Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Okt. 2003 - I ZB 9/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe:
I. Für die Markeninhaberin ist seit dem 28. April 1995 die Marke Nr. 2 905 136
S100
für Reinigungs-, Pflege-, Wasch- und Poliermittel sowie Reinigungs-, Pflege-, Wasch- und Poliertücher und -schwämme für Fahrzeuge, insbesondere für Motorräder , eingetragen.
Die Antragstellerin, ein mittelständisches Unternehmen mit etwa achtzig Mitarbeitern , begehrt die Löschung dieser und einer weiteren für die Markeninhaberin
eingetragenen Marke (P21S), weil die Markeninhaberin bei der Anmeldung der Marken bösgläubig gewesen sei. Die Marke „P21S“, die für Reinigungs-, Pflege-, Wasch- und Poliermittel sowie Reinigungs-, Pflege-, Wasch- und Poliertücher und -schwämme für Fahrzeuge, insbesondere für Personenkraftfahrzeuge, eingetragen ist, ist Gegenstand eines Parallelverfahrens (I ZB 8/01).
Die Antragstellerin stellt seit 1976 einen Flüssigreiniger für Leichtmetallräder und seit 1980 einen Reiniger zur selbsttätigen Komplettreinigung von Motorrädern her. Das Reinigungsmittel für Leichtmetallräder vertreibt sie unter der Bezeichnung „P21S“, den Motorradreiniger unter der Bezeichnung „S100“. 1984 beschloß sie, diese beiden Produkte auch in die USA zu exportieren. Zu diesem Zweck arbeitete sie mit der dort ansässigen (späteren) Markeninhaberin zusammen, die vereinbarungsgemäß den Vertrieb der beiden Produkte in den USA übernahm und „P21S“ und „S100“ als eigene Marken beim US-Patent- und Markenamt eintragen ließ.
1992 endete die Zusammenarbeit der beiden Unternehmen im Streit. Die Antragstellerin stellte die Belieferung der Markeninhaberin mit den Produkten „S100“ und „P21S“ ein. Ihr Versuch, die beiden US-Marken „S100“ und „P21S“ auf sich übertragen zu lassen, schlug fehl. Seit Mai 1992 vertreibt vielmehr die Markeninhaberin in den USA unter diesen Zeichen zwei entsprechende Produkte – einen Motorradreiniger und ein Reinigungsmittel für Leichtmetallräder –, die sie in Deutschland von einem Wettbewerber der Antragstellerin herstellen und mit den Zeichen „S100“ bzw. „P21S“ versehen läßt.
Am 1. Oktober 1994 meldete die Markeninhaberin die Zeichen „S100“ und „P21S“ beim Deutschen Patentamt zur Eintragung als Warenzeichen an und erklärte sich nach einer entsprechenden Anfrage hinsichtlich beider Anmeldungen mit einer Zeitrangverschiebung auf den 1. Januar 1995 einverstanden. Daraufhin
wurden beide Zeichen mit diesem Zeitrang in das Markenregister eingetragen. Auch die Antragstellerin meldete noch 1994 „S100“ und „P21S“ beim Deutschen Patentamt zur Eintragung an. Nachdem sie sich ebenfalls mit einer Zeitrangverschiebung auf den 1. Januar 1995 einverstanden erklärt hatte, wurden beide Zeichen auch für sie in das Markenregister eingetragen, und zwar „S100“ für „Rostund Korrosionsschutzmittel, insbesondere für Motorräder; Putz-, Polier-, Fettentfernungs - und Schleifmittel, insbesondere zur Anwendung bei Kraftfahrzeugen“, und „P21S“ für „Rostschutzmittel, insbesondere Felgenschutzmittel, Färbemittel, insbesondere Reifenfärbemittel und Reifenglanz; Putz-, Polier-, Fettentfernungsund Schleifmittel, insbesondere Metallreiniger und Felgenreiniger“.
Die Markeninhaberin vertreibt die beiden mit den Marken „S100“ und „P21S“ versehenen Produkte in erster Linie in den USA. Der zu ihren Kunden zählende Motorradhersteller Harley-Davidson verkauft jedoch die bei der Markeninhaberin in den USA erworbenen, mit dem Zeichen „S100“ versehenen Motorradreiniger auch in Deutschland. Nachdem die deutsche Tochtergesellschaft von Harley-Davidson von der Antragstellerin abgemahnt worden war, hat ihr die Markeninhaberin rückwirkend eine Lizenz für die Benutzung der im Streit stehenden Marke „S100“ erteilt.
