Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Mai 2019 - AK 23/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Angeschuldigten und seiner Verteidiger am 16. Mai 2019 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen :
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern. Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Oberlandesgericht München übertragen.
Gründe:
I.
- 1
- 1. Der Angeschuldigte wurde am 25. Oktober 2018 festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft, zunächst aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 26. Oktober 2018 (4 BGs 224/18). Gegenstand dieses Haftbefehls war der Vorwurf, der Angeschuldigte habe gemeinschaftlich mit anderen nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen grausam und unmenschlich behandelt, indem er ihnen zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Ende 2013/Anfang 2014 in A. in Afghanistan erhebliche Schäden oder Leid zufügte.
- 2
- 2. Der Generalbundesanwalt hat unter dem 28. März 2019 gegen den Angeschuldigten vor dem Oberlandesgericht München Anklage erhoben. Gegenstand des Anklagevorwurfs ist die dem Angeschuldigten in dem Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs zur Last gelegte Tat und darüber hinaus ein weiterer Vorwurf.
- 3
- 3. Das Oberlandesgericht München hat mit Beschluss vom 16. April 2019 - unter gleichzeitiger Aufhebung und Ersetzung des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs - entsprechend dem in der Anklageschrift aufgeführten Tatvorwurf einen neuen, erweiterten Haftbefehl gegen den Angeschuldigten erlassen; diesen hat es mit Beschluss vom 18. April 2019 dem Angeschuldigten verkündet, den Haftbefehl in Vollzug gesetzt, Haftfortdauer und die Vorlage an den Bundesgerichtshof beschlossen.
- 4
- Gegenstand des nunmehrigen Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeschuldigte habe im Zusammenhang mit einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt • durch eine Handlung gemeinschaftlich handelnd drei nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen grausam und unmenschlich behandelt, indem er ihnen erhebliche körperliche oder seelische Schäden zugefügt, insbesondere sie gefoltert habe, sowie • durch eine weitere selbständige Handlung gemeinschaftlich handelnd eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend behandelt , strafbar gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 9 VStGB, § 25 Abs. 2, §§ 52, 53 StGB.
- 5
- Das Oberlandesgericht hält die Fortdauer der Untersuchungshaft ausweislich seines Beschlusses vom 18. April 2019 für erforderlich.
II.
- 6
- Die Voraussetzungen der Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
- 7
- 1. Der Angeschuldigte ist der ihm zur Last gelegten Taten dringend verdächtig.
- 8
- a) Nach dem bisherigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
- 9
- Der Angeschuldigte war etwa ab dem Jahr 2009 Angehöriger der Afghanischen Nationalarmee (ANA) und zuletzt im Rang eines Leutnants tätig. Zum Zeitpunkt der im Folgenden geschilderten Tathandlungen des Angeschuldigten bestand in Afghanistan ein nichtinternationaler bewaffneter Konflikt zwischen den afghanischen Regierungsstreitkräften, unterstützt durch die Truppen der sogenannten International Security Assistance Force (ISAF) auf der einen Seite und den Taliban sowie anderen nichtstaatlichen bewaffneten Gruppierungen auf der anderen Seite.
- 10
- aa) Zu einem nicht genauer zu ermittelnden Zeitpunkt Ende des Jahres 2013/Anfang des Jahres 2014 befand sich der Angeschuldigte in einer Ar- meekaserne in der Ortschaft A. in der Provinz Paktia im Südosten Afghanistans. Der Hauptmann seiner Einheit war nicht anwesend; als dessen Vertreter fungierte ein im gleichen Rang wie der Angeschuldigte tätiger Leutnant.
- 11
- Nachdem drei Gefangene zu dem Stützpunkt und in das Büro dieses Leutnants gebracht worden waren, vernahm der Angeschuldigte Schreie. Er begab sich zu dem Büro und betrat den Vernehmungsraum, in dem sich außer den drei Gefangenen, die mit verbundenen Augen und auf den Rücken gefesselten Händen auf dem Boden saßen, und dem Leutnant ein mit einem Sturmgewehr bewaffneter Soldat befand und mindestens ein weiterer Soldat, der die Vernehmung filmte. Als der Angeschuldigte hinzutrat, schlug der andere Leutnant gerade mit einem etwa 80 cm langen, in der Mitte gefalteten etwa zolldicken Stück Wasserschlauch auf die Gefangenen ein. Er forderte den Angeschuldigten auf, bei der Vernehmung mitzuschreiben, was dieser auch tat.
