Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2001 - II ZB 13/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von 12.500,00 DM in Anspruch. Das Landgericht hat ihr lediglich 1.179,24 DM zuerkannt. Gegen die Abweisung ihrer weitergehenden Klage hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt.Am letzten Tag der - verlängerten - Begründungsfrist, am 19. Februar 2001, ist bei dem Berufungsgericht ein Schriftsatz eingegangen, mit dem zunächst beantragt wurde, “das Aktivrubrum dahingehend zu ändern, daß nunmehr Kläger ist Herr L. F. ...”, Ehemann der Klägerin, dem diese ihre Ansprüche gegen die Beklagte abgetreten habe. Anschließend wurde der Antrag angekündigt, die Beklagte zu verurteilen, “an den Berufungskläger über den bereits zuerkannten Betrag hinaus ... weitere 11.320,76 DM zu zahlen”, für
den Berufungskläger um Prozeûkostenhilfe nachgesucht und die Berufung begründet. Nachdem das Gericht auf § 265 Abs. 2 ZPO hingewiesen hatte, ist der Antrag auf Änderung des Aktivrubrums mit der Begründung zurückgenommen worden, der Ehemann der Klägerin habe die Ansprüche an diese rückabgetreten.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin durch Beschluû vom 19. Juli 2001 als unzulässig verworfen, weil sie nicht fristgerecht begründet worden sei. Gegen diesen Beschluû wendet sich die Klägerin mit ihrer formell nicht zu beanstandenden sofortigen Beschwerde.
II.
Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Berufung der Klägerin war mangels fristgerechter Begründung unzulässig.
Der Schriftsatz vom 19. Februar 2001 kann auf Grund seines klaren und eindeutigen Inhalts nicht als Berufungsbegründung der Klägerin gelten. Darin wird allein der Ehemann der Klägerin als Berufungskläger, die Klägerin jedoch als bisherige Klägerin bezeichnet und zudem als Zeugin benannt. Daher kann entgegen dem Beschwerdevorbringen der Schriftsatz nicht als im Namen der Klägerin abgegebene Berufungsbegründung verstanden und die Benennung der Klägerin als Zeugin auch nicht als lediglich unzulässiger Beweisantritt angesehen werden.
Der Auslegungsgrundsatz, daû im Zweifel gewollt sei, was nach den Maûstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Inter-
essenlage entspricht (vgl. BGH, Urteile v. 10. März 1994 - IX ZR 152/93, NJW 1994, 1537, 1538, und 27. Juni 1996 - IX ZR 324/95, NJW 1996, 2799), auf den sich die Klägerin beruft, rechtfertigt regelmäûig keine Auslegung gegen den Wortlaut eines Vorbringens. Daû vorliegend ausnahmsweise etwas Anderes zu gelten hätte, ergibt die Beschwerde nicht. Deshalb kommt eine Auslegung der Berufungsbegründung als Beitritt des Ehemanns der Klägerin als Streithelfer zu deren Berufung nicht in Betracht. Das wird schon durch die Benennung der Klägerin als Zeugin ausgeschlossen.
Wie die Klägerin zutreffend ausführt, ist ihr Ehemann nicht wirksam in den Prozeû eingetreten, weil es an der nach § 265 Abs. 2 ZPO notwendigen Zustimmung der Beklagten hierzu fehlte. Ebensowenig ist die Klägerin aus dem Prozeûrechtsverhältnis ausgeschieden. Das alles hilft ihr jedoch nicht. Denn eine ihr zuzurechnende rechtzeitige Berufungsbegründung liegt nicht vor. Die
Klägerin hat sich die Berufungsbegründung vom 19. Februar 2001 zwar vorsorglich zu eigen gemacht, jedoch erst in der Beschwerde und damit nicht innerhalb der Begründungsfrist.
Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke
Annotations
(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten.
(2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so ist § 69 nicht anzuwenden.
(3) Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei.