Bundesgerichtshof Beschluss, 09. März 2006 - BLw 30/05

published on 09/03/2006 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 09. März 2006 - BLw 30/05
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Amtsgericht Halle (Saale), 121 Lw 42/01, 16/06/2005
Oberlandesgericht Naumburg, 2 Ww 9/05, 19/10/2005

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 30/05
vom
9. März 2006
in der Landwirtschaftssache
betreffend Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 9. März 2006
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Lemke und
Dr. Czub - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne Zuziehung ehrenamtlicher
Richter -

beschlossen:
Das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Antragsteller macht aus abgetretenem Recht Ansprüche von G. E. (im Folgenden: Zedent) gegen die Antragsgegnerin auf Abfindung für Arbeit nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz geltend. Er hat im Wege eines Stufenantrags Auskunft u.a. durch Vorlage der Bilanz der LPG (P) A. und der Gesamtvermögens-Personifizierung verlangt. Diesen Antrag hat das Amtsgericht, Landwirtschaftsgericht, zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen diesen Beschluss hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde hat es nicht zugelassen.

II.

2
Die Schreiben des Antragstellers an das Rechtsbeschwerdegericht vom 3. Dezember 2005, vom 24. Dezember 2005, vom 2. Januar 2006 und vom 9. Januar 2006 werden vom Senat allein als ein Prozesskostenhilfegesuch und nicht auch als eine wegen Nichtbeachtung des Gebots zur anwaltlichen Vertretung (§ 29 LwVG) unzulässige Rechtsbeschwerde ausgelegt.
3
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe ist mangels Erfolgsaussicht zurückzuweisen. Die beabsichtigte Rechtsbeschwerde wäre nicht statthaft. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so dass sie nur unter den in § 24 Abs. 2 LwVG genannten Voraussetzungen zulässig wäre.
4
1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht nach § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG eröffnet, wie der Antragsteller rechtsirrig meint. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde gegen den Beschluss des Landwirtschaftsgerichts nicht als unzulässig verworfen, sondern in der Sache entschieden.
5
2. Die Rechtsbeschwerde wäre auch nicht nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG als Abweichungsrechtsbeschwerde zulässig.
6
Eine Divergenz in den Entscheidungen, die die Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG begründet, liegt nur dann vor, wenn das Beschwerdegericht in einem seine Entscheidung tragenden Grund einem abstrakten Rechtssatz gefolgt ist, der von einem in der Vergleichsentscheidung benannten Rechtssatz abweicht (Senat, BGHZ 89, 149, 151). Daran fehlt es.
7
Das Beschwerdegericht hat die Abfindungsvereinbarung des Zedenten mit der Antragsgegnerin vom 9. März 1993 mit dem darin enthaltenen Verzicht auf weitergehende gesetzliche Ansprüche als wirksam angesehen. Es ist dabei keinem Rechtssatz gefolgt, mit dem es von einer der vielen von dem Antragsgegner benannten Vergleichsentscheidungen abgewichen wäre.
8
a) Soweit der Antragsteller rügt, dass das Beschwerdegericht zu Unrecht angenommen habe, dass der Zedent Mitglied der LPG (T) L. und nicht der LPG (P) A. gewesen sei, wird daraus eine Divergenz zu anderen Entscheidungen nicht ersichtlich. Maßgebend für den Übertritt eines Mitglieds von einer LPG in eine andere war die nach Nummer 16 Abs. 1 a der Musterstatuten mit dem Vorstand zu vereinbarende Aufnahme in die andere LPG (vgl. Senat, Beschl. v. 24. November 1993, BLw 64/93, WM 1994, 317, 318). Ob dem von dem Beschwerdegericht dafür herangezogenen Indiz, den Eintragungen im Sozialversicherungsausweis, eine hinreichende Beweiskraft zukommt, kann dahinstehen. Selbst wenn das Beschwerdegericht angesichts der gegen einen solchen Wechsel der Mitgliedschaft sprechenden Eintragungen auf den Listen über die auf den Mitgliederversammlungen der LPGen am 28. November 1991 abstimmungsberechtigten Mitglieder seine Amtsermittlungspflicht verletzt hätte, begründete ein solcher Fehler bei der Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts keine Abweichungsrechtsbeschwerde.
9
b) Soweit der Antragsteller meint, dass die Abfindungsvereinbarung wegen fehlerhafter Rückstellungen zu Lasten des abfindungsrelevanten Eigenkapitals gegen die guten Sitten verstoßen habe und deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam sei, liegt eine Divergenz zu entscheidungstragenden Grundsätzen in anderen Entscheidungen ebenfalls nicht vor.
10
aa) Das Beschwerdegericht hat keinen abweichenden Rechtssatz zu dem Grundsatz (BGHZ 146, 298, 301; Senat, Beschl. v. 5. November 2004, BLw 14/04, ZOV 2005, 30, 31) aufgestellt, dass es für die Feststellung einer verwerflichen Gesinnung genügt, wenn derjenige, dem objektiv ein Sittenverstoß zur Last fällt, sich der Kenntnis erheblicher Tatsachen bewusst oder grob fahrlässig verschließt. Dies lässt sich auch nicht dem Satz in der Beschwerdeentscheidung entnehmen, dass die Vereinbarung nicht etwa deshalb sittenwidrig sei, weil die Antragsgegnerin die LPG-Mitglieder wider besseres Wissen über die Höhe des zur Verfügung stehenden Eigenkapitals getäuscht hätte. Das Beschwerdegericht hat dazu festgestellt, dass die Antragsgegnerin im Jahre 1993, als sie die Abfindungsvereinbarung ihren Mitgliedern vorgelegt habe, keine Veranlassung für die Annahme gehabt habe, dass die zugrunde liegenden Annahmen unzutreffend gewesen seien.
11
bb) Das Beschwerdegericht hat auch keinen von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden vom 12. Februar 2002 (WXV 2023/01) abweichenden Rechtssatz formuliert. Das Oberlandesgericht Dresden hat ausgeführt, eine Abfindungsvereinbarung sei dann sittenwidrig, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem Unternehmen die Unrichtigkeit der dem Mitglied mitgeteilten Berechnung seiner gesetzlichen Ansprüche auf Grund der bis dahin ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung bekannt gewesen sei. Das Beschwerdegericht hat eine solche Kenntnis der Antragsgegnerin in Bezug auf die bilanzierten Rückstellungen für den Zeitpunkt der Vereinbarung vom 9. März 1993 verneint. Die Vergleichsentscheidung und der angegriffene Beschluss stimmen damit in den sie tragenden rechtlichen Grundsätzen überein; die Unterschiedlichkeit der Ergebnisse beruht auf der Verschiedenheit der festgestellten Sachverhalte.
12
cc) Eine die Rechtsbeschwerde eröffnende Divergenz ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin durch den Bericht über die Prüfung ihrer Geschäftsführung durch das Ministerium im Februar 2003 auf Bilanzierungsfehler hingewiesen worden war und nach den dortigen Feststellungen weitere 700.000 DM zur Befriedigung von Abfindungsansprüchen nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 LwAnpG genutzt werden sollten.
13
Das Beschwerdegericht hat diesem Umstand angesichts der Unsicherheiten der Ermittlung der Abfindungsansprüche nicht entnommen, dass die Feststellungen in dem Bericht nach damaligem Kenntnisstand eine Erhöhung auch der Abfindungen für Arbeit über den geleisteten Betrag von 50 DM pro Jahr zur Folge haben mussten. Einen von anderen Entscheidungen abwei- chenden Obersatz hat es damit indes nicht aufgestellt. Die vom Antragsteller gerügte Unrichtigkeit der tatrichterlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts begründet auch hier keine Divergenzrechtsbeschwerde.
Krüger Lemke Czub
Vorinstanzen:
AG Halle (Saale), Entscheidung vom 16.06.2005 - 121 Lw 42/01 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 19.10.2005 - 2 Ww 9/05 -
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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

