Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Feb. 2007 - IV ZR 157/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 43.474,53 €.
Gründe:
- 1
- Das Berufungsgericht hat wesentliche Teile des unter Beweis gestellten Sachvortrags des Klägers übergangen und damit dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt; es ist nicht auszuschließen, dass das angefochtene Urteil darauf beruht.
- 2
- Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 86, 133, 145). Dem hat das Berufungsgericht in zweifacher Hinsicht nicht Rechnung getragen, wie der Kläger zu Recht rügt.
- 3
- 1. Der Kläger hatte am 8. März 2006 per Telefax einen Schriftsatz eingereicht, der sich am 10. März 2006, dem Tage des Berufungstermins , noch im Geschäftsgang befand und dem Senat in der Berufungsverhandlung daher nicht vorlag. Auf die Existenz des Schriftsatzes ist das Berufungsgericht durch den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten hingewiesen worden, der vorsorglich einen Schriftsatznachlass erbat. Dennoch hat das Berufungsgericht - ohne den Inhalt dieses Schriftsatzes zu kennen - am Schluss der Sitzung seine Entscheidung verkündet. Damit hat es offensichtlich gegen seine Pflicht verstoßen , den vollständigen Vortrag des Klägers zur Kenntnis zu nehmen und sich mit diesem tatsächlich und rechtlich auseinanderzusetzen.
- 4
- 2. Das Berufungsgericht hat weiter den Vortrag des Klägers unbeachtet gelassen, dass er aufgrund einer schweren Herzerkrankung in seiner Erwerbsfähigkeit wesentlich gemindert sei und nur über geringe anderweitige Einkünfte verfüge, die es ihm nicht erlaubten, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Das kommt im Berufungsurteil nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck, dass das Berufungsgericht nur vom "Falle einer Krankheit" spricht, sich aber nicht damit befasst, dass nach den Behauptungen des Klägers dieser Fall seit längerem eingetreten ist, wozu er schon in erster Instanz umfassend vorgetragen hat.
- 5
- Scheidet mit dem Berufungsgericht ein Darlehen aus und behauptet der Beklagte eine schenkungsweise Hingabe des Betrages, so ist zu prüfen, ob sich das Rückzahlungsbegehren auf § 528 BGB in Verbindung mit den bereicherungsrechtlichen Vorschriften stützen lässt. Der Kläger hat die Rückzahlungspflicht hinsichtlich des dem Beklagten überlassenen Betrages behauptet. Den Beweis dafür, dass der Betrag als Darlehen gewährt wurde, kann er nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht führen. Dann aber wird sein Vortrag erheblich, der Betrag sei wegen mittlerweile eingetretener Verarmung an ihn zurückzuzahlen. Das führt zu § 528 BGB und gegebenenfalls zur Beweisaufnahme über die vom Kläger dazu vorgetragenen Tatsachen, die vom Beklagten insgesamt in Abrede gestellt worden sind. Dazu hat das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen getroffen, so dass eine Zurückverweisung der Sache erforderlich ist, damit dies nachgeholt werden kann.
- 6
- Der Rückforderungsanspruch ist auch nicht von vornherein - ohne weitere Sachverhaltsaufklärung - nach § 529 BGB ausgeschlossen. Die Vorschrift trifft eine Billigkeitsregelung, die den Beschenkten vor Verschwendungen des Schenkers schützen soll, durch die dieser sich (nachträglich) arm macht, und - obwohl bei der Schenkung damit nicht zu rechnen war - selbst bedürftig wird. Wird die Bedürftigkeit des Schenkers indes durch die Schenkung selbst geschaffen oder war sie zum Zeitpunkt der Schenkung sonst vorhersehbar, fehlt es an einem schutzwürdigen Interesse des Beschenkten, so dass er sich nicht auf § 529 BGB berufen kann (BGH, Urteil vom 5. November 2002 - X ZR 140/01 - FamRZ 2003, 224 unter IV 1 und 3). Hier hat der Kläger nach seinem Vortrag mit dem streitbefangenen Betrag seinen an sich für die Altersvorsorge vorgesehenen "Notgroschen" weggegeben, weil er ihn nach seinem eigenen Bekunden damals (noch) nicht brauchte. Es sind bislang keine Feststellungen getroffen, ob der Beklagte von der Eigenschaft als "Notgroschen" wusste, so dass die künftige Bedürftigkeit und die damit drohende Rückzahlungspflicht aus § 528 BGB für ihn absehbar waren. Aus dem gleichen Grunde lässt sich derzeit nicht beantworten, ob der Beklagte sich auf einen Vertrauensschutz berufen kann, der ihm die Einrede nach § 529 BGB gibt.
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Siegen, Entscheidung vom 13.06.2005 - 5 O 268/04 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 10.03.2006 - 25 U 99/05 -
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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden. Auf die Verpflichtung des Beschenkten findet die Vorschrift des § 760 sowie die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltende Vorschrift des § 1613 und im Falle des Todes des Schenkers auch die Vorschrift des § 1615 entsprechende Anwendung.
(2) Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.
(1) Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes ist ausgeschlossen, wenn der Schenker seine Bedürftigkeit vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat oder wenn zur Zeit des Eintritts seiner Bedürftigkeit seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes zehn Jahre verstrichen sind.
(2) Das Gleiche gilt, soweit der Beschenkte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, das Geschenk herauszugeben, ohne dass sein standesmäßiger Unterhalt oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden Unterhaltspflichten gefährdet wird.
(1) Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden. Auf die Verpflichtung des Beschenkten findet die Vorschrift des § 760 sowie die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltende Vorschrift des § 1613 und im Falle des Todes des Schenkers auch die Vorschrift des § 1615 entsprechende Anwendung.
(2) Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.
(1) Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes ist ausgeschlossen, wenn der Schenker seine Bedürftigkeit vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat oder wenn zur Zeit des Eintritts seiner Bedürftigkeit seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes zehn Jahre verstrichen sind.
(2) Das Gleiche gilt, soweit der Beschenkte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, das Geschenk herauszugeben, ohne dass sein standesmäßiger Unterhalt oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden Unterhaltspflichten gefährdet wird.