Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juli 2007 - I ZB 57/06
Gericht
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- I. Gegen die am 5. Juni 1998 angemeldete und am 14. Juli 1998 eingetragene Marke Nr. 398 31 525 in den Farben Schwarz, Weiß und Gold für "Wein und Schaumwein" hat die Widersprechende aus der für "Mineralwasser" mit Priorität vom 11. November 1985 eingetragenen Wortmarke Nr. 1 185 308 EVIAN Widerspruch eingelegt.
- 2
- Der Erstprüfer des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch zurückgewiesen. Auf die Erinnerung der Widersprechenden hat die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts die Eintragung der Marke gelöscht. Die Beschwerde der Markeninhaberin ist ohne Erfolg geblieben.
- 3
- Dagegen wendet sich die Markeninhaberin mit der (vom Bundespatentgericht nicht zugelassenen) Rechtsbeschwerde, mit der sie die Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt.
- 4
- II. Das Bundespatentgericht ist davon ausgegangen, dass die Widersprechende mit den von ihr verwendeten Flaschenetiketten eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht habe. Die Abweichungen der Etiketten von der Widerspruchsmarke durch Kleinschreibung, abweichende Schrifttypen und Hinzufügung eines stilisierten Bergmotivs bewirkten keine maßgebliche Veränderung des kennzeichnenden Charakters. In klanglicher Hinsicht sei die Ähnlichkeit der Kollisionsmarken groß. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei durch jahrelange intensive Benutzung erhöht. Da außerdem jedenfalls eine gewisse Warenähnlichkeit vorliege, beste- he eine beachtliche unmittelbare Verwechslungsgefahr. Die Entscheidungspraxis des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften und des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt gebe weder Anlass zu einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 234 EG noch zu einer Aussetzung des Verfahrens nach § 82 MarkenG i.V. mit § 148 ZPO.
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- III. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
- 6
- 1. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist auch ohne Zulassung statthaft, weil die Markeninhaberin einen im Gesetz aufgeführten, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnenden Verfahrensmangel - die Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG) - mit konkreter Begründung gerügt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 28.8.2003 - I ZB 5/03, GRUR 2004, 76 = WRP 2004, 103 - turkey & corn; Beschl. v. 1.3.2007 - I ZB 33/06, GRUR 2007, 534, 535 = WRP 2007, 643 - WEST).
- 7
- 2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet, weil der gerügte Verfahrensmangel nicht vorliegt.
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- a) Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit haben, sich zu dem der gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht (BVerfGE 83, 133, 144; BVerfG NJW-RR 2004, 1710, 1712). Diese Verfahrensgrundrechte der Markeninhaberin hat das Bundespatentgericht nicht verletzt.
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- b) Die Rechtsbeschwerde rügt als Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, das Beschwerdegericht habe übergangen, dass die Widersprechende ausschließlich die nationale französische und die IR-Marke, nicht aber die Widerspruchsmarke benutzt habe. Das Bundespatentgericht hat jedoch im Einzelnen begründet, warum die Verwendung auf dem Flaschenetikett der Widersprechenden eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke darstellte. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Widersprechende über eine den Flaschenetiketten vollständig entsprechende französische oder IR-Marke verfügt. Ein Verstoß des Bundespatentgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Dasselbe gilt, soweit das Bundespatentgericht aus der jahrelangen intensiven Benutzung der Widerspruchsmarke in Form der Flaschenetiketten auf eine erhöhte Kennzeichnungskraft geschlossen hat.
- 10
- c) Soweit die Markeninhaberin ihre Verfahrensrechte dadurch verletzt sieht, dass das Bundespatentgericht weitere Feststellungen mit der Begründung für entbehrlich gehalten habe, die erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei in den Markenverletzungsprozessen vor den Hamburger Gerichten zwischen den Beteiligten bereits rechtskräftig festgestellt worden, wird schon kein Gehörsverstoß gerügt.
- 11
- d) Die Rechtsbeschwerde meint weiter, das Bundespatentgericht habe Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, indem es zur Frage der erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke Glaubhaftmachung habe ausreichen lassen. Damit rügt die Rechtsbeschwerde ebenfalls keine Gehörsverletzung, sondern lediglich eine von ihrer Auffassung abweichende Rechtsansicht des Bundespatentgerichts.
