Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2001 - IV ZB 9/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
2. Die Sache wird an das Berufungsgericht zurückverwiesen , das auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden hat.
3. Der Beschwerdewert wird auf (1.290 DM + 217,50 DM =) 1.507,50 DM festgesetzt.
Gründe:
I. Der Kläger macht gegenüber der Beklagten, der Witwe und Alleinerbin seines verstorbenen Vaters, im Wege der Stufenklage seinen Pflichtteil geltend. Zum Nachlaß gehört unter anderem ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück. Das Landgericht hat die Beklagte
durch Teilurteil verurteilt, zum einen Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Verzeichnisses, und zum anderen den Wert des Grundstücks durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens zu ermitteln. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht , nachdem es zuvor den Wert des Beschwerdegegenstandes auf 1.400 DM festgesetzt hatte, durch Beschluû vom 14. Mai 2001 mit der Begründung als unzulässig verworfen, daû die Beklagte einen die Berufungssumme von 1.500 DM übersteigenden Wert ihrer Beschwer nicht glaubhaft gemacht habe (§ 511a ZPO). Gegen diesen Beschluû hat die Beklagte beim Oberlandesgericht sofortige Beschwerde eingelegt.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 567 Abs. 4, 519b Abs. 2, 547 ZPO) und begründet. Zwar darf das Berufungsgericht den Wert des Beschwerdegegenstandes bei einem Rechtsstreit wegen Erteilung einer Auskunft nach freiem Ermessen festsetzen (§ 3 ZPO) und das Revisionsgericht die Wertfestsetzung nur darauf überprüfen, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat. Im vorliegenden Fall liegt jedoch ein Ermessensfehlgebrauch vor, weil dem Berufungsgericht ein Fehler bei der Berechnung der Notargebühr für das Nachlaûverzeichnis unterlaufen ist.
1. Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen , daû sich der Beschwerdewert bei der Berufung einer zur Auskunft verurteilten Person nach deren Interesse richtet, die Auskunft nicht er-
teilen zu müssen, und daû es für die Bewertung dieses Abwehrinteresses auf den geldwerten Aufwand ankommt, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft verursacht. Bei seiner Wertfestsetzung hat das Berufungsgericht die Notarkosten für das Bestandsverzeichnis, ausgehend von einem Wert des reinen Nachlasses in Höhe von bis zu 10.000 DM, auf 110 DM und die Kosten eines Wertgutachtens für das bebaute Grundstück, ausgehend von einem Verkehrswert bis zu 150.000 DM, auf 1.290 DM geschätzt und ist so zu einem Gesamtwert von 1.400 DM gelangt.
2. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte einen höheren Verkehrswert des Grundstücks als die vom Berufungsgericht angenommenen 150.000 DM und damit auch eine höhere Schätzungsgebühr des Gutachterausschusses , nämlich 1.930 DM, glaubhaft gemacht hat.
3. Denn auf jeden Fall ist der Einwand der Beklagten begründet, das Berufungsgericht habe die Notargebühr für das Nachlaûverzeichnis zu gering angesetzt, weil in dieses Verzeichnis auch das Grundstück gehöre. Das Bestandsverzeichnis muû grundsätzlich ein vollständiges und einheitliches Verzeichnis mit allen Aktiv- und Passivwerten des Nachlasses sein, da der Pflichtteilsberechtigte nur so über die Höhe seines Zahlungsanspruches unterrichtet werden kann (Palandt/Edenhofer, BGB 60. Aufl. § 2314 Rdn. 8). Zu den Aktivwerten des Nachlasses gehört das Grundstück. Der Urteilsausspruch und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Teilurteils bieten auch keinen Anhaltspunkt dafür, daû das Landgericht seine Verurteilung zur Abgabe eines notariellen Bestandsverzeichnisses in einem einschränkenden Sinne gemeint haben
könnte und insbesondere das Grundstück ausnehmen wollte. Der Umstand , daû dem Kläger das Eigentum des Erblassers an diesem Grundstück bekannt war, reicht dafür nicht aus.
Für die Berechnung der Notargebühr hätte das Berufungsgericht deshalb auf der Grundlage seiner eigenen Wertansätze als Geschäftswert nicht 10.000 DM, sondern (10.000 DM + 150.000 DM =) 160.000 DM annehmen müssen. Daraus ergibt sich, wie die Beklagte richtig berechnet hat, unter Berücksichtigung der 10%igen Ermäûigung für das Beitrittsgebiet eine halbe Notargebühr von 157,50 DM (§§ 114 Nr. 1, 112 Abs. 2 Satz 1, 32 KostO), zuzüglich 16% Mehrwertsteuer 182,70 DM. Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Notar auûerdem eine Nebenkostenpauschale von rund 30 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zugebilligt. Deshalb betragen die Notarkosten für das Bestandsverzeichnis insgesamt 217,50 DM. Zuzüglich der vom Berufungsgericht angesetzten 1.290 DM für ein Gutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte betragen die Geldauslagen der Beklagten für die Auskunftserteilung insgesamt 1.507,50 DM und überschreiten damit die Berufungssumme von 1.500 DM.
4. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob sich eine Überschreitung auch deshalb ergeben könnte, weil das Berufungsgericht keinen Betrag für den eigenen Zeitaufwand der Beklagten angesetzt hat, obwohl auch dieser bei der Bemessung der Beschwer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berücksichtigungsfähig ist (vgl. nur BGH, Beschluû vom 21. Juni 2000 - XII ZB 12/97 - NJW 2000, 3073 unter II 2; Urteil vom 7. März 2001 - IV ZR 155/00 - BGH-Report 2001, 481).
Terno Seiffert Ambrosius
Wendt Dr. Kessal-Wulf
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(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.
(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.