Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Dez. 2009 - IV ZB 13/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Wert: 12.731,12 €
Gründe:
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- I. Das Landgericht verurteilte den Beklagten durch Versäumnisurteil , an die Klägerin eine Versicherungsleistung in Höhe von 12.731,12 € nebst Zinsen zurückzuzahlen. Gegen dieses Urteil legten seine Prozessbevollmächtigten fristgemäß Einspruch ein. Das Landgericht beraumte Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache auf den 11. Juli 2008 an; die Ladung wurde den Prozessbevollmächtigten am 8. April 2008 zugestellt. Mit Schreiben vom 10. April 2008 teilte der Beklagte mit, seinen Prozessbevollmächtigten das Mandat entzogen zu haben. Mit Schriftsatz vom 14. April 2008 zeigten auch diese an, den Beklagten nicht mehr zu vertreten. Im Einspruchstermin erschien für den Beklagten niemand. Daraufhin erging gegen ihn ein zweites Versäumnisurteil , durch das sein Einspruch verworfen wurde.
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- Das Berufungsgericht hat seine Berufung - nach entsprechendem Hinweis - gemäß § 522 Abs. 1 ZPO durch Beschluss als unzulässig verworfen , da der Beklagte nicht schlüssig dargelegt habe, dass es an einer schuldhaften Säumnis fehle. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwerde.
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- Das II. Rechtsmittel ist nach §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, aber nicht zulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (Senatsbeschlüsse vom 20. Februar 2008 - IV ZB 14/07 - NJWRR 2008, 889 Tz. 3; vom 23. Mai 2007 - IV ZB 48/05 - VersR 2007, 1535 Tz. 5; BGHZ 155, 21, 22), liegen nicht vor. Die Entscheidung des Berufungsgerichts verletzt insbesondere nicht den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
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- Das 1. Berufungsgericht hat das Rechtsmittel des Beklagten zu Recht als unzulässig erachtet. Nach § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO unterliegt ein Versäumnisurteil, gegen das - wie hier gemäß § 345 ZPO - der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Berufung nur insoweit, als sie darauf gestützt wird, ein Fall schuldhafter Säumnis sei nicht gegeben. Dabei muss der Sachverhalt, der die Zulässigkeit der Berufung rechtfertigen soll, schlüssig und vollständig in der Berufungsinstanz vorgetragen werden ; die Beweislast für die behauptete unverschuldete Säumnis trägt die Partei, die sich darauf beruft (vgl. BGH, Urteile vom 22. März 2007 - IX ZR 100/06 - NJW 2007, 2047 Tz. 6 m.w.N.; vom 22. April 1999 - IX ZR 364/98 - NJW 1999, 2120 unter 1; vom 27. September 1990 - VII ZR 135/90 - NJW 1991, 42 unter I 2 m.w.N.).
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- Der 2. Berufungsbegründung des Beklagten lässt sich dazu nur entnehmen, die Beauftragung eines neuen Prozessbevollmächtigten habe sich als schwierig erwiesen, so dass das Gericht den Termin vom 11. Juli 2008 nicht habe festsetzen dürfen. Der Beklagte sei zudem auf die Bestimmung des § 87 Abs. 1 ZPO und die rechtlichen Folgen daraus weder durch das Gericht noch durch seine Prozessbevollmächtigten hingewiesen worden. Das vermag die Annahme einer unverschuldeten Säumnis indes nicht zu rechtfertigen.
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- a) Der Beklagte ist zum Termin am 11. Juli 2008 über seine Prozessbevollmächtigten geladen worden, denen die betreffende gerichtliche Verfügung am 8. April 2008 gemäß § 172 Abs. 1 ZPO zugestellt worden ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Vollmachtsverhältnis zu den damaligen Prozessbevollmächtigten in jedem Fall Bestand, da es nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten in seiner Berufungsbegründung erst mit Schreiben vom 10. April 2008 beendet worden ist. Daher kommt es auf die Bestimmung des § 87 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO in diesem Zusammenhang von vornherein nicht an. Unbeschadet dessen ist die Vorschrift, der zufolge in Anwaltsprozessen die Kündigung eines Vollmachtsvertrages erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts rechtliche Wirksamkeit erhält, hier anwendbar, weil sich bis zum Einspruchstermin kein neuer Prozessbevollmächtigter für den Beklagten bestellt hat (BGH, Urteil vom 25. April 2007 - XII ZR 58/06 - NJW 2007, 2124 Tz. 11).
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- b) Auf die Wirkungen des § 87 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO und den unverändert bestehenden Anwaltszwang brauchte das Landgericht nicht (nochmals) hinzuweisen. Dies schon deshalb nicht, weil der Beklagte - der auch früheren Prozessbevollmächtigten das Mandat entzogen hatte - einen solchen Hinweis bereits mit Verfügung vom 1. Juli 2004 erhalten hatte. Das Landgericht hat ihn unter diesem Datum wie folgt angeschrieben : "Bei Prozessen vor dem Landgericht müssen Sie sich durch einen zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Sie haben Gelegenheit, binnen vier Wochen mitteilen zu lassen, durch welchen neuen Rechtsanwalt Sie vertreten werden. Bis zu dieser Mitteilung gilt ihre bisherige Rechtsanwältin … weiterhin als zustellungsbevollmächtigt (§ 87 Abs. 1 ZPO)."
