Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Mai 2006 - II ZR 209/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an den 23. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
- 1
- I. Der Beklagte und sein Mitgesellschafter S. gründeten durch notariellen Vertrag vom 22. Oktober 2001 die F. GmbH (nachfolgend: F. GmbH). In § 9 des Gesellschaftsvertrages ist bestimmt, dass die Begründung eines Treuhandverhältnisses über Geschäftsanteile der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf. Ebenfalls am 22. Oktober 2001 schlossen die Parteien einen notariell beurkundeten Treuhandvertrag , nach dessen Inhalt der Beklagte seinen Geschäftsanteil an der F. GmbH treuhänderisch für den Kläger hält. Im März 2003 übertrug der Gesellschafter S. seinen Geschäftsanteil auf den Beklagten.
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- Das Oberlandesgericht hat den Antrag des Klägers festzustellen, dass der Beklagte seinen Geschäftsanteil an der F. GmbH treuhänderisch für ihn hält, und den kombinierten "Stufenklagenantrag" auf Auskunftserteilung über die Höhe des Gewinns der F. GmbH in den Jahren 2001/2002 und auf Gewährung von Einsicht in Geschäftsunterlagen abgewiesen. Der zwischen den Parteien geschlossene Treuhandvertrag sei mangels Zustimmung des Mitgesellschafters S. unwirksam. Deshalb könne der Kläger weder Auskunft über erzielte Gewinne noch Einsicht in die Geschäftsunterlagen verlangen.
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- II. Die angefochtene Entscheidung verletzt das Verfahrensgrundrecht des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), weil das Berufungsgericht entscheidungserhebliches Vorbringen des Klägers nicht zur Kenntnis genommen hat.
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- 1. Der Kläger hat vorgetragen, am 1. Februar 2003 sei in Gegenwart beider Parteien und des Gesellschafters S. zunächst zwischen ihm und dem Beklagten innerhalb des bestehenden Treuhandverhältnisses eine Abrede getroffen und anschließend zwischen dem Beklagten und dem Gesellschafter S. eine Gesellschafterversammlung abgehalten worden, so dass sich aus dem zeitlichen Ablauf eine konkludente Genehmigung des Treuhandvertrages ergebe. Auch der Beklagte selbst ist in einem am 6. März 2003 - also nach der Zusammenkunft vom 1. Februar 2003 - verfassten Schreiben an seinen Vetter von einem gültigen Treuhandverhältnis mit dem Kläger ausgegangen. Überdies hatte der Gesellschafter S. bereits in einem Schreiben vom 13. August 2002 gegenüber dem Kläger die Frage einer Gewinnausschüttung der F. GmbH erörtert. Diese Umstände hat das Berufungsgericht lediglich isoliert betrachtet, aber unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG keiner Gesamtwürdigung unterzogen und damit die Anforderungen an den Nachweis der Zustimmung - die auch konkludent erteilt werden konnte, indem die Gesellschafter den Kläger als Treugeber behandeln (BGHZ 15, 324, 329; 22, 101, 108) - überspannt.
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- 2. Falls das Oberlandesgericht auch in der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung sich nicht von einer Genehmigung des Treuhandvertrages überzeugen können sollte, weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:
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- a) Es bestehen Bedenken, ob die Gesellschafterversammlung der F. GmbH durch Gesellschafterbeschluss vom 8. März 2003 die Zustimmung zu dem Treuhandvertrag verweigert hat. Da die Unterschrift des Gesellschafters S. nicht mit einer Datumsangabe versehen ist, kann vor dem Hintergrund der zwischen den Parteien bestehenden Unstimmigkeiten und des Näheverhältnisses des Gesellschafters S. zu dem Beklagten nicht ausgeschlossen werden, dass die Unterzeichnung erst nach seiner im März 2003 vollzogenen Anteilsübertragung auf den Kläger erfolgt ist. Dabei ist zu beachten, dass der Beklagte die Beweislast für eine die schwebende Unwirksamkeit des Treuhandvertrages (BGHZ 13, 179, 186) beseitigende Zustimmungsverweigerung trägt (BGH, Urt. v. 25. Januar 1989 - IVb ZR 44/88, FamRZ 1989, 476, 478).
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- b) Sofern die Gesellschafterversammlung die Zustimmung zu dem Treuhandvertrag am 8. März 2005 tatsächlich verweigert hat, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob die ablehnende Stimmabgabe des Gesellschafters S. wegen seines zu diesem Zeitpunkt bereits beabsichtigten Ausschei- dens aus der Gesellschaft als rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich einzustufen ist (vgl. Scholz/Winter, GmbHG 9. Aufl. § 15 Rdn. 94; Baumbach/ Hueck/Fastrich, GmbHG 18. Aufl. § 15 Rdn. 46).
Strohn Reichart
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 23.03.2004 - 10 O 2682/03 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 29.07.2004 - 7 U 554/04 -
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Annotations
(1) Die Geschäftsanteile sind veräußerlich und vererblich.
(2) Erwirbt ein Gesellschafter zu seinem ursprünglichen Geschäftsanteil weitere Geschäftsanteile, so behalten dieselben ihre Selbständigkeit.
(3) Zur Abtretung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter bedarf es eines in notarieller Form geschlossenen Vertrags.
(4) Der notariellen Form bedarf auch eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird. Eine ohne diese Form getroffene Vereinbarung wird jedoch durch den nach Maßgabe des vorigen Absatzes geschlossenen Abtretungsvertrag gültig.
(5) Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Abtretung der Geschäftsanteile an weitere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.