Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Sept. 2009 - II ZR 12/09

published on 28/09/2009 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Sept. 2009 - II ZR 12/09
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Landgericht Ulm, 10 O 29/08, 15/05/2008
Oberlandesgericht Stuttgart, 14 U 34/08, 17/12/2008

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 12/09
vom
28. September 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BetrAVG § 3 idF des AltEinkG v. 5.7.2004, gültig ab 1.1.2005
Das Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG ist nicht berührt, wenn der Versorgungsberechtigte
das ihm in der Pensionszusage eingeräumte Recht, anstelle der nach dem
Eintritt des Versorgungsfalls zu zahlenden monatlichen Altersrente eine einmalige
Kapitalzahlung zu verlangen, nach Beendigung des Dienstverhältnisses, aber noch
vor Eintritt des Versorgungsfalles ausübt.
BGH, Beschluss vom 28. September 2009 - II ZR 12/09 - OLG Stuttgart
LG Ulm
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 28. September 2009
durch die Richter Kraemer, Caliebe, Dr. Reichart, Dr. Drescher und Dr. Löffler
einstimmig beschlossen:
1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision der Beklagten durch Beschluss gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen.
2. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 687.925,63 € festgesetzt.

Gründe:


1
Das Berufungsgericht hat die Revision zu Unrecht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Die Revision der Beklagten hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
2
1. Zulassungsgründe liegen nicht vor.
3
a) Klärungsbedürftige Grundsatzfragen stellen sich nicht. Die Beantwortung der vom Berufungsgericht möglicherweise für zulassungsrelevant erachteten Frage, ob das Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung dem Anspruch des Versorgungsberechtigten auf Kapitalzahlung entgegensteht, wenn er ein ihm in der Pensionszusage, somit während des Bestehens des Anstellungsverhältnisses eingeräumtes Recht, anstelle ei- ner versprochenen Rente eine Kapitalleistung zu verlangen (Kapitaloptionsrecht ), nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses, aber noch vor Eintritt des Versorgungsfalls ausübt, ist - wie das Berufungsgericht selbst gesehen hat - nicht klärungsbedürftig. Die vom Berufungsgericht angeführte instanzgerichtliche Rechtsprechung (LAG Niedersachsen - 11 Sa 1580/07, juris Tz. 28 f.; ArbG Solingen - 5 Ca 2051/07, juris Tz. 39 f.; vgl. auch LAG Hessen, NZARR 1999, 497 zu § 3 BetrAVG a.F.) geht ebenso wie die ganz h.M. in der Literatur (Schipp in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht 3. Aufl. § 3 BetrAVG Rdn. 4; ErfurterKomm/Steinmeyer 9. Aufl. § 3 BetrAVG Rdn. 4; Höfer, BetrAVG § 3 Rdn. 3571; Blomeyer/Rolfs/Otto, Betriebsrentengesetz 4. Aufl. § 3 Rdn. 35; Langohr-Plato, Betriebliche Altersversorgung 4. Aufl. Rdn. 465; Kisters-Kölkes in Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Bode/Pühler, BetrAVG 2. Aufl. § 3 Rdn. 29; Förster/Rühmann/Cisch, Betriebsrentengesetz 11. Aufl. § 3 Rdn. 12; Förster/Cisch, BB 2004, 2126, 2132; Langohr-Plato/Teslau, NZA 2004, 1297, 1300; nicht eindeutig Matthießen, AuR 2005, 81, 85; ebenso Schnitker/Grau, NJW 2005, 10, 14) davon aus, dass das Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG in einem solchen Fall nicht eingreift.
4
b) Auch sonstige Zulassungsgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere weicht das Berufungsgericht, das mit seiner Beurteilung der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der h.M. in der Literatur gefolgt ist, nicht von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur Urt. v. 14. Juni 2005 - 3 AZR 185/04, AP Nr. 14 zu § 3 BetrAVG; v. 14. August 1990 - 3 AZR 301/89, BAGE 65, 341, 344 f.) ab, das die Abfindung gesetzlich unverfallbarer Rentenanwartschaften im Zusammenhang mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich als gegen § 3 BetrAVG verstoßend und deshalb gemäß § 134 BGB für nichtig erachtet. Es handelt sich hier nicht um eine Abfindung im Sinn von § 3 BetrAVG. Die Abfindung einer Anwartschaft im Sinne die- ser Vorschrift setzt einen Vertrag voraus, durch den der Versorgungsberechtigte auf seine Anwartschaft verzichtet und durch den sich der Dienstherr verpflichtet, hierfür eine Entschädigung zu zahlen (BGH, Urt. v. 15. Juli 2002 - II ZR 192/00, ZIP 2002, 1701, 1702). Die Ausübung eines - wie das Berufungsgericht in revisionsrechtlich einwandfreier Auslegung der Pensionszusage angenommen hat - dort eingeräumten einseitigen Gestaltungsrechts nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses , aber noch vor Eintritt des Versorgungsfalls genügt hierfür nicht. Der Anspruch des Klägers stand nach dem Inhalt der Versorgungszusage von vornherein unter dem Vorbehalt, dass weder die Gesellschaft noch der Versorgungsberechtigte die Abfindung des Rentenanspruchs verlangen würde. Nur in diesem Umfang hat der Kläger eine Versorgungsanwartschaft erlangt (BGH, Urt. v. 21. Mai 2003 - VIII ZR 57/02, WM 2003, 2110, 2111). Wird die Kapitaloption vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgeübt, wird der Anspruch aus der Pensionszusage durch die Kapitalleistung nicht abgefunden , sondern erfüllt (vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto aaO).
5
2. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, hat die Revision auch keine Aussicht auf Erfolg.
6
Sonstige Rechtsfehler des Berufungsurteils werden von der Revision nicht gerügt und sind auch nicht ersichtlich.
Kraemer Caliebe Reichart
Drescher Löffler
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 15.05.2008 - 10 O 29/08 KfKH -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 17.12.2008 - 14 U 34/08 -
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
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published on 15/07/2002 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 192/00 Verkündet am: 15. Juli 2002 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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Annotations

