-InsO/Kind, 5. Aufl. § 58 Rn. 9; Jaeger/Gerhardt, InsO § 58 Rn. 8; Lüke in Kübler /Prütting/Bork, InsO § 58 Rn. 13; MünchKomm-InsO/Graeber, 2. Aufl. § 58 Rn. 13; HK-InsO/Eickmann, 5. Aufl. § 58 Rn. 6; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 58 Rn. 5; Voigt-Salus/G. Pape in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung , 8. Aufl. § 21 Rn. 49). Ebenso hatte schon die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 83 KO entschieden (RGZ 154, 291, 296; BGH, Urt. v. 12. Juli 1965 - III ZR 41/64, WM 1965, 1158, 1159). Im Rahmen der Ausübung des Aufsichtsrechts kann das Gericht Auskunft in allen ihm zweckdienlich erscheinenden Formen verlangen (FK-InsO/Kind, aaO; Lüke in Kübler/ Prütting/Bork, aaO Rn. 14). Dies schließt ein, dass im Einzelfall auch die Anordnung eines mündlichen Anhörungstermins, insbesondere bei anlassbezogenen Prüfungen, wie vorliegend gegeben, in Betracht zu ziehen ist. Entsprechendes gilt für die Verhängung von Zwangsgeld zur Durchsetzung eines derar- tigen Termins. Hierzu im Gegensatz stehende Stimmen in der Literatur hat die Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt.
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- 2. Das Beschwerdegericht hat mit einzelfallbezogenen Erwägungen das Fernbleiben des Insolvenzverwalters im Anhörungstermin vom 6. August 2008 für nicht gerechtfertigt erachtet und die Verhängung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000 € als angemessene Maßnahme zur Durchführung des weiterhin für erforderlich gehaltenen Anhörungstermins angesehen. Diese Beurteilung erweist sich unter zulässigkeitsrelevanten Gesichtspunkten als beanstandungsfrei.
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- 3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 4 InsO, § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Göttingen, Entscheidung vom 07.08.2008 - 74 IN 11/01 -
LG Göttingen, Entscheidung vom 20.11.2008 - 10 T 106/08 -
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(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
(1) Der Insolvenzverwalter steht unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts. Das Gericht kann jederzeit einzelne Auskünfte oder einen Bericht über den Sachstand und die Geschäftsführung von ihm verlangen.
(2) Erfüllt der Verwalter seine Pflichten nicht, so kann das Gericht nach vorheriger Androhung Zwangsgeld gegen ihn festsetzen. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von fünfundzwanzigtausend Euro nicht übersteigen. Gegen den Beschluß steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu.
(3) Absatz 2 gilt entsprechend für die Durchsetzung der Herausgabepflichten eines entlassenen Verwalters.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Der Insolvenzverwalter steht unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts. Das Gericht kann jederzeit einzelne Auskünfte oder einen Bericht über den Sachstand und die Geschäftsführung von ihm verlangen.
(2) Erfüllt der Verwalter seine Pflichten nicht, so kann das Gericht nach vorheriger Androhung Zwangsgeld gegen ihn festsetzen. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von fünfundzwanzigtausend Euro nicht übersteigen. Gegen den Beschluß steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu.
(3) Absatz 2 gilt entsprechend für die Durchsetzung der Herausgabepflichten eines entlassenen Verwalters.
Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.