Bundesgerichtshof Beschluss, 13. März 2014 - III ZR 295/12

published on 13/03/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. März 2014 - III ZR 295/12
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Landgericht Saarbrücken, 4 O 83/09, 29/09/2009
Landgericht Saarbrücken, 4 U 533/09, 11/09/2012

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 295/12
vom
13. März 2014
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat 13. März 2014 durch den Vizepräsidenten
Schlick und die Richter Dr. Herrmann, Hucke, Tombrink und
Dr. Remmert

beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 11. September 2012 - 4 U 533/09-153 - wird als unzulässig verworfen.
Die Kläger haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 12.161,92 €

Gründe:


1
Die Kläger sind Miteigentümer eines im Grundbuch von S. eingetragenen, im Außenbereich gelegenen Wiesengrundstücks. Unter diesem Grundstück verläuft ein Abwasserkanal, der im Jahr 1972 von der Gemeinde S. - nach Darstellung der Kläger - unrechtmäßig verlegt wurde und der von dem Beklagten genutzt wird. Die Kläger behaupten, erstmals aus einem Schreiben vom 29. August 2006 im Zusammenhang mit einer erforderlichen Sanierung vom Vorhandensein dieses Kanals erfahren zu haben. Sie verlangen für die mit dessen Nutzung verbundene Inanspruchnahme ihres Grundstücks ein "Durchleitungsentgelt", das sie für die Zeit vom 19. Mai 1992 bis zum 23. Februar 2009 mit 10.061,92 € (Klageantrag zu 1) und danach mit 600 € jährlich (Klageantrag zu 2) beziffert haben. Den Streitwert haben sie in der Klageschrift mit 12.161,92 € angegeben.
2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; auf die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht den Beklagten zur Zahlung von 268,50 € verurteilt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Beide Vorinstanzen haben den Streit- wert auf 12.161,92 € festgesetzt.

II.


3
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht wird.
4
Der Auffassung der Beschwerde, zu dem Wert des bezifferten Klagean- trags zu 1 (10.061,92 €) seien entsprechend § 8 ZPO mindestens 15.000 € für den Klageantrag zu 2 hinzuzurechnen, ist nicht zu folgen.
5
1. Da mit der Zahlung des jährlichen Betrags von 600 € die eigenmächtige Inanspruchnahme des Grundstücks durch den Beklagten abgegolten werden soll, ist § 9 ZPO, der den Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen bestimmt, für die Festsetzung des Werts des Klageantrags zu 2 nicht unmittelbar anwendbar.
6
2. Auch § 8 ZPO ist für die Bemessung der Rechtsmittelbeschwer hinsichtlich dieses Klageantrags nicht einschlägig. Diese Vorschrift erfasst nur Mietund Pachtverhältnisse (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Dezember 1988 - VIII ZR 260/88, NJW-RR 1989, 381; MüKoZPO/Wöstmann, 4. Aufl. § 8 Rn. 6 mwN). Ein solches liegt hier ebenso wenig vor wie ein miet- oder pachtähnliches Nutzungsverhältnis (vgl. zur Anwendung des § 8 ZPO hierauf BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2004 - XII ZB 106/04, NZM 2005, 157, 158).
7
Soweit die Beschwerde geltend macht, diese Bestimmung sei jedenfalls entsprechend anzuwenden, so dass der 25-fache Betrag des jährlichen "Durchleitungsentgelts" von 600 € zugrunde zu legen sei, kann dem nicht gefolgt werden.
8
Die Vorschrift des § 8 ZPO dient ebenso wie die §§ 6, 7 und 9 ZPO der Rechtssicherheit sowie der Vereinfachung und Vereinheitlichung der Streitwertbemessung (vgl. MüKoZPO/Wöstmann, aaO § 8 Rn. 1 mwN; Musielak/Heinrich, ZPO, 10. Aufl., § 3 Rn. 2). Sie ist grundsätzlich keiner ausdehnenden Anwendung zugänglich (vgl. zu Wärmelieferungsverträgen BGH, Beschluss vom 14. Dezember 1988, aaO). Auch für die vorliegende Fallgestaltung kommt eine analoge Anwendung nicht in Betracht. Die Sachlage ist nicht mit einem Rechtsverhältnis , bei dem es um die entgeltliche Überlassung zum Gebrauch geht und bei dem das vereinbarte Nutzungsentgelt eine adäquate Bewertung des Nutzungsinteresses darstellt, wie dies für § 8 ZPO vorausgesetzt wird, vergleichbar.
9
3. Der Streitwert und der Wert der Beschwer sind danach gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu bestimmen. Allerdings kann auch im Anwendungsbereich dieser Vorschrift der in §§ 8, 9 ZPO zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Leitgedanke mit berücksichtigt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 1992 - IV ZR 241/91, NJW-RR 1992, 608; MüKoZPO/Wöstmann, aaO § 3 Rn. 11).
10
Das Berufungsgericht hat seiner Streitwertfestsetzung den 3½-fachen Betrag des geltend gemachten jährlichen "Durchleitungsentgelts" (insgesamt 2.100 €) zugrunde gelegt. Es hat sich dabei ersichtlich an § 9 ZPO orientiert. Dies ist nicht ermessensfehlerhaft, da § 8 ZPO, den die Beschwerde berücksichtigt sehen möchte, grundsätzlich auf die darin genannten Vertragsverhältnisse beschränkt ist.
11
4. Diese Wertfestsetzung hat im Übrigen auch der Sichtweise der Kläger in den Tatsacheninstanzen entsprochen. So haben die Kläger in der Klageschrift für den Klageantrag zu 2 einen Wert von 2.100 € angegeben. In der Berufungs- instanz haben sie keine abweichenden Vorstellungen geäußert; die ihrer Wertangabe entsprechenden Streitwertfestsetzungen in den Vorinstanzen haben sie nicht beanstandet. Aufgrund dessen können sie im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht mehr damit gehört werden, der Wert sei abweichend zu berechnen (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Mai 2013 - III ZR 87/12, BeckRS 2013, 09523).
12
Der Wert der Beschwer für den Klageantrag zu 2 beträgt somit lediglich 2.100 €.
Schlick Herrmann Hucke
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 29.09.2009 - 4 O 83/09 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 11.09.2012 - 4 U 533/09-153 -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere
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Annotations

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.

Der Wert einer Grunddienstbarkeit wird durch den Wert, den sie für das herrschende Grundstück hat, und wenn der Betrag, um den sich der Wert des dienenden Grundstücks durch die Dienstbarkeit mindert, größer ist, durch diesen Betrag bestimmt.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.