- 12
- Im weiteren Verlauf der Vernehmung saßen der Angeschuldigte und der andere Leutnant den gefesselten Gefangenen im Abstand von maximal einem Meter gegenüber und fragten wiederholt nach dem Aufenthalt des Mullah der drei als Mitglieder der Taliban verdächtigen Gefangenen, sowie nach Waffenverstecken der Taliban. Sie hatten jedenfalls konkludent den Entschluss gefasst , Aussagen von den drei Gefangenen auch mittels Gewalthandlungen zu erzwingen, und wirkten dabei wie folgt zusammen:
- 13
- Der Angeschuldigte drohte dem ersten vor ihm sitzenden Gefangenen mit dem Einsatz eines Elektroschockers, zu dem es dann allerdings nicht kam; sodann griff er dem Gefangenen in die Haare und zog daran. Der andere Leutnant schlug diesem Gefangenen sodann mit dem gefalteten Wasserschlauch zweimal auf den Kopf. Der Angeschuldigte fasste im Anschluss daran dem zweiten vor ihm sitzenden Gefangenen in die Haare und hielt ihn für etwa 30 Sekunden fest. Kurz darauf schlug er ihn mit der flachen Hand auf den Kopf. Der andere Leutnant wandte sich sodann dem links von dem Angeschuldigten sitzenden dritten Gefangenen zu und schlug diesen mehrfach mit dem Handrücken und der Faust gegen den Kopf und ins Gesicht. Wegen der vorangegangenen Gewalthandlungen teilte der dritte Gefangene letztlich mit, wo sich weitere Taliban, ihre Waffen und ihr Mullah befanden; anschließend wurden die drei Gefangenen abgeführt und in ein Gefängnis verbracht.
- 14
- bb) Im März des Jahres 2014 erhielt der Angeschuldigte von seinem Vorgesetzten den Befehl, einen hochrangigen Taliban-Kommandeur aufzuspüren , und begab sich zu diesem Zweck gegen Abend des nicht mehr genau zu bestimmenden Tages mit 13 Soldaten an eine in der Nähe der OrtschaftS. gelegenen Straße, um dort Personenkontrollen durchzuführen. Nach einigen Stunden wurden der Angeschuldigte und sein Trupp von dem gesuchten Taliban-Kommandeur und dessen Leuten angegriffen. In dem sich anschließenden Feuergefecht wurde der Kommandeur getötet; seine Leiche wurde am frühen Morgen des nächsten Tages auf einem Feld gefunden. Der Angeschuldigte meldete dies seinem Vorgesetzten, der ihm befahl, den TalibanKommandeur in den Ort S. zu einem Metzger mit einem Fleischerhaken zu bringen. Auf Anordnung des Angeschuldigten wurde die Leiche deshalb mit einem Militärfahrzeug, von dem Arme und Beine herunterbaumelten, im Schritttempo in den Ort gefahren; der Angeschuldigte folgte dem Wagen zu Fuß. Ein Polizist, der bereits vorher mit der Faust auf den Leichnam eingeschlagen hatte, traktierte diesen weiter mit Schlägen mit seinem Sturmgewehr und führte tanzende Bewegungen aus. Ein weiterer Soldat, der auf dem Fahrzeug saß, schlug ebenfalls mit seinem Gewehr auf den Getöteten ein.
- 15
- Nachdem der Angeschuldigte bei einem kurzen Stopp - umringt von Zivilisten - einen Fleischerhaken auf den Leichnam gelegt hatte, ließ er ihn zu einem Schutzwall eines Militärstützpunkts fahren, legte ihm eine Seilschlinge um den Hals, zog diese zu und ließ den getöteten Taliban-Kommandeur von seinen Soldaten an einem Seil nach oben ziehen und an dem Schutzwall aufhängen. Dabei unterstützte er die Soldaten; anschließend sagte er zu den Anwesenden , dass er den Taliban-Kommandeur wie einen Esel getötet habe und dass dieser deshalb wie ein Esel aufgehängt werden müsse. Dabei ging es dem Angeschuldigten und den von ihm befehligten Soldaten darum, den Getöteten unter Missachtung seiner Totenehre wie eine Trophäe zu präsentieren und ihn damit herabzuwürdigen.
