Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Apr. 2005 - IV ZR 243/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten Urteil wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Streitwert: 3.655.413,07 €
Gründe:
I. Der Kläger hat die Beklagte in seiner Eigenscha ft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der F. T. T. GmbH und Co. KG auf die Rückzahlung von Versicherungsprämien in Anspruch genommen. Das Landgericht hat seine Klage in Höhe eines Betrages von 3.655.413,07 € abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Im Berufungsurteil vom 15. September 2004 ist die Zulassung der Revision nicht ausgesprochen. Das Berufungsgericht hat mit
Beschluß vom 26. Oktober 2004 u.a. sein Urteil dahin ergänzt, daß die Revision zugelassen sei. Der Kläger hat daraufhin Revision, hilfsweise Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt.
II. Die Revision des Klägers war als unzulässig zu verwerfen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht vorliegen.
1. Eine im Berufungsurteil unterbliebene Zulassung der Revision kann weder durch Urteil noch – wie geschehen – durch Beschluß (vgl. BGH, Beschluß vom 8. Februar 1982 - II ZB 1/82 - WM 1982, 491 unter b; Zöller/Vollkommer, ZPO 25. Aufl. § 321 Rdn. 10) nachgeholt werden. Die Nichtzulassung der Revision ist die Regel und ihre Zulassung die Ausnahme. Enthält mithin ein Berufungsurteil keinen Ausspruch über die Zulassung der Revision, bedeutet dies die Nichtzulassung des Rechtsmittels. Eine nachträgliche Zulassung würde nicht, wie in § 321 ZPO vorausgesetzt , eine unterbliebene Entscheidung nachholen, sondern entgegen § 318 ZPO der bereits getroffenen Entscheidung widersprechen und sie abändern (BGHZ 44, 395, 397 zu § 546 ZPO a.F.; BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 2004 - VI ZB 19/04 - BGH-Report 2004, 1258 unter II zur Zulassung der Berufung; vom 14. September 2004 - VI ZB 61/03 - MDR 2005, 103 unter a; vom 24. November 2003 - II ZB 37/02 - MDR 2004, 465, jeweils zur Zulassung der Rechtsbeschwerde; vom 8. Februar 1982 aaO; vom 4. März 1981 - IVb ZB 552/80 - NJW 1981, 2755).
2. Der Beschluß vom 26. Oktober 2004 kann nicht da hin ausgelegt werden, daß das Berufungsgericht sein vorangegangenes Urteil hat berichtigen wollen (§ 319 Abs. 1 ZPO).
a) Eine solche Deutung setzt voraus, daß eine Zula ssung - obwohl bereits beschlossen - versehentlich nicht in das Urteil aufgenommen worden ist. Diese Tatsache darf nicht rein gerichtsintern bleiben, sondern muß aus dem Zusammenhang des Urteils selbst oder mindestens aus den Vorgängen bei seinem Erlaß oder seiner Verkündung nach außen getreten sein, weil nur dann eine "offenbare" Unrichtigkeit vorliegt; das Versehen muß auch einem Dritten ohne weiteres deutlich werden. Nur dann kann ein Beschluß, der ausdrücklich nach § 321 ZPO getroffen worden ist, als ein solcher nach § 319 ZPO ausgelegt werden (BGHZ 20, 188, 191 f.; 44, 395, 400; 78, 22 f.; BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 2004 aaO; vom 24. November 2003 aaO; vom 14. September 2004 aaO; Urteil vom 12. Januar 1984 - III ZR 95/82 - WM 1984, 1351 unter II 2).
b) Diese Voraussetzungen sind nach dem Inhalt der Akten nicht gegeben. Vielmehr sprechen die Verfügung des Vorsitzenden des Berufungssenats vom 1. Oktober 2004 und das Protokoll über die dem Beschluß vom 26. Oktober 2004 vorangegangene mündliche Verhandlung für das Gegenteil. Danach ist eine Entscheidung über die Zulassung anläßlich der Urteilsverkündung vom 15. September 2004 nicht getroffen worden; allein das - und nicht der Umstand, daß eine beschlossene Zulassung keinen Eingang in das Urteil gefunden hat - ist dem Berufungsgericht nachträglich aufgefallen. Folgerichtig heißt es zur Begründung des Beschlusses vom 26. Oktober 2004: "Entgegen der in der mündlichen Verhandlung am 14. Juli 2004 erfolgten Ankündigung des Senats, über die Frage der Zulassung der Revision zu entscheiden, ist diese Entscheidung versehentlich unterblieben, weshalb sie ... nachzuholen war." Ein Wille, die Revision bereits am 15. September 2004 zulassen zu wol-
len, wird somit nicht erkennbar; es gibt keinen Anhalt für eine nach § 319 Abs. 1 ZPO erhebliche Unrichtigkeit.
III. Die Revision war schließlich nicht auf Beschw erde des Klägers nach § 543 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen. Die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben. Insbesondere ist eine Divergenz des Berufungsurteils zu BGHZ 32, 273 nicht ersichtlich. Widersprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium) ist rechtsmißbräuchlich , wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist (so die Konstellation in BGHZ 32, 273, 279) oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (so BGH, Urteil vom 5. Dezember 1991 - IX ZR 271/90 - ZIP 1992, 124 unter I 2; BGHZ 50, 191, 196). Nur auf letzteres hat das Berufungsgericht abgestellt. Im übrigen steht dem geltend gemachten Anspruch auch die Bestimmung des § 817 Satz 2 BGB entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1993 - XII ZR 262/91 - WM 1993, 1765). Terno Dr. Schlichting Seiffert Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
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(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.
(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.
(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.
Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.
(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.
(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.
(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.
(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
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War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.