Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Nov. 2010 - III ZB 83/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts München I vom 14. August 2009 wird dahingehend abgeändert, dass die vom Kläger an den Beklagten nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 30. Juni 2009 - 3 U 2209/09 - zu erstattenden Kosten auf insgesamt 1.467,03 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszins verzinslich seit dem 8. Juli 2009 festgesetzt werden.
Die Kosten der Rechtsmittelzüge hat der Kläger zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 451,01 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger legte am 10. März 2009 gegen das ihm am 10. Februar 2009 zugestellte Endurteil des Landgerichts München I vom 29. Januar 2009 Berufung ein mit dem Hinweis, dass Anträge und Begründung einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten bleiben sollten. Der Beklagte meldete sich im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 18. März 2009 und kündigte den Antrag an, die Berufung des Klägers kostenpflichtig zurückzuweisen. Die Berufung wurde am 8. April 2009 begründet. Das Oberlandesgericht wies darauf hin, dass beabsichtigt sei, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Nach Stellungnahme des Klägers wurden die Berufung wie angekündigt durch Beschluss zurückgewiesen und dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
- 2
- Der Beklagte hat im Kostenfestsetzungsverfahren hinsichtlich der Kosten für die Berufung die Festsetzung einer 1,6-fachen Verfahrensgebühr für seine Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.212,80 € beantragt. Die Rechtspflegerin hat im Kostenfestsetzungsbeschluss lediglich eine 1,1-fache Verfahrensgebühr in Höhe von 833,80 € berücksichtigt. Hiergegen hat sich der Beklagte mit der sofortigen Beschwerde gewandt, die vom Beschwerdegericht zurückgewiesen worden ist.
- 3
- Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte seinen Festsetzungsantrag weiter.
II.
- 4
- Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
- 6
- 2. Die Auffassung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 7
- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, kommt es für die Erstattungsfähigkeit der 1,6fachen-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV-RVG nicht darauf an, ob der obsiegende Berufungsgegner noch eine Rechtsmittelerwiderung abgegeben hat, wenn - wie hier - nach Stellung des Zurückweisungsantrags das Rechtsmittel durch den Berufungsführer begründet wird und anschließend das Berufungsgericht nach § 522 ZPO die Berufung zurückweist (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juni 2010 - VII ZB 6/09, NJW 2010, 3170 Rn. 8 f; vgl. auch Beschlüsse vom 13. Juli 2010 - VI ZB 61/09, VersR 2010, 1470 Rn. 5 ff und vom 1. April 2009 - XII ZB 12/07, NJW 2009, 2220 Rn. 11; siehe ferner BGH, Beschlüsse vom 2. Juli 2009 - V ZB 54/09, NJW 2009, 3102 Rn. 10 f und vom 2. Oktober 2008 - I ZB 111/07, NJW-RR 2009, 859 Rn. 8 ff). Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit der 1,6fachen-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV-RVG ist nicht, dass sich der Prozessbevollmächtigte inhaltlich mit der Berufungsbegründung auseinandersetzt. Die Verfahrensbeendigung nach Stellung des Zurückweisungsantrags stellt auch keine vorzeitige Erledigung im Sinne der Nr. 3201 Satz 1 Nr. 1 VV-RVG dar. Die volle Gebühr wird vielmehr bereits durch die Stellung der Sachanträge ausgelöst. Der Umstand, dass zum Zeitpunkt des Abweisungsantrags noch keine Rechtsmittelbegründung vorlag, ist jedenfalls unbeachtlich, wenn diese später eingereicht wird; denn für die Frage der Erstattungsfähigkeit ist die zeitliche Reihenfolge der jeweiligen Anträge ohne Belang (vgl. Beschlüsse vom 13. Juli 2010 aaO Rn. 12 und vom 1. April 2009 aaO Rn. 7). Nach Einreichung der Rechtsmittelbegründung kann dem Rechtsmittelgegner ein berechtigtes Interesse nicht abgesprochen werden, mit anwaltlicher Hilfe eine Zurückweisung des Rechtsmittels zu erreichen und einen entsprechenden Antrag anzukündigen und zwar ohne Rücksicht darauf, ob eine Vorgehensweise nach § 522 ZPO in Betracht kommt oder nicht (Beschluss vom 24. Juni 2010 aaO). Schlick Dörr Wöstmann Seiters Tombrink
LG München I, Entscheidung vom 14.08.2009 - 22 O 12655/08 -
OLG München, Entscheidung vom 29.09.2009 - 11 W 2245/09 -
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.