Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Nov. 2009 - IV ZR 244/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Im Übrigen wird die Nichtzulassungsbeschwerde in eine - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision gegen das vorgenannte Urteil umgedeutet.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, soweit es ohne Erfolg geblieben ist. Insoweit beträgt der Wert des Beschwerdegegenstandes für die Gerichtskosten 20.366,30 € und für die außergerichtlichen Kosten 22.922,68 € mit der Maßgabe, dass diese im Verhältnis zur Beklagten nur in Höhe von 89% anzusetzen sind.
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerin, die seit dem Tode ihres früher bei der Beklagten versicherten Ehemannes seit dem 1. März 2006 eine Witwen-Zusatzrente beansprucht, hat in den Vorinstanzen unter anderem beantragt, bei Errechnung der so genannten Startgutschrift ihres Ehemannes die von ihm überwiegend in der früheren DDR zurückgelegten Vordienstzeiten von insgesamt 367 Monaten in voller Höhe anzurechnen und die Ruhensbestimmung des § 41 Abs. 5 VBLS in ihren jeweiligen Fassungen nicht anzuwenden. Das Landgericht hat beiden Anträgen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht - insoweit unter Zurückweisung der Klaganträge - die lediglich hälftige Anrechnung der Vordienstzeiten bei der Startgutschriftermittlung für wirksam erachtet und nur die Anwendung der Ruhensbestimmung des § 41 Abs. 5 VBLS in der bis Ende Dezember 2006 geltenden Fassung für das Jahr 2006 ausgeschlossen. Es hat die Revision "hinsichtlich der Berufung der Beklagten gegen den Feststellungsausspruch zur Anwendung des § 41 Abs. 5 VBLS" zugelassen.
- 2
- II. Zutreffend nimmt die Klägerin an, dass diese Revisionszulassung ihr Begehren nach einer vollen Anrechnung der Vordienstzeiten ihres Ehemannes bei Errechnung der Startgutschrift nicht erfasst. Es handelt sich insoweit um einen teilurteilsfähigen und mithin abtrennbaren Teil des Streitgegenstandes, den das Berufungsgericht von der Revisionszulassung wirksam ausnehmen konnte (vgl. BGHZ 161, 15, 18). Die diesbezüglich statthafte Nichtzulassungsbeschwerde war indes zurückzuweisen , weil sie nicht aufzeigt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
- 3
- 1. Nach dem Wortlaut des § 42 Abs. 2 Satz 1 lit. a, aa VBLS a.F. waren Vordienstzeiten, die in der ehemaligen DDR zurückgelegt worden waren, insgesamt nicht zu berücksichtigen, wenn die Pflichtversicherung des Versicherten - wie im Falle des Ehemannes der Klägerin - erst nach dem 2. Oktober 1990 begonnen hatte. Allerdings darf diese erst im Jahre 1995 aufgrund der 28. Änderung der früheren Satzung der Beklagten eingefügte Klausel aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht gegenüber Versicherten angewendet werden, die bereits vor dem 20. Oktober 1995 bei der Beklagten pflichtversichert waren (vgl. dazu Senatsurteil vom 27. September 2000 - IV ZR 140/99 - VersR 2000, 1530). Der Ehemann der Klägerin, der zu diesem geschützten Personenkreis gehört, musste sich deshalb nicht auf den vollständigen Ausschluss der Anrechnung seiner in der ehemaligen DDR zurückgelegten Vordienstzeiten verweisen lassen. Infolgedessen waren diese Vordienstzeiten jedoch nicht vollen Umfangs, sondern gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 VBLS in der vor der 28. Satzungsänderung vom 20. Oktober 1995 geltenden Fassung lediglich zur Hälfte zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 2004 - IV ZR 52/02 - VersR 2004, 499 unter 2 b).
- 4
- 2. Mit seinem Urteil vom 24. September 2008 (BGHZ 178, 101 ff.) hat der Senat entschieden, dass die wegen der Systemumstellung des Betriebsrentensystems der Beklagten in deren neue Satzung (VBLS) aufgenommenen Überleitungsvorschriften für rentennahe Versicherte (§§ 78, 79 Abs. 2 VBLS) wirksam sind.
- 5
- Damit sind zahlreiche im Zusammenhang mit den Startgutschriften aufgeworfene Rechtsfragen grundsätzlich geklärt. So ist es verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass für die Startgutschriften der rentennahen Versicherten so genannte Vordienstzeiten weiterhin zur Hälfte (vgl. § 79 Abs. 2 Satz 1 VBLS n.F., § 42 Abs. 2 Satz 1 VBLS a.F.) auf die gesamtversorgungsfähige Zeit angerechnet werden. Den rentennahen Versicherten werden hierdurch lediglich - anders als den rentenfernen Versicherten - die Vorteile der hälftigen Anrechnung von Vordienstzeiten zur Besitzstandswahrung belassen. Ein schützenswertes Vertrauen der Versicherten auf eine Vollanrechnung ist dagegen zu keiner Zeit begründet worden und kann sich auch nicht infolge des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 2000 (VersR 2000, 835) gebildet haben. Das Bundesverfassungsgericht hatte vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass jegliche Anrechnung von Vordienstzeiten im Rahmen der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes aus Verfassungsgründen nicht zwingend geboten ist (Senatsurteil vom 24. September 2008 aaO Tz. 54 ff.).
- 6
- III. Zu Unrecht nimmt die Klägerin an, das Berufungsgericht habe auch im Übrigen die Revision allein zugunsten der Beklagten zugelassen. Die Berufung der Beklagten hatte sich unter anderem umfassend gegen die Feststellung des Landgerichts gerichtet, der Klägerin sei die Witwenrente ohne Anwendung der Ruhensbestimmung des § 41 Abs. 5 VBLS n.F. zu gewähren. Dem hat das Oberlandesgericht teilweise stattgegeben , indem es die Ruhensbestimmung erst ab dem 1. Januar 2007 für anwendbar erklärt hat. Hierdurch ist die Klägerin beschwert. Ihre dagegen gerichtete Revision wird von der Revisionszulassung erfasst, denn die Änderung des der Klägerin in diesem Punkte günstigeren landgerichtlichen Urteils ist Folge der Berufung der Beklagten.
- 8
- Vorsorglich weist er die Klägerin jedoch darauf hin, dass er nach vorläufiger Beratung der Sache den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Wirksamkeit der Ruhensbestimmung ab Januar 2007 (Berufungsurteil S. 7 bis 13 oben) beitritt. Die Klägerin erhält insoweit Gelegenheit, binnen drei Wochen zu erklären, ob das Rechtsmittel weiterverfolgt werden soll.
Wendt Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 14.09.2007 - 6 O 250/06 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 30.09.2008 - 12 U 5/08 -
moreResultsText
Annotations
Die Frist für die Einlegung der Revision (Revisionsfrist) beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Berufungsurteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
(1) Die Revision wird durch Einreichung der Revisionsschrift bei dem Revisionsgericht eingelegt. Die Revisionsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Revision gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Revision eingelegt werde.
(2) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Revisionsschrift anzuwenden.
(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen.
(2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. § 544 Absatz 8 Satz 3 bleibt unberührt. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Revisionskläger erhebliche Gründe darlegt; kann dem Revisionskläger innerhalb dieser Frist Einsicht in die Prozessakten nicht für einen angemessenen Zeitraum gewährt werden, kann der Vorsitzende auf Antrag die Frist um bis zu zwei Monate nach Übersendung der Prozessakten verlängern.
(3) Die Revisionsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Revisionsanträge); - 2.
die Angabe der Revisionsgründe, und zwar: - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) § 549 Abs. 2 und § 550 Abs. 2 sind auf die Revisionsbegründung entsprechend anzuwenden.