Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Mai 2012 - IX ZB 203/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.
Gründe:
- 1
- Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 6, 7, 300 Abs. 3 Satz 2 InsO, Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft, sie ist jedoch im Übrigen gemäß § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig, weil der geltend gemachte Zulässigkeitsgrund der Divergenz nicht vorliegt.
- 2
- Das Beschwerdegericht hat - durch Bezugnahme auf die Entscheidung des Amtsgerichts - festgestellt, dass der Schuldner während der gesamten Wohlverhaltensphase (und nicht erst ab April 2007) in einem fiktiven angemes- senen Dienstverhältnis hätte so viel verdienen können, dass er schon vor April 2007 monatlich 159,29 € an den Treuhänder hätte abführen können und müssen. Demgegenüber hat der Schuldner für diesen Zeitraum bis zuletzt keine Zahlungen an den Treuhänder geleistet und dadurch die Gläubigerinteressen beeinträchtigt. Gründe, die den Schuldner von dem Vorwurf entlasten könnten, seiner Erwerbsobliegenheit schuldhaft nicht ausreichend nachgekommen zu sein, hat er trotz richterlichen Hinweises nicht vorgebracht (§ 296 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 InsO). Zwar ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass der Schuldner mit seiner selbständigen Tätigkeit in der Wohlverhaltensphase kein Einkommen erzielt hat, das ihn in die Lage versetzt hätte, Zahlungen nach § 295 Abs. 2 InsO an den Treuhänder zu erbringen. Gemäß seiner Erwerbsobliegenheit aus § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO hätte er sich jedoch darum bemühen müssen, eine Erwerbstätigkeit zu finden, mit der er pfändbare Bezüge erzielt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2011 - IX ZB 224/09, NZI 2011, 596 Rn. 7 mwN). Solche Bemühungen hat er nicht dargetan, diese Wertung wird in der Rechtsbeschwerdebegründung auch nicht beanstandet. Diese rügt nur, das Gericht habe nicht festgestellt, ab wann der Schuldner erkannt habe, dass er mit seiner ausgeübten selbständigen Tätigkeit nicht genug erwirtschafte, um seine Gläubiger so zu stellen, als übe er eine entsprechende abhängige Tätigkeit aus. Da es bei dieser Frage jedoch um die Entlastung des Schuldners geht, hätte dieser dazu zunächst erst einmal vortragen müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2009 - IX ZB 133/07, NZI 2009, 482 Rn. 5).
Vorinstanzen:
AG Ulm, Entscheidung vom 15.01.2010 - 4 IN 293/02 -
LG Ulm, Entscheidung vom 20.08.2010 - 3 T 25/10 -
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(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
(1) Das Insolvenzgericht entscheidet nach dem regulären Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Der Beschluss ergeht nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters oder Treuhänders und des Schuldners. Eine nach Satz 1 erteilte Restschuldbefreiung gilt als mit Ablauf der Abtretungsfrist erteilt.
(2) Wurden im Insolvenzverfahren keine Forderungen angemeldet oder sind die Insolvenzforderungen befriedigt worden und hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt, so entscheidet das Gericht auf Antrag des Schuldners schon vor Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 ist vom Schuldner glaubhaft zu machen. Wird die Restschuldbefreiung nach Satz 1 erteilt, so gelten die §§ 299 und 300a entsprechend.
(3) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn die Voraussetzungen des § 290 Absatz 1, des § 296 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 3, des § 297 oder des § 297a vorliegen, oder auf Antrag des Treuhänders, wenn die Voraussetzungen des § 298 vorliegen.
(4) Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen. Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der bei der Anhörung nach Absatz 1 oder Absatz 2 die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt oder der das Nichtvorliegen der Voraussetzungen einer vorzeitigen Restschuldbefreiung nach Absatz 2 geltend gemacht hat, die sofortige Beschwerde zu.
Für Entscheidungen über die sofortige Beschwerde nach § 6 der Insolvenzordnung, bei denen die Frist des § 575 der Zivilprozessordnung am 27. Oktober 2011 noch nicht abgelaufen ist, ist die Insolvenzordnung in der bis zum 27. Oktober 2011 geltenden Fassung weiter anzuwenden. Für Entscheidungen über die sofortige Beschwerde nach Artikel 102 § 7 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung gilt Satz 1 entsprechend.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist
- 1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen; - 2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen; - 3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen; - 4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen; - 5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.