Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2017 - II ZB 17/15

published on 21/02/2017 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2017 - II ZB 17/15
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 20 W 185/15, 12/11/2015

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 17/15
vom
21. Februar 2017
in der Handelsregistersache
ECLI:DE:BGH:2017:210217BIIZB17.15.0

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Februar 2017 durch die Richter Prof. Dr. Drescher, Wöstmann, Born, Dr. Bernau und die Richterin Grüneberg
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. November 2015 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter in dem am 3. Dezember 2013 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH. Geschäftsjahr der Gesellschaft ist ausweislich § 9 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages das Kalenderjahr.
2
Der Antragsteller hat vorgetragen, er habe unmittelbar nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Steuerberatungsgesellschaft mit der Erstellung der Jahresabschlüsse zu den satzungsmäßigen Geschäftsjahren beauftragt und dies dem Finanzamt sowie dem Sicherheitentreuhänder als größtem Gläubiger mitgeteilt.
3
Mit Schriftsatz an das Registergericht vom 27. Januar 2015, dort eingegangen am folgenden Tag, hat der Antragsteller erklärt, er melde sich in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter und teile folgendes mit: „1. Es wird ein Rumpfgeschäftsjahr beginnend mit der Eröff- nung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B. GmbH am 03. Dezember 2013 und endend am 31. Dezember 2013 festgesetzt. 2. Die nachfolgenden Geschäftsjahre werden ab dem 1. Januar 2014 auf das satzungsmäßige Geschäftsjahr, beginnend jeweils am 1. Januar eines Jahres und endend jeweils am 31. Dezember eines Jahres, festgesetzt.“
4
Das Registergericht hat nach weiterer Korrespondenz „die Anmeldung vom 27.01.2015, nach der die Änderung des Geschäftsjahres nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetragen werden soll,“ zurückgewiesen. Die Beschwerde des Antragstellers ist erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

5
Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Der Bundesgerichtshof habe in seinem Beschluss vom 14. Oktober 2014 (II ZB 20/13, ZIP 2015, 88) klargestellt, dass die Entscheidung des Insolvenzverwalters , zu dem bisherigen Geschäftsjahr zurückzukehren, nach außen er- kennbar werden müsse, was durch „Anmeldung zur Eintragung im Handelsre- gister […], aber auch durch eine sonstige Mitteilung an das Registergericht“ geschehen könne. Das Schreiben des Antragstellers vom 27. Januar 2015 wahre die maßgebliche Frist nicht, da zu diesem Zeitpunkt das mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft nach § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO am 3. Dezember 2013 begonnene neue Geschäftsjahr, bei dem es sich grundsätzlich auch um ein zwölf Monate dauerndes Geschäftsjahr handele, abgelaufen gewesen sei. Der Rechtspfleger habe zu Recht die von dem Antragsteller als zur Fristwahrung ausreichend angesehene Mitteilung der Geschäftsjahresveränderung gegenüber der Steuerberatungsgesellschaft, dem Finanzamt und dem Sicherheitentreuhänder als größtem Gläubiger nicht genügen lassen. Zwar sei nach Ansicht des Bundesgerichtshofs für die Wirksamkeit der Rückkehr zum bisherigen satzungsmäßigen Geschäftsjahr eine Eintragung in das Handelsregister nicht erforderlich. Erforderlich sei aber eine nach außen erkennbare, rechtsbegründende Entscheidung des Insolvenzverwalters gegenüber dem Registergericht, woran es hier fehle.

III.