- 12
- e) Das rechtliche Gehör der Markeninhaberin ist auch weder durch die vom Bundespatentgericht vorgenommene Würdigung eines Werbeprospekts zur parallelen Bewerbung von Wein und Mineralwasser noch durch eine fehlende Auseinandersetzung mit Ausführungen des Harmonisierungsamts zur Warenähnlichkeit von Wein und Wasser verletzt worden. Die Rechtsbeschwerde rügt insoweit wiederum eine nach ihrer Auffassung fehlerhafte Würdigung durch das Bundespatentgericht, womit sie im Verfahren der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben kann. Das Bundespatentgericht hat die Beschwerdeentscheidung des Harmonisierungsamts zur Kenntnis genommen und sich mit ihr auseinandergesetzt. Ebenso wenig liegt in der Rechtsansicht des Bundespatentgerichts, zwischen den Kollisionszeichen bestehe bereits beachtliche unmittelbare Verwechslungsgefahr, eine Gehörsverletzung. Nichts anderes gilt, soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das Bundespatentgericht habe rechtsfehlerhaft eine Aussetzung des Verfahrens nach § 82 MarkenG, § 148 ZPO abgelehnt.
- 13
- f) Schließlich liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Markeninhaberin auch nicht darin, dass das Bundespatentgericht die Ablehnung der Aussetzung mit fehlender Präjudizialität der Entscheidungen des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften und des Harmonisierungsamts für das vorliegende Verfahren begründet hat. Diese Rechtsansicht entspricht dem Wortlaut des § 148 ZPO und lässt eine fehlende Würdigung von Vortrag der Markeninhaberin nicht erkennen.
- 14
- IV. Danach ist die Rechtsbeschwerde auf Kosten der Markeninhaberin (§ 90 Abs. 2 MarkenG) zurückzuweisen.
Kirchhoff Bergmann
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 29.06.2006 - 26 W (pat) 93/02 -
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(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundespatentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen. § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden. Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht gilt für die Gebühren das Patentkostengesetz, für die Auslagen gilt das Gerichtskostengesetz entsprechend.
(2) Eine Anfechtung der Entscheidungen des Bundespatentgerichts findet nur statt, soweit dieses Gesetz sie zuläßt.
(3) Für die Gewährung der Akteneinsicht an dritte Personen ist § 62 Absatz 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. Über den Antrag entscheidet das Bundespatentgericht.
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Bundespatentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 66 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat. Die Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.
(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde bedarf es nicht, wenn gerügt wird,
- 1.
daß das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, - 2.
daß bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, - 3.
daß einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, - 4.
daß ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, - 5.
daß der Beschluß aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder - 6.
daß der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundespatentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen. § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden. Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht gilt für die Gebühren das Patentkostengesetz, für die Auslagen gilt das Gerichtskostengesetz entsprechend.
(2) Eine Anfechtung der Entscheidungen des Bundespatentgerichts findet nur statt, soweit dieses Gesetz sie zuläßt.
(3) Für die Gewährung der Akteneinsicht an dritte Personen ist § 62 Absatz 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. Über den Antrag entscheidet das Bundespatentgericht.
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
(1) Sind an dem Verfahren mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten des Verfahrens einschließlich der den Beteiligten erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Wahrung der Ansprüche und Rechte notwendig waren, einem Beteiligten ganz oder teilweise zur Last fallen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Die Bestimmung kann auch getroffen werden, wenn der Beteiligte die Rechtsbeschwerde, die Anmeldung der Marke, den Widerspruch oder den Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit ganz oder teilweise zurücknimmt oder wenn die Eintragung der Marke wegen Verzichts oder wegen Nichtverlängerung der Schutzdauer ganz oder teilweise im Register gelöscht wird. Soweit eine Bestimmung über die Kosten nicht getroffen wird, trägt jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst.
(2) Wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen oder als unzulässig verworfen, so sind die durch die Rechtsbeschwerde veranlaßten Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Hat ein Beteiligter durch grobes Verschulden Kosten veranlaßt, so sind ihm diese aufzuerlegen.
(3) Dem Präsidenten oder der Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts können Kosten nur auferlegt werden, wenn er oder sie die Rechtsbeschwerde eingelegt oder in dem Verfahren Anträge gestellt hat.
(4) Im Übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) entsprechend.