Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Nov. 2002 - III ZB 45/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Dem Kläger wird wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts München II vom 10. Dezember 2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt.
Die Sache wird zur Entscheidung über die Berufung und über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Gegen das ihm am 21. Dezember 2001 zugestellte Urteil des Landgerichts hat der Kläger am 21. Januar 2002 Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2002, eingegangen am gleichen Tage, hat die Prozeßbevollmächtigte des Klägers beantragt, die Berufungsbegründungsfrist bis zum
21. März 2002 zu verlängern. Zur Begründung hat sie ausgeführt, daß noch einige Recherchen veranlaßt worden seien und die Informationen noch nicht vorlägen. Durch Verfügungen vom 22. Februar und 4. März 2002 gab der Vorsitzende des Senats des Oberlandesgerichts dem Kläger auf, bis zum 8. März 2002 mitzuteilen und glaubhaft zu machen, warum und mit welcher Frist seine Prozeßbevollmächtigte Informationen, Unterlagen, Belege usw. angefordert habe. Mit Verfügung vom 15. März 2002 hat der Vorsitzende die fristgemäß vorgebrachten Erläuterungen des Klägers für unzureichend erachtet und die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist abgelehnt.
Am 21. März 2002 hat der Kläger mit Schriftsatz vom gleichen Tage die Berufung begründet und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Durch den angefochtenen Beschluß vom 6. Juni 2002 sind der Wiedereinsetzungsantrag des Klägers zurückgewiesen und seine Berufung als unzulässig verworfen worden. Dagegen richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie nach § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F., § 26 Nr. 10 EGZPO statthaft, und zwar unbeschadet dessen, daß die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO nicht erreicht ist (BGH, Beschluß vom 4. September 2002 - VIII ZB 23/02 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
Sie ist auch im übrigen zulässig, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.). Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den - hier noch anwendbaren (§ 26 Nr. 5 EGZPO) - bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Berufungsvorschriften kann ein Rechtsanwalt in aller Regel erwarten , daß seinem ersten Antrag auf Verlängerung der Begründungsbegründungsschrift entsprochen wird, wenn ein erheblicher Grund im Sinne des § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO a.F. geltend gemacht wird (vgl. nur BGH, Beschluß vom 24. Oktober 1996 - VII ZB 25/96 - NJW 1997, 400).
2. Bereits aufgrund der ursprünglichen - wenngleich pauschalen und wenig aussagekräftigen - Begründung durfte die Prozeßbevollmächtigte des Klägers, auch im Hinblick auf die telefonisch bei der Geschäftsstelle eingeholte Auskunft über die - großzügige - Fristverlängerungspraxis des zur Entscheidung berufenen Senats des Oberlandesgerichts, darauf vertrauen, daß die beantragte Fristverlängerung mit großer Wahrscheinlichkeit bewilligt wird. Es ist daher unerheblich, ob die auf Ersuchen des Vorsitzenden nachgeschobenen
Gründe
erkennen lassen, daß die nicht vollständige Beischaffung der zur Anfertigung der Berufungsbegründungsschrift benötigten Unterlagen auf eine Nachlässigkeit der Partei zurückzuführen war.
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.