Die Antragstellerin hat vorgetragen, sie habe an der Bezeichnung „S100“ einen wertvollen, schutzwürdigen Besitzstand erworben. Die Umsätze mit dem entsprechenden Motorradreiniger hätten von 1989 bis 1995 insgesamt über 8 Mio. DM betragen, und zwar 1989 etwa 0,79 Mio. DM und 1994 annähernd 1,6 Mio. DM, davon mehr als 90% in Deutschland. Der Werbeaufwand für das Produkt habe etwa 10% des Umsatzes ausgemacht. Im deutschen Motorradfachhandel sei das Produkt mit einem Marktanteil von 55% mit Abstand Marktführer. In Kenntnis dieses Besitzstandes habe die Markeninhaberin „S100“ angemeldet, um die An-
tragstellerin in ihrem Besitzstand zu stören und in wettbewerbswidriger Weise zu behindern. Die Markeninhaberin habe bösgläubig gehandelt.
Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patentamt Antrag auf Löschung der für die Markeninhaberin eingetragenen Marke „S100“ gestellt. Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag fristgerecht widersprochen.
Die Markeninhaberin hat vorgetragen, sie habe bei der Anmeldung keine Kenntnis von einem etwaigen (von ihr im übrigen bestrittenen) wertvollen Besitzstand der Antragstellerin gehabt. Die Anmeldung sei auch nicht in Behinderungsabsicht , sondern in Ausübung eines berechtigten Interesses, nämlich allein zu dem Zweck erfolgt, die Kennzeichnung des von einem dritten Hersteller bezogenen , für den Vertrieb in den USA bestimmten Motorradreinigers unbehelligt von denkbaren künftigen Schutzrechten der Antragstellerin an der Bezeichnung „S100“ zu ermöglichen. Die Markeninhaberin sei wegen der für die Antragstellerin mit gleichem Zeitrang eingetragenen Marke „S100“ auch rechtlich nicht in der Lage, die Antragstellerin in irgendeiner Weise zu behindern.
Die zuständige Markenabteilung des Deutschen Patentamts hat die Löschung der Marke beschlossen. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Markeninhaberin hat das Bundespatentgericht zurückgewiesen (BPatGE 43, 233 = GRUR 2001, 744).
Hiergegen richtet sich die (zugelassene) Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin. Die Antragstellerin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, daß die Markeninhaberin bei der Anmeldung bösgläubig gewesen und die Marke daher gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG zu löschen sei. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Bestimmung des § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG erfasse unter anderem auch die Fälle, in denen sich die Markenanmeldung als sittenwidriger Behinderungswettbewerb darstelle. Danach liege ein Löschungsgrund vor, wenn der Markeninhaber ein von einem Dritten verwendetes Zeichen in Kenntnis des erwirtschafteten Besitzstandes und mit dem Ziel, diesen Besitzstand zu stören, ohne hinreichenden sachlichen Grund als Marke für identische oder ähnliche Waren angemeldet habe. Die Antragstellerin habe zur Zeit der Anmeldung der angegriffenen Marke einen sowohl in tatsächlicher Hinsicht ausreichenden wie in rechtlicher Hinsicht schutzwürdigen Besitzstand an der Kennzeichnung „S100“ für Motorradreiniger erworben. Sie habe diese Bezeichnung seit 1980 ununterbrochen für einen Motorradreiniger benutzt und damit erhebliche Umsätze erzielt. Die Umsätze hätten einen erheblichen Anteil der Geschäftstätigkeit der Antragstellerin ausgemacht. Im Hinblick auf diese langjährige, von insgesamt steigenden Umsätzen gekennzeichnete und für das Unternehmen der Antragstellerin wichtige Benutzung des Zeichens „S100“ sei ein wirtschaftlich wertvoller, nicht unerheblicher Besitzstand der Antragstellerin zu bejahen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, daß es sich bei einem Motorradreiniger um ein verhältnismäßig spezielles Produkt für einen beschränkten Abnehmerkreis handele.