7
Die aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthafte und auch im Übrigen gemäß § 70 Abs. 1, § 71 FamFG zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Der Beschluss des Beschwerdegerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
8
Das Beschwerdegericht hat mit Recht angenommen, dass die Verlautbarung des Insolvenzverwalters gegenüber der Steuerberatungsgesellschaft, dem Finanzamt und dem Sicherheitentreuhänder als größtem Gläubiger innerhalb des ersten Jahres seinen Willen, wieder zu dem für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltenden, hier in der Satzung bestimmten Geschäftsjahresrhythmus zurückzukehren, nicht ausreichend nach außen erkennbar werden ließ und die Mitteilung des Antragstellers vom 27. Januar 2015 gegenüber dem Registergericht nicht mehr zur Rückkehr zum satzungsmäßigen Geschäftsjahr führte.
9
1. Die innerhalb des ersten Geschäftsjahrs nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte Verlautbarung des Antragstellers zur Rückkehr zum satzungsmäßigen Geschäftsjahr der Gesellschaft gegenüber der Steuerberatungsgesellschaft , dem Finanzamt und dem Sicherheitentreuhänder ist nicht ausreichend.
10
Die Entscheidung des Insolvenzverwalters, das Geschäftsjahr umzustellen , muss nach außen erkennbar werden. Das kann allein durch eine Anmeldung zur Eintragung im Handelsregister oder eine sonstige Mitteilung an das Registergericht geschehen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2014 - II ZB 20/13, ZIP 2015, 88 Rn. 13). Wenn im Handelsregister nur der Insolvenzvermerk verlautbart ist, ist davon auszugehen, dass das mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO begonnene neue Geschäftsjahr weiter läuft und sich dieser Geschäftsjahresrhythmus fortsetzt. Die Rückkehr zum vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltenden Geschäftsjahresrhythmus muss der Insolvenzverwalter daher gegenüber dem Registergericht erkennbar machen, auch wenn er erst später einen Eintragungsantrag stellt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Eintragung nachgeholt werden, weil sie nicht konstitutiv für die Umstellung des Geschäftsjahrs ist (BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2014 - II ZB 20/13, ZIP 2015, 88 Rn. 15 ff.). Die Kundgabe des Willens zur Rückkehr zum satzungsmäßigen Kalenderjahr nur gegenüber dem Steuerberater, dem Wirtschaftsprüfer, dem Fi- nanzamt, einem Gläubiger oder anderen Personen genügt diesen Anforderungen nicht.
11
2. Die Mitteilung des Antragstellers zur Rückkehr zum satzungsmäßigen Geschäftsjahr der Gesellschaft gegenüber dem Registergericht vom 27. Januar 2015 erst nach Ablauf des ersten, mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 3. Dezember 2013 begonnenen Geschäftsjahrs ist verspätet. Die Entscheidung des Insolvenzverwalters, das mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO begonnene neue Geschäftsjahr zu ändern, muss noch während des ersten laufenden Geschäftsjahrs nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffen und nach außen erkennbar werden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2014 - II ZB 20/13, ZIP 2015, 88 Rn. 13).
12
Der Rechtsbeschwerde kann auch nicht zum Erfolg verhelfen, dass sich der Antragsteller unmittelbar nach der Veröffentlichung des Senatsbeschlusses in der Fachpresse mit Schriftsatz vom 27. Januar 2015 an das Registergericht gewandt hat. Die rückwirkende Änderung eines bereits abgeschlossenen Geschäftsjahrs nach Insolvenzeröffnung ist nicht möglich.
Drescher Wöstmann Born Bernau Grüneberg
Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 04.05.2015 - HRB 50591 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 12.11.2015 - 20 W 185/15 -
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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten: 1. die

(1) Handels- und steuerrechtliche Pflichten des Schuldners zur Buchführung und zur Rechnungslegung bleiben unberührt. In bezug auf die Insolvenzmasse hat der Insolvenzverwalter diese Pflichten zu erfüllen. (2) Mit der Eröffnung des Insolvenzverfa
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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten: 1. die

(1) Handels- und steuerrechtliche Pflichten des Schuldners zur Buchführung und zur Rechnungslegung bleiben unberührt. In bezug auf die Insolvenzmasse hat der Insolvenzverwalter diese Pflichten zu erfüllen. (2) Mit der Eröffnung des Insolvenzverfa
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published on 14/10/2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I I Z B 2 0 / 1 3 vom 14. Oktober 2014 in der Handelsregistersache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 155 Abs. 2 Der Insolvenzverwalter ist befugt, den mit der Eröffnung des Insolvenzverfa
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(1) Handels- und steuerrechtliche Pflichten des Schuldners zur Buchführung und zur Rechnungslegung bleiben unberührt. In bezug auf die Insolvenzmasse hat der Insolvenzverwalter diese Pflichten zu erfüllen.

(2) Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt ein neues Geschäftsjahr. Jedoch wird die Zeit bis zum Berichtstermin in gesetzliche Fristen für die Aufstellung oder die Offenlegung eines Jahresabschlusses nicht eingerechnet.

(3) Für die Bestellung des Abschlußprüfers im Insolvenzverfahren gilt § 318 des Handelsgesetzbuchs mit der Maßgabe, daß die Bestellung ausschließlich durch das Registergericht auf Antrag des Verwalters erfolgt. Ist für das Geschäftsjahr vor der Eröffnung des Verfahrens bereits ein Abschlußprüfer bestellt, so wird die Wirksamkeit dieser Bestellung durch die Eröffnung nicht berührt.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und
2.
die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge);
2.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die Rechtsbeschwerde- und die Begründungsschrift sind den anderen Beteiligten bekannt zu geben.

(1) Handels- und steuerrechtliche Pflichten des Schuldners zur Buchführung und zur Rechnungslegung bleiben unberührt. In bezug auf die Insolvenzmasse hat der Insolvenzverwalter diese Pflichten zu erfüllen.

(2) Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt ein neues Geschäftsjahr. Jedoch wird die Zeit bis zum Berichtstermin in gesetzliche Fristen für die Aufstellung oder die Offenlegung eines Jahresabschlusses nicht eingerechnet.

(3) Für die Bestellung des Abschlußprüfers im Insolvenzverfahren gilt § 318 des Handelsgesetzbuchs mit der Maßgabe, daß die Bestellung ausschließlich durch das Registergericht auf Antrag des Verwalters erfolgt. Ist für das Geschäftsjahr vor der Eröffnung des Verfahrens bereits ein Abschlußprüfer bestellt, so wird die Wirksamkeit dieser Bestellung durch die Eröffnung nicht berührt.