(1) Unverfallbare Anwartschaften im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und laufende Leistungen dürfen nur unter den Voraussetzungen der folgenden Absätze abgefunden werden.

(2) Der Arbeitgeber kann eine Anwartschaft ohne Zustimmung des Arbeitnehmers abfinden, wenn der Monatsbetrag der aus der Anwartschaft resultierenden laufenden Leistung bei Erreichen der vorgesehenen Altersgrenze 1 vom Hundert, bei Kapitalleistungen zwölf Zehntel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigen würde. Dies gilt entsprechend für die Abfindung einer laufenden Leistung. Die Abfindung einer Anwartschaft bedarf der Zustimmung des Arbeitnehmers, wenn dieser nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein neues Arbeitsverhältnis in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begründet und dies innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses seinem ehemaligen Arbeitgeber mitteilt. Die Abfindung ist unzulässig, wenn der Arbeitnehmer von seinem Recht auf Übertragung der Anwartschaft Gebrauch macht.

(3) Die Anwartschaft ist auf Verlangen des Arbeitnehmers abzufinden, wenn die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erstattet worden sind.

(4) Der Teil der Anwartschaft, der während eines Insolvenzverfahrens erdient worden ist, kann ohne Zustimmung des Arbeitnehmers abgefunden werden, wenn die Betriebstätigkeit vollständig eingestellt und das Unternehmen liquidiert wird.

(5) Für die Berechnung des Abfindungsbetrages gilt § 4 Abs. 5 entsprechend.

(6) Die Abfindung ist gesondert auszuweisen und einmalig zu zahlen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Unverfallbare Anwartschaften im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und laufende Leistungen dürfen nur unter den Voraussetzungen der folgenden Absätze abgefunden werden.

(2) Der Arbeitgeber kann eine Anwartschaft ohne Zustimmung des Arbeitnehmers abfinden, wenn der Monatsbetrag der aus der Anwartschaft resultierenden laufenden Leistung bei Erreichen der vorgesehenen Altersgrenze 1 vom Hundert, bei Kapitalleistungen zwölf Zehntel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigen würde. Dies gilt entsprechend für die Abfindung einer laufenden Leistung. Die Abfindung einer Anwartschaft bedarf der Zustimmung des Arbeitnehmers, wenn dieser nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein neues Arbeitsverhältnis in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begründet und dies innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses seinem ehemaligen Arbeitgeber mitteilt. Die Abfindung ist unzulässig, wenn der Arbeitnehmer von seinem Recht auf Übertragung der Anwartschaft Gebrauch macht.

(3) Die Anwartschaft ist auf Verlangen des Arbeitnehmers abzufinden, wenn die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erstattet worden sind.

(4) Der Teil der Anwartschaft, der während eines Insolvenzverfahrens erdient worden ist, kann ohne Zustimmung des Arbeitnehmers abgefunden werden, wenn die Betriebstätigkeit vollständig eingestellt und das Unternehmen liquidiert wird.

(5) Für die Berechnung des Abfindungsbetrages gilt § 4 Abs. 5 entsprechend.

(6) Die Abfindung ist gesondert auszuweisen und einmalig zu zahlen.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Unverfallbare Anwartschaften im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und laufende Leistungen dürfen nur unter den Voraussetzungen der folgenden Absätze abgefunden werden.

(2) Der Arbeitgeber kann eine Anwartschaft ohne Zustimmung des Arbeitnehmers abfinden, wenn der Monatsbetrag der aus der Anwartschaft resultierenden laufenden Leistung bei Erreichen der vorgesehenen Altersgrenze 1 vom Hundert, bei Kapitalleistungen zwölf Zehntel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigen würde. Dies gilt entsprechend für die Abfindung einer laufenden Leistung. Die Abfindung einer Anwartschaft bedarf der Zustimmung des Arbeitnehmers, wenn dieser nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein neues Arbeitsverhältnis in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begründet und dies innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses seinem ehemaligen Arbeitgeber mitteilt. Die Abfindung ist unzulässig, wenn der Arbeitnehmer von seinem Recht auf Übertragung der Anwartschaft Gebrauch macht.

(3) Die Anwartschaft ist auf Verlangen des Arbeitnehmers abzufinden, wenn die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erstattet worden sind.

(4) Der Teil der Anwartschaft, der während eines Insolvenzverfahrens erdient worden ist, kann ohne Zustimmung des Arbeitnehmers abgefunden werden, wenn die Betriebstätigkeit vollständig eingestellt und das Unternehmen liquidiert wird.

(5) Für die Berechnung des Abfindungsbetrages gilt § 4 Abs. 5 entsprechend.

(6) Die Abfindung ist gesondert auszuweisen und einmalig zu zahlen.