Der Besitzstand sei auch rechtlich schutzwürdig. Dem stehe nicht entgegen, daß nach dem zum Zeitpunkt der Anmeldung noch geltenden alten Recht Zeichen, die ausschließlich aus Zahlen oder einzelnen Buchstaben bestanden hätten, grundsätzlich von der Eintragung ausgeschlossen gewesen seien und daß dieses Eintragungshindernis auch auf Kombinationen von Zahlen und einzelnen Buchstaben erstreckt worden sei. Dieser erweiternden Auslegung habe bereits seit dem 1. Januar 1993 die – erst zum 1. Januar 1995 mit zweijähriger Verspätung in nationales Recht umgesetzte – Markenrechtsrichtlinie entgegengestanden, in der die
absoluten Schutzhindernisse abschließend geregelt seien und die ein solches Eintragungshindernis nicht kenne.
Die Markeninhaberin habe – so die Überzeugung des Beschwerdegerichts – zum Anmeldezeitpunkt hinreichende Kenntnis von dem schutzwürdigen Besitzstand der Antragstellerin an der Bezeichnung „S100“ gehabt. An den Nachweis einer solchen Kenntnis dürften keine hohen Anforderungen gestellt werden. Die angegriffene Marke sei von der Markeninhaberin auch mit dem Ziel einer Störung des Besitzstands der Antragstellerin angemeldet worden. Dem stehe nicht entgegen , daß die Markeninhaberin wegen der der Antragstellerin zustehenden zeitranggleichen identischen Marke „S100“ rechtlich nicht in der Lage sei, aus der im Streit stehenden Marke gegen die Antragstellerin vorzugehen. Für die Annahme einer Störung des Besitzstandes genüge es vielmehr, daß die Antragstellerin es im Falle des Bestands der Streitmarke hinnehmen müsse, daß Konkurrenzware in Deutschland mit der Marke „S100“ gekennzeichnet werde. Zwar werde die mit der angegriffenen Marke gekennzeichnete Konkurrenzware unmittelbar exportiert. Die Antragstellerin könnte aber nichts dagegen unternehmen, wenn die Markeninhaberin die mit der Marke „S100“ gekennzeichnete Konkurrenzware in Deutschland vertreibe oder – wie bereits im Fall Harley-Davidson geschehen – vertreiben lasse.
Die Markeninhaberin habe auch kein eigenes schützenswertes Interesse an der Streitmarke, um den Bezug des Reinigungsmittels von einem anderen deutschen Hersteller abzusichern. Fraglich sei schon, ob die Markeninhaberin in Anbetracht des schutzwürdigen Besitzstands der Antragstellerin ein berechtigtes Interesse daran beanspruchen könne, daß ihre Konkurrenzware gerade in Deutschland mit der Marke „S100“ gekennzeichnet werde. Diese Kennzeichnung könne ebenso gut in den USA vorgenommen werden, auch wenn dies mit einem gewissen Mehraufwand verbunden sei. Entscheidend sei, daß die angegriffene Marke ihrer Inhaberin eine Rechtsmacht verleihe, die erheblich über das als Rechtferti-
gungsgrund für die Markenanmeldung angeführte Interesse an der markenrechtlichen Absicherung der Kennzeichnung von Exportwaren in Deutschland hinausreiche.
III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg. Mit Recht hat das Bundespatentgericht angenommen, daß die Markeninhaberin bei der Anmeldung der Marke „S100“ i.S. von § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG bösgläubig war.
1. Von einer Bösgläubigkeit des Anmelders i.S. von § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG ist – wie das Bundespatentgericht mit Recht ausgeführt hat – jedenfalls dann auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmißbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt ist (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 12/6581, S. 95 = Sonderheft Bl.f.PMZ S. 89). Das Markengesetz knüpft an die Rechtsprechung zum außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruch aus § 1 UWG oder § 826 BGB unter Geltung des Warenzeichengesetzes an. Die zu diesem Anspruch in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind auch zur Beurteilung der Bösgläubigkeit des Anmelders nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG heranzuziehen (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1997 – I ZR 95/95, GRUR 1998, 412, 414 = WRP 1998, 373 – Analgin; Urt. v. 10.8.2000 – I ZR 283/97, GRUR 2000, 1032, 1033 = WRP 2000, 1293 – EQUI 2000; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 50 Rdn. 29; Ingerl/Rohnke, Markengesetz , 2. Aufl., § 50 Rdn. 10).
