Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2008 - IV ZR 9/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 52.756,55 €
Gründe:
- 1
- I. Die Beschwerde führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache.
- 2
- 1. Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, weil es den von ihm angebotenen Sachverständigenbeweis nicht erhoben hat. Der Kläger hat zum Beweis seiner Behaup- tung, die (als solche unstreitigen) Änderungen des Endalters und damit der Dauer der Berufsunfähigkeitsrente im Versicherungsantrag seien von Mitarbeitern der Beklagten vorgenommen worden, in erster Instanz die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. In der Berufungserwiderung hat er anhand eines Vergleichs der Änderungen und sonstigen Eintragungen in den von der Beklagten vorgelegten zwei Kopien von unterschiedlichen Blättern des Durchschreibesatzes unter anderem im Einzelnen dargelegt, dass die streitigen Änderungen sich im Schriftbild unterschieden, die Änderungen demgemäß nicht im Durchschreibeverfahren , sondern erst nach Trennung des Durchschreibesatzes erfolgt seien und diese Trennung erst im Hause der Beklagten vorgenommen worden sei. Er hat weiter auf seinen erstinstanzlichen Sachvortrag und die nicht erledigten Beweisangebote Bezug genommen. Als in erster Instanz siegreiche Partei brauchte der Kläger ohne Hinweis des Berufungsgerichts weiteres nicht vorzutragen (vgl. BVerfG NJW 2000,
131).
- 3
- Das Berufungsgericht ist dem Beweisangebot nicht nachgegangen, weil der Antrag bei der Beklagten nur noch in Mikrofiche vorliege und die Einholung eines Sachverständigengutachtens deshalb ersichtlich keine weitere Aufklärung ermögliche. Darin liegt eine vorweggenommene Beweiswürdigung , die im Prozessrecht keine Stütze findet und Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. BVerfG NJW-RR 2001, 1006, 1007; BVerfG NJW 2003, 125, 127; BGH, Beschluss vom 16. Januar 2007 - VI ZR 166/06 - VersR 2007, 1008 f.). Die Beantwortung der Frage, ob eine Begutachtung geeignet ist, zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen, setzt im Allgemeinen fachspezifische Sachkunde voraus. Das Berufungsgericht hat nicht dargelegt, dass es über diese Sachkunde verfügt. Die - unterstellte - Vernichtung der Originale schließt zwar Materialuntersu- chungen und Farbvergleiche aus, nicht aber Feststellungen zu der Behauptung des Klägers, das Schriftbild in den beiden Antragsexemplaren sei unterschiedlich.
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- 2. Das Berufungsgericht wird deshalb das beantragte Gutachten einzuholen haben. Zuvor ist der Beklagten die Vorlage der Originalanträge aufzugeben, wie vom Kläger mehrfach beantragt. Die Beklagte hat sich bisher nicht dazu geäußert, ob ihr dies möglich ist. Das Berufungsgericht hat im Übrigen nicht gesehen, dass der Versicherer sich auf Beweisschwierigkeiten , die aus dem Fehlen des Originals herrühren, nicht berufen darf und der Versicherungsnehmer dann so zu stellen ist, als sei ihm der Beweis gelungen (Senatsurteil vom 21. Juni 2000 - IV ZR 157/99 - VersR 2000, 1133 unter I).
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- II. Der Rechtsstreit ist nicht aus anderen Gründen zugunsten des Klägers entscheidungsreif.
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- 1. Die Beklagte muss sich die Kenntnis und das Handeln der Maklerin nicht zurechnen lassen. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen sich der Versicherer das Verhalten eines Maklers zurechnen lassen muss, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt (vgl. Urteile vom 19. September 2001 - IV ZR 235/00 - VersR 2001, 1498 unter II 2; vom 17. Januar 2001 - IV ZR 282/99 - VersR 2001, 368 unter II 1 und vom 22. September 1999 - IV ZR 15/99 - VersR 1999, 1481 unter 2 c, jeweils m.w.N.). Daran gemessen rechtfertigt der Vortrag des Klägers eine Zurechnung des Maklerverhaltens nicht.
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- 2. Wenn unterstellt wird, die Beklagte habe den Versicherungsantrag in der von ihr vorgelegten Fassung erhalten, könnte Anlass für eine klärende Nachfrage bestanden haben und vorbehaltlich weiterer tatsächlicher Feststellungen ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus Verschulden bei Vertragsschluss in Betracht kommen. Dabei wäre aber nach § 254 BGB zu berücksichtigen, dass dann die Hauptverantwortung für den Schaden bei der Maklerin läge.
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 22.04.2005 - 11 O 1762/04 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 05.12.2005 - 8 U 926/05 -
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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.