(1) Ausscheidenden Mitgliedern steht ein Abfindungsanspruch in Höhe des Wertes ihrer Beteiligung an der LPG zu. Der Wert der Beteiligung stellt einen Anteil am Eigenkapital der LPG dar, der wie folgt zu berechnen ist: 1. Zunächst ist der Wert der Inv
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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

(1) Ausscheidenden Mitgliedern steht ein Abfindungsanspruch in Höhe des Wertes ihrer Beteiligung an der LPG zu. Der Wert der Beteiligung stellt einen Anteil am Eigenkapital der LPG dar, der wie folgt zu berechnen ist: 1. Zunächst ist der Wert der Inv
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published on 05/11/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS BLw 14/04 vom 5. November 2004 in der Landwirtschaftssache betreffend einen Abfindungsanspruch nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 309 § 309 ZPO gilt n
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Annotations

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Ausscheidenden Mitgliedern steht ein Abfindungsanspruch in Höhe des Wertes ihrer Beteiligung an der LPG zu. Der Wert der Beteiligung stellt einen Anteil am Eigenkapital der LPG dar, der wie folgt zu berechnen ist:

1.
Zunächst ist der Wert der Inventarbeiträge, die in Form von Sach- oder Geldleistungen eingebracht worden sind, einschließlich gleichstehender Leistungen, zurückzugewähren. Den Inventarbeiträgen steht der Wert des Feldinventars gleich, das beim Eintritt in die LPG von dieser übernommen wurde, soweit es nicht als Inventarbeitrag angerechnet wurde. Von dem Wert des eingebrachten Inventarbeitrags sind alle Rückzahlungen abzuziehen. Übersteigt der so ermittelte Wert aller eingebrachten Inventarbeiträge das Eigenkapital, sind die Ansprüche ausscheidender Mitglieder entsprechend zu kürzen.
2.
Übersteigt das Eigenkapital die Summe der unter Nummer 1 genannten Werte der eingebrachten Inventarbeiträge, ist aus dem überschießenden Betrag eine Mindestvergütung für die Überlassung der Bodennutzung durch die Mitglieder und für die zinslose Überlassung der Inventarbeiträge zu berücksichtigen. Diese Mindestvergütung beträgt für die Bodennutzung solcher Flächen, für die eine Bodenschätzung vorliegt, 2 Deutsche Mark je Bodenpunkt pro Jahr und Hektar und für die Nutzung der Inventarbeiträge 3 % Zinsen hiervon pro Jahr. Für die Dauer der Nutzung ist die Zeit der Mitgliedschaft des ausscheidenden Mitglieds mit der Zeit des Erblassers, der bis zu seinem Tod Mitglied der LPG war und von dem die Flächen geerbt oder der Inventarbeitrag übernommen wurden, zusammenzurechnen. Überschreiten die so ermittelten Vergütungen von Boden- und Inventarbeiträgen 80 vom Hundert des noch verbleibenden Eigenkapitals, sind die Abfindungsansprüche entsprechend zu kürzen.
3.
Soweit das Eigenkapital die in den Nummern 1 und 2 genannten Ansprüche übersteigt, ist es in Höhe von 50 vom Hundert an die Mitglieder entsprechend der Dauer ihrer Tätigkeit in der LPG auszuzahlen. Nummer 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Bei einer LPG mit Tierproduktion sind die sich aus Absatz 1 ergebenden Ansprüche auch dann gegen diese LPG gegeben, wenn die Flächen der Mitglieder im Rahmen einer Kooperation durch ein Unternehmen mit Pflanzenproduktion genutzt worden sind.

(3) Ist die LPG Inhaberin einer Milchreferenzmenge, ist sie verpflichtet, sofern das ausscheidende Mitglied die Milcherzeugung nachhaltig selbst aufnehmen will, einen Anteil dieser Referenzmenge auf das ausscheidende Mitglied zu übertragen. Der Anteil wird ermittelt auf der Grundlage der durchschnittlichen Referenzmenge je Hektar Landwirtschaftlicher Nutzfläche (LF) der LPG und des Anteils der LF, der auf das ausscheidende Mitglied als Eigentums- oder Pachtfläche zur Nutzung übergeht. Hat die LPG, die Inhaberin der Milchreferenzmenge ist, die von ihren Mitgliedern eingebrachten LF im Rahmen der kooperativen Beziehungen einem Unternehmen mit Pflanzenproduktion überlassen, werden ausscheidende Mitglieder so behandelt, als wenn die gesamten LF und die gesamten Milchreferenzmengen innerhalb der Kooperation einer LPG zuzuordnen wären.

(4) Übernimmt jemand als Eigentümer oder Pächter nach Abschluß eines Zuckerrübenliefervertrages zwischen einem landwirtschaftlichen Unternehmen und einem Zuckerhersteller Zuckerrübenflächen des landwirtschaftlichen Unternehmens, ist dieses verpflichtet, ihn an den Rechten aus dem Zuckerrübenliefervertrag entsprechend dem Anteil der ihm zurückzugewährenden Zuckerrübenfläche an der gesamten Zuckerrübenfläche des Unternehmens zu beteiligen.

(5) Die LPG ist darüber hinaus verpflichtet, ausscheidende Mitglieder, die allein oder in Kooperation mit anderen Landwirten die Wiedereinrichtung eines landwirtschaftlichen Betriebs beabsichtigten, zu unterstützen.

(6) Das Eigenkapital im Sinne des Absatzes 1 ist auf Grund der Bilanz zu ermitteln, die nach Beendigung der Mitgliedschaft als ordentliche Bilanz aufzustellen ist. Das so ermittelte Eigenkapital ist um den nach § 16 Abs. 3 oder 4 des D-Markbilanzgesetzes nicht bilanzierten Betrag zu kürzen.