Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2013 - I ZR 151/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet.
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- I. Die Beklagten machen ohne Erfolg geltend, der Senat habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil er in der mündlichen Verhandlung am 10. Januar 2013 nicht darauf hingewiesen habe, dass er die Frage einer Verletzung des Vervielfältigungsrechts im zweiten Revisionsverfahren nach anderen Maßstäben als im ersten Revisionsverfahren beurteilen werde. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat der Senat in beiden Revisionsverfahren denselben Prüfungsmaßstab angelegt.
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- Der Senat hat in seiner ersten Revisionsentscheidung ausgeführt, dass es für die Frage, wer Hersteller einer Vervielfältigung ist, zunächst allein auf eine technische Betrachtung ankommt. Die Vervielfältigung ist als körperliche Festlegung eines Werkes ein rein technisch-mechanischer Vorgang. Hersteller der Vervielfältigung ist daher derjenige, der diese körperliche Festlegung tech- nisch bewerkstelligt. Hat der Hersteller die Vervielfältigung allerdings nicht für den eigenen Gebrauch, sondern für einen Dritten angefertigt, ist diese Vervielfältigung dem Dritten zuzurechnen, wenn der Hersteller sich darauf beschränkt, als dessen „notwendiges Werkzeug“ tätig zu werden (BGH, Urteil vom 22. April 2009 - I ZR 175/07, ZUM 2009, 765 Rn. 15-17).
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- In seiner zweiten Revisionsentscheidung hat der Senat ausgeführt, dass die - beim Vorliegen mehrerer Kundenaufträge zur Aufnahme einer Sendung zu gleicher Zeit zunächst erfolgende - Speicherung von Sendungen der Klägerin auf dem Aufnahmeserver eine unbefugte Vervielfältigung durch die Beklagte zu 1 darstellt. Hersteller dieser Vervielfältigung ist zwar der Nutzer, der diese körperliche Festlegung technisch bewerkstelligt. Da die Vervielfältigung nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen jedoch nicht dem privaten Gebrauch dieses Nutzers dient, sondern von der Beklagten zu 1 als zentra- le Kopiervorlage („Masterkopie“) für die Herstellung von kundenindividuellen Vervielfältigungen auf kundenindividuellen Speicherplätzen des Fileservers verwendet wird, ist sie der Beklagten zu 1 zuzurechnen, die sich dieses Nutzers gleichsam als eines „Werkzeugs“ zur Herstellung der „Masterkopie“ bedient (vgl. BGH, Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 151/11, juris Rn. 18).
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- II. Die Beklagte macht weiter vergeblich geltend, der Senat habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil er in der mündlichen Verhandlung am 10. Januar 2013 nicht darauf hingewiesen habe, dass er - anders als das Berufungsgericht - von einer Verletzung des Vervielfältigungsrechts ausgehe.
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- Entgegen der Darstellung der Beklagten hat der Senatsvorsitzende in der mündlichen Verhandlung am 10. Januar 2013 darauf hingewiesen, dass eine Verletzung des der Klägerin zustehenden Vervielfältigungsrechts im Blick auf die Feststellungen des Berufungsgerichts zur technischen Ausgestaltung des von der Beklagten zu 1 angebotenen Internetvideorecorders „Save-TV“ zu be- jahen sein könnte und dieses Angebot daher insoweit möglicherweise anders zu beurteilen ist als das in den beiden Parallelverfahren I ZR 152/11 und I ZR 153/11 in Rede stehende Angebot des Internetvideorecorders „Shift.TV“.
Bornkamm Pokrant Büscher
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 09.05.2007 - 5 O 2123/06 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 12.07.2011 - 14 U 801/07 -
Annotations
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.