Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juli 2011 - IX ZB 173/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 14.875.129,52 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Mit Schreiben vom 22. März 2010 beantragte die Schuldnerin, vertreten durch ihre damaligen Geschäftsführer, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Am selben Tag wurde der weitere Beteiligte zu 2 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 14. März 2010 zeigte der jetzige Geschäftsführer der Schuldnerin seine Bestellung sowie die Abberufung der bisherigen Geschäftsführer an. Am 21. April 2010 beantragten vier Gläubigerinnen, darunter die weitere Beteiligte zu 1, ebenfalls die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Alle Anträge wurden mit Beschluss vom 21. April 2010 zu einem einheitlichen Eröffnungsverfahren verbunden. Am 26. April 2010 ordnete das Insolvenzgericht ein allgemeines Verfügungsverbot an. Gegen diesen Beschluss legte die nunmehr durch den neuen Geschäftsführer vertretene Schuldnerin sofortige Beschwerde ein.
- 2
- Am 7. Mai 2010 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der weitere Beteiligte zu 2 zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist als unzulässig verworfen worden. Mit ihrer Rechtsbeschwerde will die Schuldnerin weiterhin die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses erreichen.
II.
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- Die Rechtsbeschwerde ist nach § 34 Abs. 2, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Insolvenzgerichts.
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- 1. Wie der Senat bereits entschieden hat, steht dem Schuldner, welcher die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen selbst beantragt hat, gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die sofortige Beschwerde nicht zu (BGH, Beschluss vom 18. Januar 2007 - IX ZB 170/06, ZIP 2007, 499). Ein bloßer Sinneswandel des Schuldners nach Antragstellung, der nicht zur Rücknahme des Insolvenzantrags vor Verfahrenseröffnung geführt hat, begründet ebenso wenig die für eine Beschwerdebefugnis erforderliche formelle Beschwer des Antragstellers wie ein Irrtum über die ursprünglichen Voraussetzungen der Verfahrenseröffnung (BGH, Beschluss vom 18. Januar 2007 - IX ZB 170/06, aaO Rn. 14). An dieser Rechtsprechung, deren Richtigkeit von der Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel gezogen wird, hält der Senat fest.
- 5
- 2. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist der vorliegende Fall nicht deshalb abweichend zu beurteilen, weil auch Fremdanträge vorlagen und die Schuldnerin bereits vor der Eröffnung zum Ausdruck gebracht hatte, dass ihrer Ansicht nach ein Insolvenzgrund nicht gegeben war. Die Schuldnerin hat ihren Antrag - was hier trotz des Wechsels in der Person des Geschäftsführers rechtlich möglich gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2008 - IX ZB 122/07, ZIP 2008, 1596 Rn. 5 ff) - nicht zurückgenommen. Dann kann sie auch nicht verlangen, so gestellt zu werden, als hätte sie die Rücknahme erklärt. Klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen sich in diesem Zusammenhang nicht.
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- 3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Pape Möhring
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 07.05.2010 - 1542 IN 981/10 -
LG München I, Entscheidung vom 29.06.2010 - 14 T 11848/10 -
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(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.
(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.