Bundesgerichtshof Beschluss, 18. März 2004 - BLw 35/03

published on 18/03/2004 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 18. März 2004 - BLw 35/03
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 35/03
vom
18. März 2004
in der Landwirtschaftssache
betreffend Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 18. März
2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die
Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne
Zuziehung ehrenamtlicher Richter -

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landwirtschaftssenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 30. Oktober 2003 wird als unzulässig verworfen. Die Anschlußrechtsbeschwerde des Antragstellers verliert damit ihre Wirkung.
Von den Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller 7/100, die Antragsgegnerin 93/100. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller 93/100 der außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten; im übrigen findet eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht statt.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 21.208,28

Gründe:


I.


Der Antragsteller war seit 1960 Mitglied der LPG (T) "W. " in M. , in die er Ackerland einbrachte. Anläßlich der Umwandlung dieser LPG vom Typ I in eine LPG des Typs III im Jahre 1973 brachte er Lebendinventar ein, das auf seine Inventarbeitragsschuld angerechnet wurde. Die Differenz von knapp 2.000 DM erhielt er 1992 erstattet.
Ab 1973 war der Antragsteller an eine "Kooperative Abteilung Pflanzenproduktion" delegiert, aus der 1978 die LPG (P) T. hervorging, der er als Mitglied von 1978 bis zu seinem Ausscheiden 1990 angehörte.
Mit Beschluß vom 1. Juli 1991 schlossen sich die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften T. , "W. " M. und "N. " R. zur LPG T. zusammen, die sich mit Beschluß vom 13. Dezember 1991 in die Antragsgegnerin umwandelte, welche am 26. Mai 1992 in das Genossenschaftsregister eingetragen wurde.
Der Antragsteller ist der Ansicht, ihm stünden Abfindungsansprüche gegen die Antragsgegnerin zu. Das Landwirtschaftsgericht hat seinem Antrag auf Zahlung von 39.549 DM nebst Zinsen in Höhe von 11.671,41 DM nebst Zinsen stattgegeben und ihn im übrigen abgewiesen. Auf die von beiden Beteiligten eingelegten sofortigen Beschwerden hat das Oberlandesgericht dem Antragsteller , der seinen Zahlungsantrag auf 111.559 DM erhöht hat, weitere
15.240,78 weitergehenden Antrag abgewiesen sowie die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die - nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie weiterhin die vollständige Abweisung des Zahlungsantrags erstrebt. Der Antragsteller verfolgt mit der Anschlußrechtsbeschwerde das Ziel, den geltend gemachten Anspruch auf Wertschöpfung aus Arbeit als Erbe seiner verstorbenen Ehefrau zugesprochen zu erhalten.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen der Divergenzrechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig (dazu näher BGHZ 89, 149 ff.). Daran fehlt es indes.
Die Rechtsbeschwerde macht, in dreifacher Hinsicht, eine Abweichung der angefochtenen Entscheidung von dem Beschluß des Oberlandesgerichts Naumburg, NL-BzAR 2003, 256, geltend. Eine Divergenz im Sinne des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG besteht jedoch nicht.
1. Die erste Abweichung sieht die Rechtsbeschwerde in der Frage, von der Bilanz welcher Genossenschaft auszugehen ist, wenn es nach dem Ausscheiden des Mitglieds zu einem Zusammenschluß mit einer oder mehreren anderen landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften gekommen ist. Das Oberlandesgericht Naumburg geht in der angeführten Entscheidung, im Ein-
klang mit der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 26. April 2002, BLw 40/01, VIZ 2002, 482, 483; Beschl. v. 3. April 2003, BLw 34/02, nicht veröffent- licht), von dem Rechtssatz aus, daß sich bei Zusammenschlüssen von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften der Abfindungsanspruch nur an dem Vermögen der LPG ausrichten kann, in der die Mitgliedschaft bestand. Das Beschwerdegericht hat keinen davon abweichenden, die Entscheidung tragenden Rechtssatz aufgestellt.
Zum einen geht es selbst von diesem Grundsatz aus, erblickt in der vorliegenden Fallkonstellation aber eine Besonderheit, der es dadurch Rechnung trägt, daß es ausnahmsweise auf die Eröffnungsbilanz der durch Zusammenschluß gebildeten LPG ankomme, nicht auf die Abschlußbilanz der LPG, aus der der Antragsteller vor dem Zusammenschluß ausgeschieden sei. Die Besonderheit sieht es darin, daß die durch Zusammenschluß gebildete LPG derjenigen Genossenschaft entspreche, der der Antragsteller ursprünglich angehört habe. Diese sei durch eine vom Staat herbeigeführte Spezialisierung aufgegliedert worden und habe durch den Zusammenschluß wieder den ursprünglichen Vermögensstand erreicht. Anzuknüpfen sei also daran, und nicht an dem Vermögensstand der zwischenzeitlich ausgegliederten LPG. Solche für die Entscheidung des Beschwerdegerichts maßgeblichen Umstände sind in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg nicht festgestellt. Aufgrund dieser Unterschiede, deren Tragfähigkeit allerdings im Hinblick darauf zweifelhaft ist, daß der Antragsteller nicht an allen zusammengeschlossenen Genossenschaften , die zudem alle eine eigenständige vermögensrechtliche Entwicklung erfahren haben, beteiligt war, fehlt es an einer Divergenz im Sinne des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG.
Hinzu kommt entscheidend, daß das Beschwerdegericht - unabhängig von den Besonderheiten des Zusammenschlusses - auch darauf abstellt, daß sich die Beteiligten geeinigt haben, die Eröffnungsbilanz der aus dem Zusammenschluß der verschiedenen Genossenschaften gebildeten LPG für die Berechnung der Abfindungsansprüche des Antragstellers zugrunde zu legen. Eine solche Vereinbarung steht den Beteiligten frei. Sie ist dann bindend und trägt die darauf gestützte Entscheidung selbständig. Eine Abweichung von einem von dem Oberlandesgericht Naumburg aufgestellten Rechtssatz scheidet daher auch aus diesem Grund aus.
2. Eine weitere Divergenz soll sich nach Auffassung der Rechtsbeschwerde aus einer unterschiedlichen Methodenwahl bei der Bewertung landwirtschaftlicher Betriebe ergeben. Dem ist schon deswegen nicht zu folgen, weil die von dem Beschwerdegericht zugrunde gelegte Bewertungsmethode der Rechtsprechung des Senats entspricht (BGHZ 138, 371, 386), so daß eine etwaige Divergenz zu der angeführten Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg unerheblich ist (Senat, Beschl. v. 21. April 1994, BLw 97/93, AgrarR 1994, 225).
3. Schließlich ergibt sich auch daraus keine Abweichung, daß das Oberlandesgericht Naumburg bei der Bewertung von Wohngebäuden keine Bedenken gehabt hat, spätere Verkaufserlöse zur Bewertung heranzuziehen, während dies das Beschwerdegericht im vorliegenden Fall abgelehnt hat. Das Oberlandesgericht Naumburg hat schon nicht den von der Rechtsbeschwerde angeführten Rechtssatz aufgestellt, die Bewertung habe sich grundsätzlich an den Verkaufspreisen zu orientieren. Es hat lediglich die von dem beauftragten Sachverständigen vorgenommene Bewertung für bedenkenfrei erachtet, die an
den Preisen ausgerichtet war, zu denen die zu begutachtenden Gebäude später verkauft wurden. Darin liegt kein abstrakter Rechtssatz, der, ohne hiervon abweichen zu müssen, die Möglichkeit versperrte, in einem anderen Fall auf andere Bewertungskriterien als einen erzielten Verkaufspreis abzustellen.

III.


Da die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, verliert die unselbständige Anschlußrechtsbeschwerde ihre Wirkung (§§ 28 Abs. 2 Satz 3, 22 Abs. 2 Satz 2 LwVG).

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 44, 45 LwVG. Dabei war zu berücksichtigen , daß der Antragsteller die Kosten seiner Anschlußrechtsbeschwerde zu tragen hat, weil er sich einer Rechtsbeschwerde angeschlossen hat, die von Anfang an unzulässig war (vgl. BGHZ 4, 229, 230, 240 f.; 80, 146, 149; Senat, Beschl. v. 21. Februar 1994, BLw 70/93, AgrarR 1994, 202).
Wenzel Krüger Lemke
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