Bundesgerichtshof Beschluss, 31. März 2003 - II ZB 12/01

published on 31/03/2003 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 31. März 2003 - II ZB 12/01
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 12/01
vom
31. März 2003
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 31. März 2003 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette,
Dr. Kurzwelly, Münke und Dr. Graf

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 29. Juni 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 50.000,00 DM = 25.564,59

Gründe:


I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Herausgabe von Akten und Abtretung von Forderungen in Anspruch, die der Rechtsanwaltskanzlei zustehen, die die Klägerin mit dem Ehemann der Beklagten bis zu dessen Tod gemeinsam betrieben hatte. Die Beklagte verlangt widerklagend, daß die Klägerin an der Aufstellung einer Auseinandersetzungsbilanz mitwirken und ihr das sich daraus ergebende Auseinandersetzungsguthaben auszahlen solle. Mit Urteil
vom 13. September 2000 hat das Landgericht die Beklagte zur Abtretung der Forderungen verurteilt, die Klage im übrigen aber ebenso wie die Widerklage abgewiesen. Nachdem zwei Versuche, das Urteil dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis zuzustellen, gescheitert waren, erfolgte die Zustellung am 12. Februar 2001 durch die Post. Ausweislich der Zustellungsurkunde wurde die Sendung der Rechtsanwalts- und Notargehilfin C. K. übergeben und der Tag der Zustellung auf der Sendung vermerkt. Tatsächlich war das Datum der Zustellung in die dafür vorgesehene Rubrik auf dem in der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten verbliebenen Briefumschlag nicht eingetragen worden. Der Umschlag wurde von der Rechtsanwalts- und Notargehilfin K. mit dem Eingangsstempel der Kanzlei versehen, allerdings mit dem Datum des 13. Februar 2001. Die Beklagte hat unter dem 13. März 2001 Berufung gegen das Urteil vom 13. September 2000 eingelegt und sie nach entsprechender Fristverlängerung am 15. Mai 2001 begründet. Nach gerichtlichem Hinweis, daß die Zulässigkeit des Rechtsmittels zweifelhaft sei, hat sie fristgerecht wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags durch Beschluß als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig, §§ 519 b Abs. 2, 577 Abs. 2 ZPO a.F., und begründet. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Berufung erst nach Ablauf der Berufungsfrist eingelegt worden ist. Die Einlegung am 13. März 2001 war rechtzeitig, weil die Zustellung vom 12. Februar 2001 gegen zwingende Zustellungsvorschriften verstoßen und daher die Beru-
fungsfrist nicht in Gang gesetzt hatte. Die Berufungsfrist begann erst am 13. Februar 2001.
1. Bei Zustellung durch die Post ist von dem Postbediensteten eine Ur- kunde aufzunehmen, in der er bezeugt, daß die ihrer Anschrift und ihrer Geschäftsnummer nach bezeichnete Sendung sowie eine Abschrift der Zustellungsurkunde übergeben worden sind, § 195 Abs. 2 Satz 1 ZPO a.F.. Die Übergabe einer Abschrift der Zustellungsurkunde kann dadurch ersetzt werden, daß der Postbedienstete den Tag der Zustellung auf der Sendung vermerkt und dies in der Zustellungsurkunde bezeugt, § 195 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.. Der Vermerk des Zustellungsdatums auf der Sendung ist ein für die Zustellung notwendiges, urkundlich zu bezeugendes Surrogat für die Übergabe der Abschrift der Zustellungsurkunde ; zum Schutze des Zustellungsempfängers, der die an die Zustellung geknüpfte Rechtsfolge für und gegen sich gelten lassen muß, ist es erforderlich , daß ihm der Tag der Zustellung in Übereinstimmung mit der Zustellungsurkunde bekannt gegeben wird (BVerwG, Urt. v. 7. November 1979 - 6 C 47/78, NJW 1980, 1482). Es handelt sich um eine zwingende Zustellungsvorschrift , deren Nichteinhaltung zwar nicht ohne weiteres zur Unwirksamkeit der Zustellung führt, § 187 Satz 1 ZPO a.F., aber zur Folge hat, daß sie den Lauf von Notfristen, zu denen die Berufungsfrist gehört, nicht in Gang setzt, § 187 Satz 2 ZPO a.F. (vgl. Beschl. des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes v. 9. November 1976 - GemS-OGB 2/75, BGHZ 67, 355; BVerwG aaO).
2. Der Postbedienstete hat, wie der Text der Zustellungsurkunde ergibt, bei der Zustellung des Urteils von der Möglichkeit des § 195 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. Gebrauch machen wollen, das Zustellungsdatum jedoch nicht auf der Sendung vermerkt. Damit ist die Zustellung zwar wirksam, hat aber die Berufungs-
frist nicht in Lauf setzen können. Diese Frist begann gemäß § 516 ZPO a.F. mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung des Urteils, also am 13. Februar 2001. Die am 13. März 2001 bei Gericht eingegangene Berufung der Beklagten war damit rechtzeitig.
Da es einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter diesen Umständen nicht bedurfte, ist die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs durch das Berufungsgericht gegenstandslos.
III. Die Sache ist unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses entsprechend § 565 ZPO a.F. an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die - aus seiner Sicht mit Recht - nicht geprüfte Frage der Begründetheit der Berufung klärt.
Röhricht Goette Kurzwelly
Münke Graf
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Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Z