- 16
- b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus Folgendem:
- 17
- aa) Dass im Tatzeitraum in den Jahren 2013 und 2014 in Afghanistan ein nichtinternationaler bewaffneter Konflikt unter Beteiligung der genannten Konfliktparteien bestand, folgt aus dem im Ermittlungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr. M. vom 19. Januar 2019.
- 18
- bb) Der Angeschuldigte hat seine Tathandlungen in mehreren Vernehmungen , insbesondere auch gegenüber dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs , weitgehend eingeräumt. Sie ergeben sich darüber hinaus aus weiteren Beweismitteln, in erster Linie aus den Videoaufzeichnungen, die von den Vorfällen gemacht worden sind, sowie den Übersetzungen des dabei aufgenommenen Gesprochenen. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die ausführlichen Darlegungen im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklageschrift vom 28. März 2019.
- 19
- 2. In rechtlicher Hinsicht ergibt sich daraus, dass der Angeschuldigte sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB strafbar gemacht hat, indem er im ersten Fall gemeinsam mit dem befehlshabenden Leutnant die drei gefangenen mutmaßlichen Taliban-Kämpfer folterte; diese waren nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen, weil sie infolge ihrer Gefangennahme als Kämpfer der gegnerischen Partei wehrlos waren (§ 8 Abs. 6 Nr. 3 VStGB).
- 20
- Im zweiten Fall stellt der Umgang mit dem Leichnam des getöteten Taliban -Kommandeurs eine schwerwiegende entwürdigende oder erniedrigende Behandlung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB dar. Die Vorschrift schützt auch bereits Verstorbene (BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - 3 StR 57/17, BGHSt 62, 272, 276 ff.); der Getötete war eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person im Sinne von § 8 Abs. 6 Nr. 3 VStGB.
- 22
- 3. Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr, § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Der Angeschuldigte hat im Fall seiner Verurteilung eine empfindliche Freiheitsstrafe zu erwarten, die einen erheblichen Fluchtanreiz begründet.
- 23
- Er verfügt trotz zwischenzeitlich fortgeschrittenen Spracherwerbs und absolvierten Ausbildungsinhalten in der Bundesrepublik Deutschland nicht über einen hinreichend gesicherten Lebensmittelpunkt: Sein Aufenthaltsstatus ist ungeklärt, er hat nach abgelehntem Asylantrag und nicht anerkanntem Flüchtlings - oder subsidiärem Schutzstatus - vorbehaltlich einer abweichenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidung - derzeit keine legale Aufenthaltsperspektive. Er hat zwar soziale Bindungen zu seiner - deutschen - Lebensgefährtin; andererseits sind aber seine Personalien ungeklärt, nachdem er die Möglichkeit gewählt hat, sich seinen Nachnamen frei auszusuchen. Angesichts dessen und seiner Verbindungen zu seiner nach wie vor in Afghanistan lebenden Großfamilie , die über auskömmliche Einnahmen verfügt, steht deshalb nicht zu erwarten, dass er dem von der Straferwartung ausgehenden Fluchtanreiz widerstehen und sich den deutschen Strafverfolgungsbehörden freiwillig zur Verfügung stellen wird.
- 24
- Der Zweck der Untersuchungshaft kann deshalb auch nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 StPO erreicht werden.
- 25
- 4. Die spezifischen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) sind ebenfalls gegeben. Der Umfang der Ermittlungen und ihre Schwierigkeit haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft. Das Verfahren ist auch mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung gefördert worden:
- 26
- Parallel zu der nach der Festnahme des Angeschuldigten durchgeführten Auswertung der bei ihm und seiner Ehefrau nach islamischen Recht sichergestellten elektronischen Geräte und Datenträger wurden zwischen Anfang November und Ende Dezember 2018 zahlreiche Zeugen vernommen sowie mehrere Sachverständigengutachten - unter anderem zu den tatsächlichen Voraussetzungen des nichtinternationalen Konflikts - in Auftrag gegeben und fertiggestellt.
