Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2017 - IV ZR 236/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richter Felsch, Dr. Karczewski, die Richterin Dr. Brockmöller und den Richter Dr. Götz
am 15. Februar 2017
beschlossen:
Streitwert: bis 125.000 €
Gründe:
- 1
- I. Der Kläger verlangt Leistungen aus einer bei der Beklagten gehaltenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung seit Mai 2009. Das Landgericht hat ihm diese Leistungen erst ab August 2011 zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Gegen dieses dem Klägervertreter am 25. Oktober 2013 und dem Beklagtenvertreter am 28. Oktober 2013 zugestellte Urteil haben beide Parteien fristgemäß Berufung eingelegt.
- 2
- Mit bei Gericht am Montag, dem 30. Dezember 2013 per Telefax eingegangenem Schriftsatz hat der Beklagtenvertreter beantragt, die Be- rufungsbegründungsfrist bis zum 30. Januar 2014 zu verlängern. Dem hat der Vorsitzende des Berufungsgerichts mit Verfügung vom 2. Januar 2014 entsprochen und dem Klägervertreter diese Verlängerung nachrichtlich mitteilen lassen. Per Telefax beim Berufungsgericht am 7. Januar 2014 eingehend hat der Klägervertreter seine Berufung begründet. Die Berufungsbegründung der Beklagten ist - nach erneuter Fristverlängerung bis zum 13. Februar 2014 - an diesem Tage beim Berufungsgericht eingegangen.
- 3
- Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers im Beschlusswege nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen und über die Berufung der Beklagten durch Urteil entschieden. Gegen die Nichtzulassung der Revision im Zurückweisungsbeschluss vom 6. Mai 2014 wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgen möchte, soweit ihm die Vorinstanzen nicht entsprochen haben. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
- 4
- II. Im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde ist - wie im Revisionsverfahren - von Amts wegen unter anderem die Zulässigkeit einer vorangegangenen Berufung zu prüfen (BGH, Beschluss vom 6. Juni 2013 - VII ZR 254/12, juris Rn. 2; vgl. auch Urteil vom 14. November 2007 - VIII ZR 340/06, NJW 2008, 218 Rn. 8 m.w.N.).
- 5
- 1. Wie die Beklagte in ihrer Erwiderung auf die Nichtzulassungsbeschwerde vom 22. Oktober 2014 zutreffend dargelegt hat, ergibt die Prüfung hier, dass der Kläger die Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO versäumt hat. Nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils an den Klägervertreter am 25. Oktober 2013 lief diese Frist wegen der Weihnachtsfeiertage 2013 am Freitag, dem 27. Dezember 2013 ab. Der Eingang der Berufungsbegründung bei Gericht am 7. Januar 2014 war mithin verspätet.
- 6
- 2. Die mit Verfügung des Vorsitzenden des Berufungsgerichts vom 2. Januar 2014 gewährte Fristverlängerung bezog sich allein auf die für die Beklagte laufende Berufungsbegründungsfrist. Anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn sich eine Erstreckung auf die für den Kläger laufende Frist aus dieser Verfügung ergäbe (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 13. Juli 1972 - VII ZB 9/72, VersR 1972, 1128 unter 1 a). Das ist jedoch nicht der Fall. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers konnte - zumal die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nach § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO einen Antrag voraussetzt und er selbst einen solchen Fristverlängerungsantrag nicht gestellt hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2013 - VII ZR 254/12, juris Rn. 2) - dem ihm nur nachrichtlich übersandten , unmittelbar aber an den Beklagtenvertreter gerichteten Fristverlängerungsschreiben nicht entnehmen, dass damit auch die für den Kläger laufende Berufungsbegründungsfrist hätte verlängert werden sollen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009 - III ZB 61/08, VersR 2010, 364 Rn. 14).
- 7
- 3. Aus dem Umstand, dass das Berufungsgericht im angefochtenen Beschluss eine materielle Entscheidung über die Berufung des Klägers getroffen hat, kann keine stillschweigende Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist abgeleitet werden (BGH, Beschluss vom 6. Juni 2013 aaO).
- 8
- III. Wäre damit im Revisionsverfahren die Berufung des Klägers von Amts wegen als unzulässig zu verwerfen, kann seine Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg haben, da die von ihr geltend gemach- ten Revisionszulassungsgründe jedenfalls nicht entscheidungserheblich werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2013 aaO).
- 9
- IV. Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre aber auch im Übrigen unbegründet, denn die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird insoweit nach § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Dr. Brockmöller Dr. Götz
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 15.07.2013 - 7 O 169/11 -
KG Berlin, Entscheidung vom 06.05.2014 - 6 U 195/13 -
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.