Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Mai 2008 - IV ZR 138/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Mit der rechtzeitig gemäß § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO eingegangenen Anhörungsrüge macht die Beklagte geltend, der Senat habe sich nicht mit dem Argument auseinander gesetzt, selbst wenn die (neben ihrer Unterschrift stehende) Unterschrift ihres Ehemannes, des Erblassers, unter dem Schriftstück vom 14. Oktober 1997 nicht von diesem selbst, sondern von ihr geleistet worden sein sollte, müsse aus dem Umstand, dass der Erblasser dieses Schriftstück den (im Erbscheinsverfahren vernommenen ) Zeugen S. , H. und G. mit der Bemerkung gezeigt habe, "das haben wir gemacht", der Schluss gezogen werden, dass er der Beklagten jedenfalls verziehen habe. Deshalb liege, auch wenn das Schriftstück kein wirksames gemeinschaftliches Ehegattentestament sei, keine Erbunwürdigkeit vor. Das Berufungsgericht habe nicht auf eine erneute Vernehmung der Zeugen verzichten dürfen.
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- Anhörungsrüge Die ist nicht begründet. Die Zeugen brauchten nicht noch einmal vernommen zu werden. Der Senat ist im Beschluss vom 27. Februar 2008 davon ausgegangen, dass die in ihr Wissen gestellte Behauptung zutrifft, das Schriftstück vom 14. Oktober 1997 habe, als es den Zeugen gezeigt wurde, nicht nur die Unterschrift der Beklagten getragen, sondern noch eine weitere Unterschrift, die sich für die Zeugen als diejenige des Erblassers darstellte. Zwar kann unterstellt werden, dass der Erblasser mit einer Fälschung seiner Unterschrift für die begrenzten Zwecke, denen das Schriftstück vom 14. Oktober 1997 nach seiner Vorstellung dienen sollte, einverstanden war. Dies Einverständnis lässt sich aber nicht als Verzeihung i.S. von § 2343 BGB werten. Nach Aussage des Zeugen Notar S. vor dem Nachlassgericht wollte der Erblasser, auch als er dem Zeugen das Schriftstück vom 14. Oktober 1997 am 1. Januar 1998 gezeigt und dazu bemerkt hat, "das haben wir gemacht", seinen letzten Willen noch notariell beurkunden lassen ("ja, das machen wir noch"). Danach hat es sich bei dem Schriftstück vom 14. Oktober 1997, mag es auch zwei Unterschriften getragen haben, nur um einen Entwurf gehandelt. Als der Erblasser das Schriftstück bei seinen Gesprächen mit den Zeugen verwendete, konnte er nicht wissen, dass es zu einer notariellen Protokollierung nicht mehr kommen würde. Anhaltspunkte dafür, dass er die Verwendung des Schriftstücks vom 14. Oktober 1997 nach seinem Tod durch die Beklagte gebilligt hätte, nämlich dessen Vorlage als angeblich gültiges Testament im Erbscheinsverfahren , sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dieses spätere Verhalten der Beklagten, das die Vorinstanzen rechtsfehlerfrei als Gebrauchmachen von einer unechten Urkunde (§ 267 StGB) gewertet haben, rechtfertigt den Vorwurf der Erbunwürdigkeit (§ 2339 Abs. 1 Nr. 4 BGB).
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- Schon deshalb kommt eine Verzeihung nicht in Betracht. Damit erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts, eine Verzeihungshandlung sei noch nicht vollzogen (Seite 7 des Berufungsurteils), im Ergebnis als zutreffend, auch wenn der Gedanke, dass der Erblasser mit der Fälschung seiner Unterschrift unter dem Schriftstück vom 14. Oktober 1997 einverstanden gewesen sein könnte, im Berufungsurteil nicht ausdrücklich erwogen wird.
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 30.11.2004 - 10 O 308/03 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 27.04.2007 - 24 U 6/05 -
Rechtsanwalt
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Annotations
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
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ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Erblasser dem Erbunwürdigen verziehen hat.
(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
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gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt, - 3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.
(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(1) Erbunwürdig ist:
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wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich getötet oder zu töten versucht oder in einen Zustand versetzt hat, infolge dessen der Erblasser bis zu seinem Tode unfähig war, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben, - 2.
wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich verhindert hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben, - 3.
wer den Erblasser durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben, - 4.
wer sich in Ansehung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen einer Straftat nach den §§ 267, 271 bis 274 des Strafgesetzbuchs schuldig gemacht hat.
(2) Die Erbunwürdigkeit tritt in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3, 4 nicht ein, wenn vor dem Eintritt des Erbfalls die Verfügung, zu deren Errichtung der Erblasser bestimmt oder in Ansehung deren die Straftat begangen worden ist, unwirksam geworden ist, oder die Verfügung, zu deren Aufhebung er bestimmt worden ist, unwirksam geworden sein würde.