- 27
- Nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen am 15. Februar 2019 hat der Generalbundesanwalt - wie dargelegt - unter dem 28. März 2019 Anklage erhoben, die am Folgetag beim Oberlandesgericht München einging und deren Zustellung am 1. April 2019 verfügt wurde. Zugleich ist die Übersetzung der Anklageschrift in Auftrag gegeben und eine Erklärungsfrist von vier Wochen nach Zustellung der Übersetzung angekündigt worden. Das Oberlandesgericht hat mit mehreren Verfügungen vom 5. und 10. April 2019 ergänzende Ermittlungen und die Beiziehung von weiteren Unterlagen veranlasst. Am 16. April 2019 hat es den verfahrensgegenständlichen neuen Haftbefehl erlassen und diesen dem Angeschuldigten am 18. April 2019 eröffnet.
- 28
- 5. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht nach alldem nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafen (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
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(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.
(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.
(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.
(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt.
(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.
(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.
(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden.
(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.
(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre.
(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.
(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt
- 1.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person tötet, - 2.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Geisel nimmt, - 3.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person grausam oder unmenschlich behandelt, indem er ihr erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, insbesondere sie foltert oder verstümmelt, - 4.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person sexuell nötigt oder vergewaltigt, sie zur Prostitution nötigt, der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt oder in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen, eine unter Anwendung von Zwang geschwängerte Frau gefangen hält, - 5.
Kinder unter 15 Jahren für Streitkräfte zwangsverpflichtet oder in Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen eingliedert oder sie zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten verwendet, - 6.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person, die sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er sie unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt, - 7.
gegen eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person eine erhebliche Strafe, insbesondere die Todesstrafe oder eine Freiheitsstrafe verhängt oder vollstreckt, ohne dass diese Person in einem unparteiischen ordentlichen Gerichtsverfahren, das die völkerrechtlich erforderlichen Rechtsgarantien bietet, abgeurteilt worden ist, - 8.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt, indem er - a)
an einer solchen Person Versuche vornimmt, in die sie nicht zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat oder die weder medizinisch notwendig sind noch in ihrem Interesse durchgeführt werden, - b)
einer solchen Person Gewebe oder Organe für Übertragungszwecke entnimmt, sofern es sich nicht um die Entnahme von Blut oder Haut zu therapeutischen Zwecken im Einklang mit den allgemein anerkannten medizinischen Grundsätzen handelt und die Person zuvor nicht freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder - c)
bei einer solchen Person medizinisch nicht anerkannte Behandlungsmethoden anwendet, ohne dass dies medizinisch notwendig ist und die Person zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder
- 9.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend behandelt,
(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder einen Kämpfer der gegnerischen Partei verwundet, nachdem dieser sich bedingungslos ergeben hat oder sonst außer Gefecht ist, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.
(3) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt
- 1.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 rechtswidrig gefangen hält oder ihre Heimschaffung ungerechtfertigt verzögert, - 2.
als Angehöriger einer Besatzungsmacht einen Teil der eigenen Zivilbevölkerung in das besetzte Gebiet überführt, - 3.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zum Dienst in den Streitkräften einer feindlichen Macht nötigt oder - 4.
einen Angehörigen der gegnerischen Partei mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel nötigt, an Kriegshandlungen gegen sein eigenes Land teilzunehmen,
(4) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 den Tod des Opfers, so ist in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5 Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. Führt eine Handlung nach Absatz 1 Nr. 8 zum Tod oder zu einer schweren Gesundheitsschädigung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 und des Absatzes 2 Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 und des Absatzes 3 Nr. 1 Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
(6) Nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen sind
- 1.
im internationalen bewaffneten Konflikt: geschützte Personen im Sinne der Genfer Abkommen und des Zusatzprotokolls I (Anlage zu diesem Gesetz), namentlich Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige, Kriegsgefangene und Zivilpersonen; - 2.
im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige sowie Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen und sich in der Gewalt der gegnerischen Partei befinden; - 3.
im internationalen und im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Angehörige der Streitkräfte und Kämpfer der gegnerischen Partei, welche die Waffen gestreckt haben oder in sonstiger Weise wehrlos sind.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt
- 1.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person tötet, - 2.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Geisel nimmt, - 3.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person grausam oder unmenschlich behandelt, indem er ihr erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, insbesondere sie foltert oder verstümmelt, - 4.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person sexuell nötigt oder vergewaltigt, sie zur Prostitution nötigt, der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt oder in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen, eine unter Anwendung von Zwang geschwängerte Frau gefangen hält, - 5.