Von einer sittenwidrigen Anmeldung kann allerdings nicht schon dann ausgegangen werden, wenn der Anmelder eines Kennzeichens weiß, daß ein anderer dasselbe Kennzeichen im Inland für gleiche Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben. Für eine Bejahung der Sittenwidrigkeit müssen vielmehr auf seiten des Anmelders besondere, die Unlauterkeit begründende Umstände hinzutreten. Sie können darin liegen, daß der Markenin-
haber das Zeichen ohne hinreichenden sachlichen Grund für gleiche Waren hat eintragen lassen und dabei in Kenntnis des schutzwürdigen Besitzstands des Vorbenutzers und mit dem Ziel gehandelt hat, den Vorbenutzer in seinem Besitzstand zu stören oder ihm den weiteren Zeichengebrauch zu sperren (BGH GRUR 2000, 1032, 1034 – EQUI 2000, m.w.N.).
2. Diese Voraussetzungen hat das Bundespatentgericht im Streitfall zutreffend bejaht.
a) Das Bundespatentgericht ist allerdings zu Unrecht davon ausgegangen, daß ein schützenswerter Besitzstand sich stets auf ein Zeichen beziehen muß, das zum Zeitpunkt der Benutzung hätte eingetragen werden können. Für eine solche Einschränkung besteht keine Veranlassung. Zwar handelte es sich bei den bislang entschiedenen Fällen durchweg um Sachverhalte, bei denen das Zeichen bereits zum Zeitpunkt der Benutzung hätte eingetragen werden können. Ein Bedürfnis nach einem Schutz vor einer bösgläubigen Markenanmeldung besteht aber auch und gerade in Fällen, in denen ein Eintragungshindernis durch eine Gesetzesänderung entfällt. Denn in diesen Fällen wäre der Vorbenutzer, der sich mit dem bislang nicht eintragungsfähigen Zeichen einen wertvollen Besitzstand erarbeitet hat, sonst wehrlos den Anmeldungen Dritter ausgesetzt, die sich mit demselben Zeitrang wie der Vorbenutzer dieses Zeichen eintragen lassen können. Bei einer Änderung der Rechtslage kann dem Vorbenutzer – anders als in Fällen, in denen sich die Benutzung auf ein eintragungsfähiges Zeichen bezieht – nicht vorgehalten werden, er habe es versäumt, das Zeichen rechtzeitig anzumelden.
Im Streitfall bedarf es daher keiner Klärung, ob nach Ablauf der für die Umsetzung der Markenrechtsrichtlinie gesetzten Frist am 1. Januar 1993 jedenfalls Kombinationen aus Zahlen und einzelnen Buchstaben – in Abkehr der bis dahin geübten, auf § 4 Abs. 2 Nr. 1 WZG gestützten deutschen Praxis – hätten eingetra-
gen werden müssen (vgl. zu Zahlwörtern BGH, Beschl. v. 3.6.1993 – I ZB 9/91, GRUR 1993, 825, 826 – Dos). Denn der Besitzstand, den die Antragstellerin erarbeitet hat, ist auch dann gegenüber einem bösgläubigen Anmelder schutzwürdig, wenn das in Rede stehende Zeichen vor dem 1. Januar 1995 nicht eintragungsfähig war.
b) Nach den vom Bundespatentgericht getroffenen Feststellungen verfügte die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Anmeldung (Oktober 1994) ebenso wie zu dem für den Zeitrang der Streitmarke maßgeblichen Zeitpunkt (1.1.1995) über einen wertvollen Besitzstand. Der Motorradreiniger „S100“ der Antragstellerin ist seit 1980 auf dem Markt. Die Umsätze bewegten sich bei durchweg steigender Tendenz in der ersten Hälfte der neunziger Jahre im Millionen-DM-Bereich. Was den Absatz über den Fachhandel angeht, war die Antragstellerin mit Abstand Marktführerin. Es unterliegt keinem Zweifel, daß ein solches im Markt hervorragend eingeführtes Produkt mit stetigen, wachsenden Absatzchancen für ein mittelständisches Unternehmen wie die Antragstellerin einen wertvollen Besitzstand darstellt. Auf die absoluten Stückzahlen der verkauften Produkte, die aus der Sicht der Rechtsbeschwerde eher unbedeutend sind, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
c) Die Feststellung des Bundespatentgerichts, der Geschäftsführer der Markeninhaberin habe Kenntnis von dem wertvollen Besitzstand gehabt, den sich die Antragstellerin mit ihrem Produkt „S100“ erarbeitet hatte, wird von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen und läßt auch sonst keinen Rechtsfehler erkennen.
