Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juni 2010 - III ZR 277/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Streitwert: 183.300 €.
Gründe:
- 1
- Ein Grund zur Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) besteht nicht. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
- 2
- Die Beschwerde macht zwar im Ansatz zu Recht geltend, dass es nach dem schriftsätzlichen Vortrag der Beklagten nicht unstreitig war, dass die Unterschriften des Zeugen F. auf den vom 25. Februar und 7. Oktober 2004 datierenden Schriftstücken echt waren. Vielmehr hat die Beklagte in ihren Schriftsätzen stets geltend gemacht, die betreffenden Namenszüge stammten nicht von dem angeblichen Urheber.
- 3
- Gleichwohl hat der Senat gemäß § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO davon auszugehen , dass die Parteien nach dem Sach- und Streitstand zu dem für die Beurteilung der Tatsachen- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts übereinstimmend nicht mehr behauptet haben, die Unterschriften seien gefälscht worden. Vorbereitende Schriftsätze sind durch den Tatbestand, der für das Vorbringen am Schluss der mündlichen Verhandlung Beweis erbringt (§ 314 ZPO), überholt. Bei einem Widerspruch zwischen dem Inhalt der Schriftsätze und der Wiedergabe des Parteivorbringens im Urteilstatbestand sind nach § 314 ZPO die tatbestandlichen Ausführungen maßgeblich (BGHZ 140, 335, 339; BGH, Versäumnisurteil vom 28. Juni 2005 - XI ZR 3/04 - BGHR ZPO § 314 Beweiskraft 6). Auf Seite 9 seines Urteils hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Parteien hätten nicht behauptet , die Unterschriften des Zeugen F. seien gefälscht. Diese Feststellung nimmt, obgleich sie in den Entscheidungsgründen zu II. enthalten ist, an der Tatbestandswirkung des § 314 ZPO teil. Diese Vorschrift bezieht sich nicht nur auf die von den sonstigen Urteilsbestandteilen abgesetzte, geschlossene Darstellung des Sach- und Streitstandes, sondern auch auf die tatbestandlichen Feststellungen, die in den (übrigen) Entscheidungsgründen enthalten sind (z.B. BGHZ 119, 300, 301; BGH, Urteil vom 19. Mai 1998 - XI ZR 216/97 - BGHR ZPO § 314 Feststellungen 3; Beschluss vom 26. März 1997 - IV ZR 275/96 - BGHR ZPO § 314 Beweiskraft 3 und Urteil vom 19. Juni 1990 - XI ZR 280/89 - BGHR ZPO § 314 Feststellungen 1). Der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 8. Oktober 2009 ändert an der Tatbestandswirkung nichts.
- 4
- Soweit die entsprechende Feststellung des Berufungsgerichts unzutreffend ist, kann dem nicht (allein) mit der in der Nichtzulassungsbeschwerde erhobenen Verfahrensrüge begegnet werden. Vielmehr ist ein Tatbestandsberichtigungsantrag (§ 320 Abs. 1 ZPO) anzubringen (BGH, Beschluss vom 26. März 1997; Urteile 19. Mai 1998 und vom 19. Juni 1990 jew. aaO sowie Urteil vom 15. Juni 1989 – VII ZR 14/88 - BGHR ZPO § 314 Unrichtigkeit 1), was im vorliegenden Fall unterblieben ist.
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG Konstanz, Entscheidung vom 26.09.2008 - 8 O 44/07 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 15.10.2009 - 9 U 193/08 -
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Annotations
(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.
(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.
Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.
(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.
(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.
(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.
Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.