Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2008 - IX ZB 184/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Beschwerdeführerin war zunächst vorläufige Verwalterin in dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, die Backwaren erzeugte und an mehreren Verkaufsstellen vertrieb. Am 1. September 2002 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und die Beschwerdeführerin zur Insolvenzverwalterin bestimmt. Diese führte den Geschäftsbetrieb fort. Zum 1. Oktober 2002 wurde dieser im Wesentlichen von einer Auffanggesellschaft übernommen.
- 2
- Nach Beendigung ihrer Tätigkeit hat die Insolvenzverwalterin die Festsetzung ihrer Vergütung und Auslagen beantragt. Dabei hat sie für die Betriebsfortführung und die übertragende Sanierung jeweils Zuschläge von 50 v.H. auf die Regelvergütung geltend gemacht. Das Amtsgericht hat - unter Zurückweisung im Übrigen - Zuschläge von 25 v.H. für die Betriebsfortführung und 5 v.H.
II.
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- Das Rechtsmittel ist zwar statthaft (§§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), jedoch unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
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- 1. Die Bemessung vorzunehmender Zu- und Abschläge ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZB 607/02, ZIP 2003, 1757; v. 23. September 2004 - IX ZB 215/03, NZI 2004, 665; v. 16. Juli 2005 - IX ZB 285/03, ZIP 2005, 1371; v. 11. Mai 2006 - IX ZB 249/04, ZIP 2006, 1204, 1205). Sie ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob sie die Gefahr einer Verschiebung der Maßstäbe mit sich bringt (BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - IX ZB 31/02, ZIP 2002, 1459, 1460).
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- 2. Eine derartige Gefahr besteht hier nicht.
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- a) Das Beschwerdegericht hat als maßgeblich bezeichnet, dass die Betriebsfortführung lediglich einen Monat angedauert und an die bereits durch einen Zuschlag für die vorläufige Insolvenzverwalterin honorierte Betriebsfortführung während des Eröffnungsverfahrens angeknüpft habe. Nach Ansicht der Rechtsbeschwerde verstößt dies gegen den Rechtsgrundsatz, wonach die Verfahrensabschnitte der vorläufigen und der endgültigen Insolvenzverwaltung getrennt zu beurteilen sind.
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- Dies ist unzutreffend. Es entspricht vielmehr der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass die Vergütung des Insolvenzverwalters von der vorausgehenden Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter beeinflusst sein kann. Ist der vorläufige Insolvenzverwalter für eine Tätigkeit bereits vergütet worden, kann ihm für dieselbe Tätigkeit als Insolvenzverwalter nicht erneut eine Vergütung bewilligt werden (BGH, Beschl. v. 2. Februar 2006 - IX ZB 167/04, ZIP 2006, 483, 485). Auch ist die Vorbefassung als vorläufiger Insolvenzverwalter , falls sie zu einer erheblichen Arbeitsersparnis des endgültigen Insolvenzverwalters geführt hat, nach § 3 Abs. 2 Buchstabe a) InsVV ein vergütungsmindernder Faktor (BGH, Beschl. v. 11. Mai 2006 - IX ZB 249/04, ZIP 2006, 1204, 1206). Hat der vorläufige Insolvenzverwalter in berechtigter Weise bereits Aufgaben ganz oder teilweise erledigt, die grundsätzlich dem endgültigen Verwalter obliegen, kann er auch hierfür eine Vergütung beanspruchen (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 - IX ZB 28/03, NZI 2004, 381, 382; v. 11. Mai 2006 aaO S. 1207). In wertmäßig korrespondierender Weise ist dann aber ein Abschlag bei der Vergütung des Insolvenzverwalters gerechtfertigt, der diese Aufgaben nicht mehr oder nicht mehr vollen Umfangs erledigen muss (BGH, Beschl. v. 11. Mai 2006 aaO S. 1207).
- 8
- Weiter beanstandet die Rechtsbeschwerde, die Ansicht des Beschwerdegerichts , ein Zuschlag von 50 v.H. stünde in keinem Verhältnis dazu, dass die Insolvenzverwalterin für die zweimonatige Betriebsfortführung während des Eröffnungsverfahrens nur einen Zuschlag von 20 v.H. beantragt und bewilligt bekommen habe, beruhe auf der Übergehung wesentlichen Sachvortrags. Die Beschwerdeführerin habe seinerzeit offenkundig die irrige Vorstellung gehabt, als vorläufige Insolvenzverwalterin stünden ihr nur 20 v.H. des für die Tätigkeit eines endgültigen Insolvenzverwalters angemessenen Zuschlags zu, den die Beschwerdeführerin damals noch auf 80 v.H. taxiert habe. Damit wird ein rechtserheblicher Gehörsverstoß nicht dargetan.
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- b) Auch hinsichtlich des Zuschlags für die übertragende Sanierung vermag die Rechtsbeschwerde die Gefahr einer Verschiebung der Beurteilungsmaßstäbe nicht aufzuzeigen.
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- Mit der Rüge, die Annahme des Beschwerdegerichts, insoweit sei ein erheblicher Teil der von der Beschwerdeführerin entfalteten Tätigkeit schon während der vorläufigen Insolvenzverwaltung angefallen, sei in tatsächlicher Hinsicht nicht begründet, wird lediglich die tatrichterliche Würdigung des Beschwerdegerichts durch die eigene ersetzt.
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- Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist das Beschwerdegericht auch nicht von dem unausgesprochenen Obersatz ausgegangen, die erfolgreiche übertragende Sanierung durch den Insolvenzverwalter sei in der Regel mit einem Zuschlag von 15 v.H. angemessen vergütet. Vielmehr hat das Beschwerdegericht diesen Vomhundertsatz mit einzelfallbezogenen Erwägungen begründet.
Fischer Pape
Vorinstanzen:
AG Eutin, Entscheidung vom 14.06.2007 - 3 IN 223/02 -
LG Lübeck, Entscheidung vom 04.09.2007 - 7 T 338/07 -
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Annotations
(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
(1) Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluß fest.
(2) Der Beschluß ist öffentlich bekanntzumachen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt ist, den Mitgliedern des Ausschusses besonders zuzustellen. Die festgesetzten Beträge sind nicht zu veröffentlichen; in der öffentlichen Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, daß der vollständige Beschluß in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann.
(3) Gegen den Beschluß steht dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. § 567 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.