Kinder unter 15 Jahren für Streitkräfte zwangsverpflichtet oder in Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen eingliedert oder sie zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten verwendet, - 6.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person, die sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er sie unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt, - 7.
gegen eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person eine erhebliche Strafe, insbesondere die Todesstrafe oder eine Freiheitsstrafe verhängt oder vollstreckt, ohne dass diese Person in einem unparteiischen ordentlichen Gerichtsverfahren, das die völkerrechtlich erforderlichen Rechtsgarantien bietet, abgeurteilt worden ist, - 8.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt, indem er - a)
an einer solchen Person Versuche vornimmt, in die sie nicht zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat oder die weder medizinisch notwendig sind noch in ihrem Interesse durchgeführt werden, - b)
einer solchen Person Gewebe oder Organe für Übertragungszwecke entnimmt, sofern es sich nicht um die Entnahme von Blut oder Haut zu therapeutischen Zwecken im Einklang mit den allgemein anerkannten medizinischen Grundsätzen handelt und die Person zuvor nicht freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder - c)
bei einer solchen Person medizinisch nicht anerkannte Behandlungsmethoden anwendet, ohne dass dies medizinisch notwendig ist und die Person zuvor freiwillig und ausdrücklich eingewilligt hat, oder
- 9.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend behandelt,
(2) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt einen Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder einen Kämpfer der gegnerischen Partei verwundet, nachdem dieser sich bedingungslos ergeben hat oder sonst außer Gefecht ist, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.
(3) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt
- 1.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 rechtswidrig gefangen hält oder ihre Heimschaffung ungerechtfertigt verzögert, - 2.
als Angehöriger einer Besatzungsmacht einen Teil der eigenen Zivilbevölkerung in das besetzte Gebiet überführt, - 3.
eine geschützte Person im Sinne des Absatzes 6 Nr. 1 mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zum Dienst in den Streitkräften einer feindlichen Macht nötigt oder - 4.
einen Angehörigen der gegnerischen Partei mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel nötigt, an Kriegshandlungen gegen sein eigenes Land teilzunehmen,
(4) Verursacht der Täter durch eine Tat nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 den Tod des Opfers, so ist in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5 Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. Führt eine Handlung nach Absatz 1 Nr. 8 zum Tod oder zu einer schweren Gesundheitsschädigung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 und des Absatzes 2 Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr, in minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 und des Absatzes 3 Nr. 1 Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
(6) Nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen sind
- 1.
im internationalen bewaffneten Konflikt: geschützte Personen im Sinne der Genfer Abkommen und des Zusatzprotokolls I (Anlage zu diesem Gesetz), namentlich Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige, Kriegsgefangene und Zivilpersonen; - 2.
im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige sowie Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen und sich in der Gewalt der gegnerischen Partei befinden; - 3.
im internationalen und im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt: Angehörige der Streitkräfte und Kämpfer der gegnerischen Partei, welche die Waffen gestreckt haben oder in sonstiger Weise wehrlos sind.
Dieses Gesetz gilt für alle in ihm bezeichneten Straftaten gegen das Völkerrecht, für Taten nach den §§ 6 bis 12 auch dann, wenn die Tat im Ausland begangen wurde und keinen Bezug zum Inland aufweist. Für Taten nach § 13, die im Ausland begangen wurden, gilt dieses Gesetz unabhängig vom Recht des Tatorts, wenn der Täter Deutscher ist oder die Tat sich gegen die Bundesrepublik Deutschland richtet.
(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.
(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen
- 1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält, - 2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder - 3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde - a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder - b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder - c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).
(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.
(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich
- 1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden, - 2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen, - 3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen, - 4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.
(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.
(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.
(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn
- 1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt, - 2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder - 3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.
(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.
(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.
(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.
(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird.
(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.
(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.