Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Aug. 2015 - III ZR 333/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- 1. Die Klägerin nimmt das beklagte Land auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 50.000 €in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen, da Amtspflichtverletzungen nicht vorlägen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - das erstinstanzliche Urteil dahingehend geändert, dass die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen wird. Hierbei hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass die Klägerin in einem Parallelverfahren vor dem Landgericht, in dem zur Zeit Beweis erhoben werde, aus demselben Tatsachenkreis , der für das Entstehen des behaupteten Amtshaftungsanspruchs maßgeblich sei, gegen fünf andere Personen Ansprüche auf Schmerzensgeld einklage und es sich insoweit um eine anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB handele. Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich nunmehr das beklagte Land mit dem Ziel der Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils und insoweit der endgültigen Klagabweisung.
- 2
- 2. Der Senat hat mit Beschluss vom 25. Juni 2015 (BeckRS 2015, 11911), auf den wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird, den Streitwert für das Verfahren auf 10.000 € festgesetzt. Hiergegen wendet sich das beklagte Land mit seiner Gegenvorstellung.
II.
- 3
- Die Gegenvorstellung hat keinen Erfolg.
- 4
- Das beklagte Land ist der Meinung, seine Beschwer betrage richtiger- weise 50.000 €, da ihmdurch das Berufungsurteil die erstinstanzliche Klagabweisung "genommen" worden sei. In einem neuen Verfahren bestehe die Mög- lichkeit einer Verurteilung zur Zahlung von 50.000 €.Deshalb sei auch die Beschwer "vollwertig" mit 50.000 € anzusetzen. Für einen "Minderwert" sei kein Raum, zumal sämtliche Einwände des beklagten Landes zur Verteidigung des landgerichtlichen Urteils unbeschieden geblieben seien.
- 5
- Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die (materielle) Beschwer einer beklagten Partei, gegen die eine Amtshaftungsklage wegen des Bestehens einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB abgewiesen wurde, kann sich nicht nach dem vollen Wert der Klagforderung richten, da sie dann genauso bemessen werden würde, als ob die Partei zur Zahlung verurteilt worden wäre. Hierfür spielt es keine Rolle, ob die Klage bereits in 1. oder erst in 2. Instanz als zur Zeit unbegründet abgewiesen wird. Vielmehr muss maßgeblich der nach § 3 ZPO zu bemessende "Minderwert" der nur vorübergehenden statt endgültigen Klagabweisung sein. Insoweit geht der Senat auch nicht - wie die Gegenvorstellung meint - von einem "Regel"abschlag von 80% aus. Der Senat hat vielmehr berücksichtigt, dass sich die Beklagte nur dann einem neuen Verfahren stellen muss, wenn die Klage im Parallelprozess gegen alle fünf dort Beklagten erfolglos bleibt. Ferner hätte eine neue Klage nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn die Klageabweisung aus einem Grund erfolgt, der für eine erneute Klage gegen das Land ohne Bedeutung ist. Angesichts dessen erscheint eine erneute Inanspruchnahme des beklagten Landes eher fernliegend , abgesehen davon, dass eine erneute Inanspruchnahme auch nicht gleichbedeutend mit einer Verurteilung ist. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat keine Veranlassung, die Beschwer des Landes höher als mit 10.000 € zu veranschlagen. Dies führt, da die gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht wird, zur Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde.
Reiter Liebert
Vorinstanzen:
LG Landshut, Entscheidung vom 29.10.2013 - 55 O 3598/12 -
OLG München, Entscheidung vom 12.06.2014 - 1 U 5032/13 -
Annotations
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.