Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Apr. 2011 - I ZR 19/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet.
- 2
- 1. Der Beklagte rügt ohne Erfolg, das Senatsurteil vom 20. Januar 2011 (I ZR 19/09, GRUR 2011, 328 = WRP 2011, 470 - Destructive Emotions) berücksichtige nicht hinreichend seinen Vortrag, das im Streitfall vereinbarte Nettoseitenhonorar von 19 € habe für sich genommen erheblich über dem im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages üblichen und angemessenen Seitenhonorar gelegen, so dass die im Streitfall vereinbarte Absatzvergütung - die unterhalb der nach Ansicht des Senats normalerweise angemessenen Absatzvergütung liegt - angemessen erscheine.
- 3
- Der Senat hat den Vortrag des Beklagten berücksichtigt, dass die von ihm herangezogenen Empfehlungen, Gutachten und Umfragen für durchschnittliche oder mittelschwere Übersetzungen Normseitenvergütungen von 15,50 € bis 17,90 € nennen (GRUR 2011, 328 Rn. 49). Dabei mag es sich um das übli- che oder durchschnittliche Seitenhonorar handeln. Dieses ist nach Auffassung des Senats aber nicht mit dem angemessenen Seitenhonorar gleichzusetzen.
- 4
- Der Senat hat ausgeführt, dass es nicht nur ein einziges angemessenes Seitenhonorar gibt, sondern eine ganze Bandbreite von Seitenhonoraren, die im Einzelfall als angemessen anzusehen sein können. Nur ein Seitenhonorar, das außerhalb dieser Bandbreite liegt, weil es vom durchschnittlichen Seitenhonorar außergewöhnlich weit abweicht, kann eine Erhöhung oder eine Verringerung der Absatzvergütung rechtfertigen. Eine Veränderung der Absatzvergütung ist dagegen nicht veranlasst, wenn das vereinbarte Normseitenhonorar zwar vom durchschnittlichen Normseitenhonorar abweicht, aber noch angemessen ist (GRUR 2011, 328 Rn. 31).
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- Der Senat hat weiter ausgeführt, dass die vereinbarte Normseitenvergütung von 19 € mit Blick auf die von den Empfehlungen, Gutachten und Umfragen genannten Normseitenvergütungen von 15,50 € bis 17,90 € zwar möglicherweise als überdurchschnittlich, nicht aber als unangemessen hoch angesehen werden kann (GRUR 2011, 328 Rn. 50). Er hat eine Verringerung der normalerweise angemessenen Absatzvergütung deshalb nicht für gerechtfertigt gehalten.
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- Es verletzt nicht den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör, dass der Senat seine Rechtsansicht nicht geteilt, sondern zwischen dem üblichen und einem angemessenen Seitenhonorar unterschieden hat.
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- 2. Der Beklagte macht vergeblich geltend, es verletze ihn in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör, dass der Senat ihn gemäß Ziffer II 5 des Urteilstenors verurteilt habe, dahingehend in eine Abänderung des mit dem Kläger geschlossenen Übersetzervertrages einzuwilligen, dass der Übersetzer an den Erlösen aus der Einräumung oder Übertragung von Rechten auf Dritte mit einem Fünftel des Autorenanteils beteiligt sei. Der Senat habe seinen Vortrag nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Anteil von 60% bzw. 70% des Erlöses aus der Verwertung von Nebenrechten nicht vollständig dem Originalautor zufließe , sondern auch seinem Verlag bzw. seiner Agentur, die in der Regel 30% bzw. 15% vom Autorenanteil erhielten.
- 8
- Das vom Beklagten als übergangen gerügte Vorbringen ist nicht entscheidungserheblich für seine Verurteilung gemäß Ziffer II 5 des Urteilstenors. Der Senat hat deutlich gemacht, dass die Beteiligung des Übersetzers an den Nettoerlösen aus der Vergabe von Nebenrechten mit dem Grundsatz im Einklang stehen muss, dass es erforderlich, aber auch ausreichend ist, die Übersetzervergütung auf ein Fünftel der Autorenvergütung zu ermäßigen, um der gegenüber dem Originalwerk in aller Regel nachgeordneten schöpferischen und wirtschaftlichen Bedeutung der Übersetzung gerecht zu werden (GRUR 2011, 328 Rn. 41). Er hat deshalb entschieden, dass die angemessene Beteiligung des Übersetzers an Erlösen, die der Verlag dadurch erzielt, dass er Dritten das Recht zur Nutzung des übersetzten Werkes einräumt oder überträgt, grundsätzlich ein Fünftel der Beteiligung des Autors des fremdsprachigen Werkes beträgt (GRUR 2011, 328 Rn. 42). Er hat den Beklagten dementsprechend verurteilt, in die Abänderung des Übersetzungsvertrages dahingehend einzuwilligen, dass der Kläger an den Erlösen aus der Einräumung oder Übertragung von Rechten auf Dritte mit einem Fünftel des Autorenanteils beteiligt ist (Ziffer II 5 des Urteilstenors
).
- 9
- 3. Soweit der Beklagte die Beispielsrechnung in Randnummer 40 des Senatsurteils in Frage stellt, macht er keine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend.
Bornkamm Pokrant Schaffert
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 11.10.2007 - 7 O 23652/06 -
OLG München, Entscheidung vom 27.11.2008 - 29 U 5320/07 -
Annotations
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.