Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Okt. 2008 - I ZB 30/08
Gericht
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gegenstandswert: 1.015,10 €.
Gründe:
- 1
- I. Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin mit Schreiben ihrer anwaltlichen Bevollmächtigten vom 20. Juni 2007 wegen eines vermeintlichen Wettbewerbsverstoßes ab. Im anschließenden Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurden die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin auferlegt.
- 3
- Das Landgericht hat die Verfahrensgebühr lediglich in Höhe von 0,55 als erstattungsfähig angesehen. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.
- 4
- Mit ihrer (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag auf Festsetzung der nicht verminderten Verfahrensgebühr weiter.
- 5
- II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
- 6
- 1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
- 7
- Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG sei nur eine 0,55fache Verfahrensgebühr zu berücksichtigen. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift sei die Verfahrensgebühr und nicht die Geschäftsgebühr zu kürzen. Dabei genüge die bloße Entstehung der Geschäftsgebühr; darauf, ob die Gebührenrechnung über die Geschäftsgebühr beglichen sei, komme es nicht an.
- 8
- 2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
- 9
- a) Die im Vorfeld eines gerichtlichen Verfahrens entstandene Geschäftsgebühr kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 7.3.2007 - VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049 Tz. 12). Dementsprechend können weder die Kosten für eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung (vgl. BGH, Beschl. v. 20.10.2005 - I ZB 21/05, GRUR 2006, 439 Tz. 10 ff. = WRP 2006, 237 - Geltendmachung der Abmahnkosten, m.w.N. zum Streit- stand) noch die für die vorprozessuale Abwehr von Ansprüchen der Partei entstandene Gebühr nach Nr. 2300 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG Gegenstand einer Kostenfestsetzung nach §§ 103, 104 ZPO sein (vgl. BGH, Beschl. v. 22.1.2008 - VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323 Tz. 5).
- 10
- b) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, im Kostenfestsetzungsverfahren sei die volle Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG ohne die in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 der RVG vorgesehene Kürzung gegen die unterlegene Partei festzusetzen, wenn die Festsetzung der Geschäftsgebühr ausgeschlossen sei. Die in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgesehene Bestimmung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dahin zu verstehen, dass eine entstandene Geschäftsgebühr , die denselben Gegenstand betrifft, auch dann auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen ist, wenn die Geschäftsgebühr nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO berücksichtigt werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 14.8.2008 - I ZB 103/07; BGH NJW 2008, 1323 Tz. 10 m.w.N. auch zur Gegenmeinung; BGH, Beschl. v. 30.4.2008 - III ZB 8/08, FamRZ 2008, 1346 Tz. 4). Für die Anrechnung ist es ferner ohne Bedeutung, ob die Geschäftsgebühr auf materiell-rechtlicher Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten und ob sie unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist (BGH NJW 2008, 1323 Tz. 10).
- 11
- c) Die Geschäftsgebühr bezieht sich hier auf denselben Gegenstand i.S. der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG. Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit im kostenrechtlichen Sinn wird nach allgemeiner Auffassung durch das Recht oder das Rechtsverhältnis definiert, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen des ihm von seinem Mandanten erteilten Auftrags bezieht (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050 Tz. 15 m.w.N.). Gegenstand der Abmahnung wie eines anschließenden Verfü- gungs- und Hauptsacheverfahrens ist demnach im vorliegenden Zusammenhang der durch den vermeintlichen Wettbewerbsverstoß begründete Unterlassungsanspruch. Dagegen kommt es für die Anwendung der Anrechnungsregelung nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG nicht darauf an, ob die Geschäfts- und die Verfahrensgebühr dieselbe Angelegenheit oder unterschiedliche kostenrechtliche Angelegenheiten betreffen.
- 12
- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bergmann RiBGH Dr. Koch ist in Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 29.11.2007 - 416 O 239/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.02.2008 - 8 W 2/08 -
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Annotations
(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).
(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.
(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem
Gegen- standswert bis ... Euro | für jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euro | um ... Euro |
---|---|---|
2 000 | 500 | 39 |
10 000 | 1 000 | 56 |
25 000 | 3 000 | 52 |
50 000 | 5 000 | 81 |
200 000 | 15 000 | 94 |
500 000 | 30 000 | 132 |
über 500 000 | 50 000 | 165 |
Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.
(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.
(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten kann nur auf Grund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden.
(2) Der Antrag auf Festsetzung des zu erstattenden Betrages ist bei dem Gericht des ersten Rechtszuges anzubringen. Die Kostenberechnung, ihre zur Mitteilung an den Gegner bestimmte Abschrift und die zur Rechtfertigung der einzelnen Ansätze dienenden Belege sind beizufügen.
(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.
(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.
(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.
(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).
(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.
(1) Der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten kann nur auf Grund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden.
(2) Der Antrag auf Festsetzung des zu erstattenden Betrages ist bei dem Gericht des ersten Rechtszuges anzubringen. Die Kostenberechnung, ihre zur Mitteilung an den Gegner bestimmte Abschrift und die zur Rechtfertigung der einzelnen Ansätze dienenden Belege sind beizufügen.
(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.
(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.
(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.
(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).
(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.
(1) Der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten kann nur auf Grund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden.
(2) Der Antrag auf Festsetzung des zu erstattenden Betrages ist bei dem Gericht des ersten Rechtszuges anzubringen. Die Kostenberechnung, ihre zur Mitteilung an den Gegner bestimmte Abschrift und die zur Rechtfertigung der einzelnen Ansätze dienenden Belege sind beizufügen.
(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.
(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.
(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)