d) Das Bundespatentgericht hat ferner angenommen, die Markeninhaberin habe die Streitmarke mit dem Ziel angemeldet, den Besitzstand der Antragstellerin zu stören. Auch diese Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
Dabei hat das Bundespatentgericht nicht verkannt, daß die Markeninhaberin die Streitmarke nicht dazu einsetzen kann, die Antragstellerin von der Benutzung ihres eigenen (identischen) Zeichens auszuschließen. Denn nach der Registerlage besteht zwischen den beiden „S100“-Marken eine Koexistenz: Die Parteien können diese Marken nicht einsetzen, um eine Benutzung des Zeichens durch den jeweils anderen Inhaber zu unterbinden. Die Ausschließlichkeitsrechte des Markeninhabers können in diesem Fall nur jeweils gegen Dritte eingesetzt werden.
Dennoch hat das Beschwerdegericht das Ziel der Besitzstandsstörung mit Recht bejaht. Es ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Markeninhaberin mit der Anmeldung der Streitmarke in Deutschland in erster Linie das Ziel verfolgt haben mag, den bisherigen Produktionsablauf ihres eigenen Motorradreinigers markenrechtlich abzusichern und zu verhindern, daß die Antragstellerin es ihr untersagt , diesen Reiniger in Deutschland in Behältnisse abfüllen zu lassen, die mit dem Zeichen „S100“ versehen sind. Das Bundespatentgericht hat auch zu Recht angenommen, daß allein durch diese Nutzung der (inländische) Besitzstand der Antragstellerin noch nicht tangiert wird. Von der Eintragung der Streitmarke geht aber darüber hinaus ein erhebliches Störpotential aus, weil sie der Markeninhaberin die Möglichkeit eröffnet, den eigenen Motorradreiniger unter dem eingeführten Namen des Produkts der Antragstellerin auch in deren Heimatmarkt anzubieten. Auch wenn diese Möglichkeit für die Markeninhaberin bei der Anmeldung der Streitmarke nicht im Vordergrund gestanden haben mag, zeigt doch die Erteilung der Lizenz an die deutsche Tochtergesellschaft von Harley-Davidson, daß die Markeninhaberin gewillt war, die Eintragung der Streitmarke einzusetzen, um ihr eigenes Produkt in Deutschland abzusetzen.
e) Zu Recht hat das Bundespatentgericht angenommen, daß sich die Markeninhaberin für die Anmeldung der Streitmarke nicht auf ein durchgreifendes eigenes berechtigtes Interesse stützen kann. Dabei kann offenbleiben, ob für das
berechtigte Interesse bereits ausreicht, daß es für die Markeninhaberin kostengünstiger ist, an der schon seit 1992 praktizierten Konfektionierung ihres Reinigungsmittels in Deutschland festzuhalten, statt die Reinigungsflüssigkeit in die USA zu transportieren und dort in mit dem Zeichen „S100“ versehene Behältnisse abzufüllen. Denn bei der Bewertung der Interessen der Markeninhaberin kann nicht außer Betracht bleiben, daß sie die ihr eingeräumte Rechtsposition dazu benutzt hat, den Absatz ihrer Produkte auch in Deutschland zu ermöglichen. Das berechtigte Interesse an der Eintragung der Streitmarke muß unberücksichtigt bleiben , wenn die Gefahr besteht, daß die Stellung als Markeninhaber dazu benutzt wird, weitere Vorteile aus der Eintragung zu ziehen, für die ein berechtigtes Interesse nicht geltend gemacht werden kann.
IV. Danach ist die gegen den Beschluß des Bundespatentgerichts gerichtete Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin mit der Kostenfolge aus § 90 Abs. 2 MarkenG zurückzuweisen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Die Eintragung einer Marke wird auf Antrag für nichtig erklärt und gelöscht, wenn sie entgegen §§ 3, 7 oder 8 eingetragen worden ist.
