Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Dez. 2011 - IX ZB 139/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Der weitere Beteiligte zu 1, ein früherer Arbeitnehmer der Schuldnerin, beantragte am 1. März 2011 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen. Er behauptete, den Lohn für die Monate September 2010 bis Januar 2011 überwiegend nicht erhalten zu haben.
- 2
- Mit Beschluss vom 2. März 2011 hat das Insolvenzgericht den weiteren Beteiligten zu 2 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und weitere Sicherungsmaßnahmen angeordnet. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist erfolglos geblieben. Die Schuldnerin hat zunächst Rechtsbeschwerde eingelegt und diese begründet. Sodann ist der angefochtene Beschluss aufgehoben und der Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen worden. Die Schuldnerin hat das Verfahren für erledigt erklärt und beantragt, dem weiteren Beteiligten zu 1 die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
II.
- 3
- Unter Berücksichtigung des bisherigen Streitstandes entspricht es billigem Ermessen, der Schuldnerin die Verfahrenskosten aufzuerlegen (§ 91a ZPO analog Art. 103 f Satz 1 EGInsO). Die Rechtsbeschwerde war nach § 21 Abs. 1 Satz 2, §§ 6, 7 InsO aF, § 4 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie war jedoch unzulässig. Die Rechtssache hatte keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderte eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
- 4
- Die Rechtsbeschwerde hat sich auf den Zulässigkeitsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung berufen (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) und eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) beanstandet, weil die Schuldnerin vor Erlass des Beschlusses vom 2. März 2011 keine Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hat. Diese Rüge war nicht berechtigt. Vor einer Haftanordnung ist der Schuldner zu hören (§ 21 Abs. 3 Satz 1 InsO). Im Übrigen ist dem Schuldner vor der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen rechtliches Gehör zu gewähren, wenn dadurch der Sicherungszweck nicht gefährdet wird (HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl., § 21 Rn. 52, 54 mwN). Unabhängig davon, ob diese Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt war, ist das rechtliche Gehör im Abhilfeverfahren vor dem Insolvenzgericht und im Beschwerdeverfahren nachgeholt worden (vgl. BGH, Beschluss vom 3. April 2003 - IX ZB 373/02; vom 16. Oktober 2003 - IX ZB 475/02, ZVI 2004, 24, 25; vom 9. Juli 2009 - IX ZB 35/09, NZI 2009, 604 Rn. 11).
- 5
- Die Vorschrift des § 14 Abs. 2 InsO, auf welche die Rechtsbeschwerde sich beruft, ändert im Ergebnis nichts. Nach § 14 Abs. 2 InsO hat das Insolvenzgericht den Schuldner zu hören, wenn der Eröffnungsantrag zulässig ist. Das heißt jedoch nicht, dass die Anhörung vor dem Erlass der Sicherungsmaßnahmen zu erfolgen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Sicherungsmaßnahmen bereits angeordnet werden, bevor die Zulässigkeit des Eröffnungsantrags abschließend geprüft worden ist (BGH, Beschluss vom 22. März 2007 - IX ZB 164/06, NZI 2007, 344 Rn. 9). An dieser Rechtsprechung hat sich das Beschwerdegericht orientiert. Es verstieß auch nicht gegen Verfahrensgrundrechte, den Anspruch des weiteren Beteiligten zu 1 als hinreichend glaubhaft gemacht anzusehen. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslohn, insbesondere das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im fraglichen Zeitraum, standen außer Streit. Die Schuldnerin hat demgegenüber ohne nähere Erläuterungen erklärt, der Anspruch bestehe nicht, und hat sich zudem auf weder im Einzelnen dargelegte noch glaubhaft gemachte Gegenansprüche aus Unterschlagung berufen. Die Forderung des weiteren Beteiligten zu 1 bildete nicht zugleich den Insolvenzgrund, so dass sie nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden musste (vgl. hierzu BGH, Be- schluss vom 14. Dezember 2005 - IX ZB 207/04, WM 2006, 492, 493; vom 29. Juni 2006 - IX ZB 245/05, WM 2006, 1632, 1633; vom 29. März 2007 - IX ZB 141/06, NZI 2007, 408 Rn. 7).
Fischer Pape
Vorinstanzen:
AG Trier, Entscheidung vom 02.03.2011 - 23 IN 47/11 -
LG Trier, Entscheidung vom 30.03.2011 - 6 T 37/11 -
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(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
(1) Das Insolvenzgericht hat alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Gegen die Anordnung der Maßnahme steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(2) Das Gericht kann insbesondere
- 1.
einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen, für den § 8 Absatz 3 und die §§ 56 bis 56b, 58 bis 66 und 269a entsprechend gelten; - 1a.
einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen, für den § 67 Absatz 2, 3 und die §§ 69 bis 73 entsprechend gelten; zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses können auch Personen bestellt werden, die erst mit Eröffnung des Verfahrens Gläubiger werden; - 2.
dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder anordnen, daß Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind; - 3.
Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagen oder einstweilen einstellen, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind; - 4.
eine vorläufige Postsperre anordnen, für die die §§ 99, 101 Abs. 1 Satz 1 entsprechend gelten; - 5.
anordnen, dass Gegenstände, die im Falle der Eröffnung des Verfahrens von § 166 erfasst würden oder deren Aussonderung verlangt werden könnte, vom Gläubiger nicht verwertet oder eingezogen werden dürfen und dass solche Gegenstände zur Fortführung des Unternehmens des Schuldners eingesetzt werden können, soweit sie hierfür von erheblicher Bedeutung sind; § 169 Satz 2 und 3 gilt entsprechend; ein durch die Nutzung eingetretener Wertverlust ist durch laufende Zahlungen an den Gläubiger auszugleichen. Die Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen besteht nur, soweit der durch die Nutzung entstehende Wertverlust die Sicherung des absonderungsberechtigten Gläubigers beeinträchtigt. Zieht der vorläufige Insolvenzverwalter eine zur Sicherung eines Anspruchs abgetretene Forderung anstelle des Gläubigers ein, so gelten die §§ 170, 171 entsprechend.
(3) Reichen andere Maßnahmen nicht aus, so kann das Gericht den Schuldner zwangsweise vorführen und nach Anhörung in Haft nehmen lassen. Ist der Schuldner keine natürliche Person, so gilt entsprechendes für seine organschaftlichen Vertreter. Für die Anordnung von Haft gilt § 98 Abs. 3 entsprechend.
(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Insolvenzgericht hat alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Gegen die Anordnung der Maßnahme steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(2) Das Gericht kann insbesondere
- 1.
einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen, für den § 8 Absatz 3 und die §§ 56 bis 56b, 58 bis 66 und 269a entsprechend gelten; - 1a.
einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen, für den § 67 Absatz 2, 3 und die §§ 69 bis 73 entsprechend gelten; zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses können auch Personen bestellt werden, die erst mit Eröffnung des Verfahrens Gläubiger werden; - 2.
dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder anordnen, daß Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind; - 3.
Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagen oder einstweilen einstellen, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind; - 4.
eine vorläufige Postsperre anordnen, für die die §§ 99, 101 Abs. 1 Satz 1 entsprechend gelten; - 5.
anordnen, dass Gegenstände, die im Falle der Eröffnung des Verfahrens von § 166 erfasst würden oder deren Aussonderung verlangt werden könnte, vom Gläubiger nicht verwertet oder eingezogen werden dürfen und dass solche Gegenstände zur Fortführung des Unternehmens des Schuldners eingesetzt werden können, soweit sie hierfür von erheblicher Bedeutung sind; § 169 Satz 2 und 3 gilt entsprechend; ein durch die Nutzung eingetretener Wertverlust ist durch laufende Zahlungen an den Gläubiger auszugleichen. Die Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen besteht nur, soweit der durch die Nutzung entstehende Wertverlust die Sicherung des absonderungsberechtigten Gläubigers beeinträchtigt. Zieht der vorläufige Insolvenzverwalter eine zur Sicherung eines Anspruchs abgetretene Forderung anstelle des Gläubigers ein, so gelten die §§ 170, 171 entsprechend.
(3) Reichen andere Maßnahmen nicht aus, so kann das Gericht den Schuldner zwangsweise vorführen und nach Anhörung in Haft nehmen lassen. Ist der Schuldner keine natürliche Person, so gilt entsprechendes für seine organschaftlichen Vertreter. Für die Anordnung von Haft gilt § 98 Abs. 3 entsprechend.
(1) Der Antrag eines Gläubigers ist zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Der Antrag wird nicht allein dadurch unzulässig, dass die Forderung erfüllt wird.
(2) Ist der Antrag zulässig, so hat das Insolvenzgericht den Schuldner zu hören.
(3) Wird die Forderung des Gläubigers nach Antragstellung erfüllt, so hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens zu tragen, wenn der Antrag als unbegründet abgewiesen wird. Der Schuldner hat die Kosten auch dann zu tragen, wenn der Antrag eines Gläubigers wegen einer zum Zeitpunkt der Antragstellung wirksamen nichtöffentlichen Stabilisierungsanordnung nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz abgewiesen wird und der Gläubiger von der Stabilisierungsanordnung keine Kenntnis haben konnte.