Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2009 - I ZB 7/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- I. Für den Markeninhaber ist am 13. Januar 2000 die Wortmarke "Jugendherberge" für die Dienstleistungen "Beherbergung von Gästen, Verpflegung, Veranstaltung von Reisen, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten" als durchgesetzte Marke eingetragen worden.
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- Die Antragstellerin hat die Löschung der Eintragung der Marke beantragt. Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 11. Oktober 2005 den Löschungsantrag zurückgewiesen.
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- Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Bundespatentgericht die Löschung der Marke angeordnet. Dagegen richtet sich die - vom Bundespatentgericht nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde des Markeninhabers, deren Zurückweisung die Antragstellerin beantragt.
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- II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
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- 1. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG auch ohne Zulassung durch das Bundespatentgericht statthaft, da der Markeninhaber den im Gesetz aufgeführten, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnenden Verfahrensmangel der Versagung rechtlichen Gehörs rügt und diese Rüge im Einzelnen begründet (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschl. v. 28.8.2003 - I ZB 5/03, GRUR 2004, 76 = WRP 2004, 103 - turkey & corn; Beschl. v. 1.3.2007 - I ZB 33/06, GRUR 2007, 534 Tz. 5 = WRP 2007, 643 - WEST).
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- 2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet. Das Verfahren vor dem Bundespatentgericht verletzt den Markeninhaber nicht in seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit haben, sich zu dem der gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht (vgl. BVerfGE 96, 205, 216 f. m. w. Nachw.).
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- a) Die Rechtsbeschwerde macht zwar einleitend geltend, dass sie sich gegen die Zurückweisung des vom Markeninhaber vorgelegten demoskopischen Gutachtens vom September 2008 wende. Sie führt diese Rüge jedoch nicht aus. Das Bundespatentgericht hat das Gutachten auch nicht zurückgewiesen , sondern ist ausführlich darauf eingegangen.
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- b) Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, das Bundespatentgericht habe keine inhaltlich und zeitlich ausreichenden Hinweise auf die seiner Auffassung nach fehlerhafte Ermittlung der beteiligten Verkehrskreise in dem vom Markeninhaber vorgelegten Gutachten gegeben. Das Bundespatentgericht war nicht verpflichtet, den Markeninhaber nach Einreichung des Gutachtens darauf hinzuweisen, dass es als beteiligte Verkehrskreise die Gesamtbevölkerung ansah und nicht, wie das Gutachten, die potentiellen Besucher von Jugendherbergen oder die Besucher von Jugendherbergen, die einen weiteren Jugendherbergsbesuch nicht ausschließen.
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- Ein Verfahrensbeteiligter muss grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen (BGH, Urt. v. 20.1.2000 - I ZB 50/97, GRUR 2000, 894 = WRP 2000, 1166 - Micro-PUR; Beschl. v. 6.10.2005 - I ZB 20/03, GRUR 2006, 152 = WRP 2006, 102 Tz. 13 - GALLUP). Dazu gehörte im vorliegenden Fall jedenfalls die nicht fernliegende Beurteilung, die Gesamtbevölkerung für den beteiligten Verkehrskreis zu halten.
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- Schon die Markenabteilung hatte angenommen, dass als beteiligter Verkehrskreis die Gesamtbevölkerung maßgeblich sei. Auch die Antragstellerin ist davon durchgängig in ihrem Vortrag ausgegangen und hat diese Bestimmung der beteiligten Verkehrskreise ausdrücklich als unstreitig angesehen. In seinem an die Verfahrensbeteiligten gerichteten Zwischenbescheid vom 30. April 2008 hat das Bundespatentgericht zudem deutlich gemacht, dass vom Begriffsinhalt der angemeldeten Bezeichnung nicht auf die potentiellen Nutzer der Dienstleistung geschlossen werden könne. Damit hat es ohne Weiteres erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass der Begriffsinhalt der Wortmarke "Jugendherberge" keine Bedeutung dafür hat, wie die Nutzer der für diese Marke angemeldeten Dienstleistungen, insbesondere Beherbergung von Gästen und Verpflegung, zu bestimmen sind. Es kommt hinzu, dass der Markeninhaber in seinem mit dem Gutachten eingereichten Schriftsatz vom 9. Oktober 2008 zunächst selbst noch davon ausgegangen ist, die Gesamtbevölkerung sei der maßgebliche Verkehrskreis , und erst im weiteren Verlauf dieses Schriftsatzes die engere Abgrenzung des Gutachtens übernahm.
- 11
- Unter diesen Umständen unterliegt keinem Zweifel, dass der Markeninhaber zumindest damit rechnen musste, das Bundespatentgericht werde die Gesamtbevölkerung als maßgeblichen Verkehrskreis ansehen und nicht, wie in dem Gutachten angenommen, die potentiellen Besucher von Jugendherbergen bzw. die Besucher von Jugendherbergen, die einen weiteren Besuch nicht ausschließen. Das Bundespatentgericht war deshalb nicht gehalten, dem Markeninhaber nach Vorlage des Gutachtens eine weitere Möglichkeit zur Ergänzung seines Vortrags oder zur Beibringung von Unterlagen zu gewähren.
- 12
- c) Auch im Übrigen hat das Bundespatentgericht zu Recht für eine weitere Aufklärung keinen Anlass gesehen. Es hat seine Feststellungen zur mangelnden Verkehrsdurchsetzung auf der Grundlage der Befragung der Gesamtbevölkerung getroffen, die dem Gutachten zu entnehmen war.
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- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG.
Koch Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 26.01.2009 - 25 W(pat) 8/06 -
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(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Bundespatentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 66 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat. Die Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.
(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde bedarf es nicht, wenn gerügt wird,
- 1.
daß das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, - 2.
daß bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, - 3.
daß einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, - 4.
daß ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, - 5.
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(1) Sind an dem Verfahren mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten des Verfahrens einschließlich der den Beteiligten erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Wahrung der Ansprüche und Rechte notwendig waren, einem Beteiligten ganz oder teilweise zur Last fallen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Die Bestimmung kann auch getroffen werden, wenn der Beteiligte die Rechtsbeschwerde, die Anmeldung der Marke, den Widerspruch oder den Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit ganz oder teilweise zurücknimmt oder wenn die Eintragung der Marke wegen Verzichts oder wegen Nichtverlängerung der Schutzdauer ganz oder teilweise im Register gelöscht wird. Soweit eine Bestimmung über die Kosten nicht getroffen wird, trägt jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst.
(2) Wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen oder als unzulässig verworfen, so sind die durch die Rechtsbeschwerde veranlaßten Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Hat ein Beteiligter durch grobes Verschulden Kosten veranlaßt, so sind ihm diese aufzuerlegen.
(3) Dem Präsidenten oder der Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts können Kosten nur auferlegt werden, wenn er oder sie die Rechtsbeschwerde eingelegt oder in dem Verfahren Anträge gestellt hat.
(4) Im Übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) entsprechend.