(2) Ist die Marke entgegen § 3, 7 oder 8 Absatz 2 Nummer 1 bis 13 eingetragen worden, so kann die Eintragung nur für nichtig erklärt und gelöscht werden, wenn das Schutzhindernis noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit besteht. § 8 Absatz 2 Nummer 1, 2 oder 3 findet im Nichtigkeitsverfahren keine Anwendung, wenn die Marke sich bis zu dem Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit infolge ihrer Benutzung für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat. Ist die Marke entgegen § 8 Absatz 2 Nummer 1, 2 oder 3 eingetragen worden, so kann die Eintragung nur dann gelöscht werden, wenn der Antrag auf Löschung innerhalb von zehn Jahren seit dem Tag der Eintragung gestellt wird.
(3) Die Eintragung einer Marke kann von Amts wegen für nichtig erklärt und gelöscht werden, wenn sie entgegen § 8 Abs. 2 Nummer 4 bis 14 eingetragen worden ist und
- 1.
das Nichtigkeitsverfahren innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren seit dem Tag der Eintragung eingeleitet wird, - 2.
das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nummer 4 bis 13 auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Erklärung der Nichtigkeit besteht und - 3.
die Eintragung ersichtlich entgegen den genannten Vorschriften vorgenommen worden ist.
(4) Liegt ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für die die Marke eingetragen ist, so wird die Eintragung nur für diese Waren oder Dienstleistungen für nichtig erklärt und gelöscht.
(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.
(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Die Eintragung einer Marke wird auf Antrag für nichtig erklärt und gelöscht, wenn sie entgegen §§ 3, 7 oder 8 eingetragen worden ist.
(2) Ist die Marke entgegen § 3, 7 oder 8 Absatz 2 Nummer 1 bis 13 eingetragen worden, so kann die Eintragung nur für nichtig erklärt und gelöscht werden, wenn das Schutzhindernis noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit besteht. § 8 Absatz 2 Nummer 1, 2 oder 3 findet im Nichtigkeitsverfahren keine Anwendung, wenn die Marke sich bis zu dem Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit infolge ihrer Benutzung für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat. Ist die Marke entgegen § 8 Absatz 2 Nummer 1, 2 oder 3 eingetragen worden, so kann die Eintragung nur dann gelöscht werden, wenn der Antrag auf Löschung innerhalb von zehn Jahren seit dem Tag der Eintragung gestellt wird.
(3) Die Eintragung einer Marke kann von Amts wegen für nichtig erklärt und gelöscht werden, wenn sie entgegen § 8 Abs. 2 Nummer 4 bis 14 eingetragen worden ist und
- 1.
das Nichtigkeitsverfahren innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren seit dem Tag der Eintragung eingeleitet wird, - 2.
das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nummer 4 bis 13 auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Erklärung der Nichtigkeit besteht und - 3.
die Eintragung ersichtlich entgegen den genannten Vorschriften vorgenommen worden ist.
(4) Liegt ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für die die Marke eingetragen ist, so wird die Eintragung nur für diese Waren oder Dienstleistungen für nichtig erklärt und gelöscht.
(1) Sind an dem Verfahren mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten des Verfahrens einschließlich der den Beteiligten erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Wahrung der Ansprüche und Rechte notwendig waren, einem Beteiligten ganz oder teilweise zur Last fallen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Die Bestimmung kann auch getroffen werden, wenn der Beteiligte die Rechtsbeschwerde, die Anmeldung der Marke, den Widerspruch oder den Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit ganz oder teilweise zurücknimmt oder wenn die Eintragung der Marke wegen Verzichts oder wegen Nichtverlängerung der Schutzdauer ganz oder teilweise im Register gelöscht wird. Soweit eine Bestimmung über die Kosten nicht getroffen wird, trägt jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst.
(2) Wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen oder als unzulässig verworfen, so sind die durch die Rechtsbeschwerde veranlaßten Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Hat ein Beteiligter durch grobes Verschulden Kosten veranlaßt, so sind ihm diese aufzuerlegen.
(3) Dem Präsidenten oder der Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts können Kosten nur auferlegt werden, wenn er oder sie die Rechtsbeschwerde eingelegt oder in dem Verfahren Anträge gestellt hat.
(4) Im Übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) entsprechend.