Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Juli 2003 - I ZB 30/00

published on 03/07/2003 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Juli 2003 - I ZB 30/00
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 30/00
vom
3. Juli 2003
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Gewährung rechtlichen Gehörs im Fall des Bestreitens der
rechtserhaltenden Benutzung einer Marke in der mündlichen Beschwerdeverhandlung.
BGH, Beschl. v. 3. Juli 2003 - I ZB 30/00 - Bundespatentgericht
betreffend die Markenanmeldung Nr. J 29 610/31 Wz
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Juli 2003 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Starck, Pokrant,
Dr. Büscher und Dr. Schaffert

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß des 28. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 17. Mai 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

Gründe:


I. Gegen die am 21. Juli 1993 angemeldete und am 15. November 1993 für die Ware "Katzen-Trockenfutter" bekanntgemachte Wortmarke "MINKAS" richtet sich der Widerspruch aus der seit dem 24. April 1986 für "Streumittel für Kleintiere, Heimtiernahrung" eingetragenen Wortmarke "Minka".
Mit Schriftsatz vom 24. Mai 1994 hat die Markeninhaberin die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Markenstelle hat in einem ersten Beschluß den Widerspruch wegen fehlender Warenähnlichkeit zurückgewiesen, auf die Erinnerung der Widersprechenden der angemeldeten Marke unter Zugrundelegung einer engen Warenähnlichkeit die Eintragung versagt. Die Markenstelle ist dabei von einer nachgewiesenen rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren "Streumittel für Kleintiere" ausgegangen.
Die Beschwerde, in welcher die Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke für "Katzenstreu" nicht in Abrede gestellt und ausgeführt hat, damit sei eine Benutzung für Streumittel für (sonstige) "Kleintiere" nicht gegeben , führte zur Aufhebung des Erinnerungsbeschlusses und zur Zurückweisung der Erinnerung.
Mit der (nicht zugelassenen) Rechtsbeschwerde erstrebt die Widersprechende die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache.
II. Das Bundespatentgericht hat den Widerspruch für im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG unbegründet erachtet, weil die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 MarkenG nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe. Nach dieser Vorschrift habe ein Widersprechender die Benutzung der älteren Marke auch für den in § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG genannten Zeitraum nachzuweisen; das sei von der Widersprechenden für den maßgeblichen Zeitraum vom 9. Mai 1995 bis 9. Mai 2000 nicht geschehen und auch in der mündlichen Verhandlung nicht nachge-
holt worden. Die von der Markeninhaberin ursprünglich erhobene Einrede der Nichtbenutzung umfasse auch ohne ausdrückliche Benennung eines Zeitraums alle maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften. Die im Rahmen der Nichtbenutzungseinrede herrschende Dispositionsmaxime habe einen dementsprechenden Hinweis auf die Rechtslage verboten, weil eine Hinweispflicht des Gerichts ihre Grenze dort finde, wo ein Hinweis nur die Gesetzeslage wiedergebe und parteilich sein könne.
III. Die Rechtsbeschwerde hat als zulassungsfreie Rechtsbeschwerde Erfolg, weil die Rüge der Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG) durchgreift.
Nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht hatte die Widersprechende davon auszugehen , daß die Warenähnlichkeit von "Katzenstreu" und "KatzenTrockenfutter" als ein Element zur Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr zur Entscheidung stand. Die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für "Katzenstreu" war außer Streit.
Die Widersprechende hatte nach dem Beschwerdevorbringen der Markeninhaberin keinen Anlaß, sich zu einer (fortdauernden) Benutzung der Widerspruchsmarke für "Katzenstreu" zu erklären.
Der von der Markeninhaberin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht erstmals gehaltene Vortrag, die Widerspruchsmarke werde auch für "Katzenstreu" nicht (mehr) rechtserhaltend benutzt, war für die Widersprechende neu und überraschend.
Es ist ein selbstverständliches Gebot des fairen Verfahrens, daß der Widersprechenden Gelegenheit gegeben wird, sich hierzu zu äußern. Das ist nicht geschehen. Die am Tag der mündlichen Verhandlung verkündete, mit fehlender rechtserhaltender Benutzung begründete Entscheidung des Bundespatentgerichts verletzt die Widersprechende in ihrem Verfahrensgrundrecht auf Wahrung des rechtlichen Gehörs (Art. 6 EMRK, Art. 103 Abs. 1 GG, § 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG).
Ullmann Starck Pokrant
Büscher Schaffert
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Bundespatentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 66 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschl
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Bundespatentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 66 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschl
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 15/02/2007 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 46/06 vom 15. Februar 2007 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren betreffend die Marke 300 48 415 Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Bundespatentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 66 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat. Die Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde bedarf es nicht, wenn gerügt wird,

1.
daß das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
daß bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
daß einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
daß ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
daß der Beschluß aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
daß der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Ist der Widerspruch vom Inhaber einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang erhoben worden, so hat er, wenn der Gegner die Einrede der Nichtbenutzung erhebt, nachzuweisen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Anmelde- oder Prioritätstag der Marke, gegen die der Widerspruch sich richtet, gemäß § 26 benutzt worden ist, sofern zu diesem Zeitpunkt seit mindestens fünf Jahren kein Widerspruch mehr gegen sie möglich war. Der Nachweis kann auch durch eine eidesstattliche Versicherung erbracht werden. Bei der Entscheidung werden nur Waren und Dienstleistungen berücksichtigt, für die die Benutzung nachgewiesen worden ist.

(2) Ergibt die Prüfung des Widerspruchs, daß die Marke für alle oder für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, zu löschen ist, so wird die Eintragung ganz oder teilweise gelöscht. Kann die Eintragung der Marke nicht gelöscht werden, so wird der Widerspruch zurückgewiesen.

(3) Ist die eingetragene Marke wegen einer oder mehrerer Marken mit älterem Zeitrang zu löschen, so kann das Verfahren über weitere Widersprüche bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Eintragung der Marke ausgesetzt werden.

(4) Im Falle der Löschung nach Absatz 2 ist § 52 Abs. 2 und 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Bundespatentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 66 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat. Die Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde bedarf es nicht, wenn gerügt wird,

1.
daß das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
daß bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
daß einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
daß ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
daß der Beschluß aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
daß der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Bundespatentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 66 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat. Die Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde bedarf es nicht, wenn gerügt wird,

1.
daß das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
daß bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
daß einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
daß ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
daß der Beschluß aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
daß der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.