(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen. (2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung

Das Prozessgericht kann zusätzlich anordnen, dass die Benachrichtigung einmal oder mehrfach im Bundesanzeiger oder in anderen Blättern zu veröffentlichen ist.
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Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Z

(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen. (2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung

Das Prozessgericht kann zusätzlich anordnen, dass die Benachrichtigung einmal oder mehrfach im Bundesanzeiger oder in anderen Blättern zu veröffentlichen ist.
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published on 15/02/2016 00:00

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 13. August 2015 - 3 K 373/15 - wird verworfen.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert für das Beschwerdeverfahr
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Annotations

(1) Sind die Parteien durch Anwälte vertreten, so kann ein Dokument auch dadurch zugestellt werden, dass der zustellende Anwalt das Dokument dem anderen Anwalt übermittelt (Zustellung von Anwalt zu Anwalt). Auch Schriftsätze, die nach den Vorschriften dieses Gesetzes vom Amts wegen zugestellt werden, können stattdessen von Anwalt zu Anwalt zugestellt werden, wenn nicht gleichzeitig dem Gegner eine gerichtliche Anordnung mitzuteilen ist. In dem Schriftsatz soll die Erklärung enthalten sein, dass von Anwalt zu Anwalt zugestellt werde. Die Zustellung ist dem Gericht, sofern dies für die zu treffende Entscheidung erforderlich ist, nachzuweisen. Für die Zustellung von Anwalt zu Anwalt gelten § 173 Absatz 1 und § 175 Absatz 2 Satz 1 entsprechend.

(2) Zum Nachweis der Zustellung eines Schriftstücks genügt das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis desjenigen Anwalts, dem zugestellt worden ist. § 175 Absatz 4 gilt entsprechend. Die Zustellung eines elektronischen Dokuments ist durch ein elektronisches Empfangsbekenntnis in Form eines strukturierten Datensatzes nachzuweisen. Der Anwalt, der zustellt, hat dem anderen Anwalt auf Verlangen eine Bescheinigung über die Zustellung zu erteilen.

Das Prozessgericht kann zusätzlich anordnen, dass die Benachrichtigung einmal oder mehrfach im Bundesanzeiger oder in anderen Blättern zu veröffentlichen ist.

(1) Sind die Parteien durch Anwälte vertreten, so kann ein Dokument auch dadurch zugestellt werden, dass der zustellende Anwalt das Dokument dem anderen Anwalt übermittelt (Zustellung von Anwalt zu Anwalt). Auch Schriftsätze, die nach den Vorschriften dieses Gesetzes vom Amts wegen zugestellt werden, können stattdessen von Anwalt zu Anwalt zugestellt werden, wenn nicht gleichzeitig dem Gegner eine gerichtliche Anordnung mitzuteilen ist. In dem Schriftsatz soll die Erklärung enthalten sein, dass von Anwalt zu Anwalt zugestellt werde. Die Zustellung ist dem Gericht, sofern dies für die zu treffende Entscheidung erforderlich ist, nachzuweisen. Für die Zustellung von Anwalt zu Anwalt gelten § 173 Absatz 1 und § 175 Absatz 2 Satz 1 entsprechend.

(2) Zum Nachweis der Zustellung eines Schriftstücks genügt das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis desjenigen Anwalts, dem zugestellt worden ist. § 175 Absatz 4 gilt entsprechend. Die Zustellung eines elektronischen Dokuments ist durch ein elektronisches Empfangsbekenntnis in Form eines strukturierten Datensatzes nachzuweisen. Der Anwalt, der zustellt, hat dem anderen Anwalt auf Verlangen eine Bescheinigung über die Zustellung zu erteilen.

(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.

(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.

(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.

Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.