Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juni 2010 - IX ZA 29/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Beklagte hat Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 10. Juni 2009 beantragt. Der Antrag ist mit Senatsbeschluss vom 5. November 2009 wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt worden. Gegen diesen ihr am 23. November 2009 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 30. November 2009, eingegangen am selben Tage, "Gehörsrüge gemäß § 321a ZPO und Gegenvorstellung" erhoben. Sie beanstandet eine Verletzung ihres Grundrechts auf rechtliches Gehör sowie weiterer Verfahrensgrundrechte und meint insbesondere, vor einer ablehnenden Entscheidung hätte der Große Senat für Zivilsachen angerufen werden müssen. Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2009, eingegangen am selben Tage, rügt sie zusätzlich, dass nicht der Einzelrichter des Berufungsgerichts entschieden habe, obwohl sich keine Entscheidung in der Akte über die Übertragung des Rechtsstreits auf den Senat finde.
II.
- 2
- Der Rechtsbehelf ist als Gegenvorstellung statthaft, bleibt jedoch ohne Erfolg.
- 3
- 1. Das Berufungsgericht hat nicht unter Verstoß gegen das Grundrecht der Beklagten auf den gesetzlichen Richter entschieden. Gemäß § 526 Abs. 1 ZPO kann das Berufungsgericht durch Beschluss unter bestimmten Voraussetzungen einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Im vorliegenden Fall ist kein entsprechender Beschluss ergangen. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung, Vorlage oder Übernahme kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden (§ 526 Abs. 3 ZPO).
- 4
- 2. Das Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) schützt auch das Vertrauen der in erster Instanz siegreichen Partei darauf, vom Berufungsgericht rechtzeitig (§ 139 Abs. 4 ZPO) einen Hinweis zu erhalten , wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Sachvortrages erforderlich sein kann. Sonst gebotene Hinweise können jedoch je nach Lage des Falles entfallen, wenn die betroffene Partei von der Gegenseite die nötige Unterrichtung erhalten hat (vgl. etwa das Urteil des VIII. Zivilsenats vom 22. November 2006 - VIII ZR 72/06, BGHZ 170, 67, 75 Rn. 19). So lag der Fall hier. Der Kläger hatte seine Klage von Anfang an - erstmals auf Seite drei der Klageschrift - auch auf eine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung (§ 133 InsO) gestützt. Die dagegen jetzt vertieft vorgebrachten Einwände verfangen nicht. Die Schadenshöhe war ebenfalls bereits in erster Instanz im Streit.
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 18.01.2008 - 16 O 534/05 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 10.06.2009 - 8 U 102/08-29- -
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Annotations
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
(1) Das Berufungsgericht kann durch Beschluss den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde, - 2.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, - 3.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und - 4.
nicht bereits im Haupttermin zur Hauptsache verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(2) Der Einzelrichter legt den Rechtsstreit dem Berufungsgericht zur Entscheidung über eine Übernahme vor, wenn
- 1.
sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergeben oder - 2.
die Parteien dies übereinstimmend beantragen.
(3) Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung, Vorlage oder Übernahme kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(4) In Sachen der Kammer für Handelssachen kann Einzelrichter nur der Vorsitzende sein.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.