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- Darüber hinaus hat der Beklagte dem Landgericht im Zusammenhang mit seinem Schreiben vom 10. April 2008 mitgeteilt, sich "angesichts des bestehenden Anwaltszwanges" zu bemühen, "schnellstmöglich Ersatz zu finden". Das Landgericht konnte und durfte daher davon ausgehen, dass dem Beklagten weiterhin bewusst war, sich durch einen beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen zu müssen. Zusätzlich war der Beklagte am 25. September 2007 gerichtlich darüber belehrt worden, dass Terminsverlegungsanträge durch einen Rechtsanwalt erfolgen müssen und Versäumnisurteil ergehen kann, wenn für die Partei kein Rechtsanwalt im anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint.
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- c) Ein auf den 11. Juli 2008 bezogener Terminsverlegungsantrag ist nicht gestellt worden. Für das Landgericht bestand auch keine Veranlassung , den Termin gemäß § 227 ZPO von Amts wegen zu verlegen oder aufzuheben. Ein Anwaltswechsel oder die unterbliebene Neubestel- lung eines Anwalts ist dafür kein erheblicher Grund, es sei denn, dieses beruht nicht auf einem Verschulden der Partei, sondern auf einem vom Anwalt verschuldeten Vertrauensverlust (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06 - VersR 2009, 802 Tz. 14). Dafür liegt kein hinreichend substantiierter Vortrag des Beklagten in der Berufungsinstanz vor.
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- Der 3. mit der Rechtsbeschwerde zusätzlich geltend gemachte Gehörsverstoß nach Art. 103 Abs. 1 GG ist nicht gegeben. Der Beklagte hat die Richter am Landgericht, die an den Versäumnisentscheidungen mitgewirkt haben, erfolglos wegen Befangenheit abgelehnt; seine sofortige Beschwerde ist mit Beschluss vom 1. April 2008 zurückgewiesen worden. Der Vorwurf des Beklagten, das Beschwerdegericht habe bei dieser Entscheidung den Inhalt der ergänzenden Beschwerdebegründung seiner Prozessbevollmächtigten nicht beachtet, geht bereits deshalb fehl, weil eine solche ergänzende Beschwerdebegründung nicht gefertigt worden ist. Die Prozessbevollmächtigten haben diese mit Schriftsatz vom 10. März 2008 lediglich angekündigt, nachfolgend aber nicht zu den Akten gereicht. Stattdessen haben sie sich mit Schriftsatz vom 26. März 2008 darauf beschränkt, das vom Beklagten verfasste Schreiben vom 3. März 2008 in Bezug zu nehmen; mit dem Inhalt dieses Schreibens hat sich das Beschwerdegericht auseinandergesetzt, was auch der Beklagte nicht in Frage stellt. Auch sonst vermag die Rechts
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- beschwerde für die Entscheidung über das Befangenheitsgesuch zulassungswürdige Rechtsfehler nicht aufzuzeigen.
Dr.Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 11.07.2008 - 320 O 5/02 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 20.04.2009 - 9 U 191/08 -
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden.
(2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder Anschlussberufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. § 511 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.
Einer Partei, die den Einspruch eingelegt hat, aber in der zur mündlichen Verhandlung bestimmten Sitzung oder in derjenigen Sitzung, auf welche die Verhandlung vertagt ist, nicht erscheint oder nicht zur Hauptsache verhandelt, steht gegen das Versäumnisurteil, durch das der Einspruch verworfen wird, ein weiterer Einspruch nicht zu.
(1) Dem Gegner gegenüber erlangt die Kündigung des Vollmachtvertrags erst durch die Anzeige des Erlöschens der Vollmacht, in Anwaltsprozessen erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts rechtliche Wirksamkeit.
(2) Der Bevollmächtigte wird durch die von seiner Seite erfolgte Kündigung nicht gehindert, für den Vollmachtgeber so lange zu handeln, bis dieser für Wahrnehmung seiner Rechte in anderer Weise gesorgt hat.
(1) In einem anhängigen Verfahren hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Das gilt auch für die Prozesshandlungen, die das Verfahren vor diesem Gericht infolge eines Einspruchs, einer Aufhebung des Urteils dieses Gerichts, einer Wiederaufnahme des Verfahrens, einer Rüge nach § 321a oder eines neuen Vorbringens in dem Verfahren der Zwangsvollstreckung betreffen. Das Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht gehört zum ersten Rechtszug.
(2) Ein Schriftsatz, durch den ein Rechtsmittel eingelegt wird, ist dem Prozessbevollmächtigten des Rechtszuges zuzustellen, dessen Entscheidung angefochten wird. Wenn bereits ein Prozessbevollmächtigter für den höheren Rechtszug bestellt ist, ist der Schriftsatz diesem zuzustellen. Der Partei ist selbst zuzustellen, wenn sie einen Prozessbevollmächtigten nicht bestellt hat.
(1) Dem Gegner gegenüber erlangt die Kündigung des Vollmachtvertrags erst durch die Anzeige des Erlöschens der Vollmacht, in Anwaltsprozessen erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts rechtliche Wirksamkeit.
(2) Der Bevollmächtigte wird durch die von seiner Seite erfolgte Kündigung nicht gehindert, für den Vollmachtgeber so lange zu handeln, bis dieser für Wahrnehmung seiner Rechte in anderer Weise gesorgt hat.
(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht
- 1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist; - 2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt; - 3.
das Einvernehmen der Parteien allein.
(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.
(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für
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Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen, - 2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 3.
(weggefallen) - 4.
Wechsel- oder Scheckprozesse, - 5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird, - 6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist, - 7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder - 8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.