Bundesgerichtshof Beschluss, 07. März 2019 - 5 StR 638/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 7. März 2019 gemäß § 46 Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 7. August 2018 im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Mit seiner Revision erzielt der Angeklagte den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen bleibt das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg.
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- 1. Dem Angeklagten ist antragsgemäß Wiedereinsetzung zum Anbringen seiner Verfahrensrüge zu gewähren (vgl. zu den Voraussetzungen einer solchen Ausnahme Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 44 Rn. 7a mwN). Die Verfahrensrüge bleibt aber ohne Erfolg, weil der Angeklagte damit letztlich nur eine Unrichtigkeit des Protokolls rügt und die Revision nicht auf einen Mangel des Protokolls gestützt werden kann (vgl. Schmitt, aaO, § 273 Rn. 36). Zudem ist es entgegen der Auffassung der Revision aus Rechtsgründen nicht geboten, eine schriftlich vorbereitete Einlassung des Angeklagten, die der Verteidiger verlesen und deren Richtigkeit der Angeklagte bestätigt hat, als Anlage zu Protokoll zu nehmen, denn der Angeklagte hat sich auch in diesem Fall mündlich eingelassen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2008 – 3 StR 390/08, NStZ 2009, 173).
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- 2. Die verhängte Strafe kann keinen Bestand haben.
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- Der Senat vermag anhand der Urteilsgründe nicht zu prüfen, ob hinsicht- lich der Geldstrafe aus dem „zuletzt“ ergangenen Urteil des Amtsgerichts B. , dessen Datum das Landgericht nicht mitgeteilt hat, die Voraussetzungen einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB erfüllt sind. Dies wäre der Fall, wenn die Strafe bei Erlass des angefochtenen Urteils noch nicht bezahlt oder auf andere Weise erledigt wäre. Der Vollstreckungsstand hinsichtlich der Geldstrafe von 100 Tagessätzen wird jedoch ebenfalls nicht mitgeteilt. Insoweit lässt sich den Urteilsgründen nur entnehmen (UA S. 6), dass die Untersuchungshaft in dieser Sache in der Zeit vom 20. Februar bis zum 23. Juli 2018 „zur Vollstreckung verschiedener Ersatzfrei- heitsstrafen unterbrochen worden war.“ Wäre die Strafe noch nicht vollstreckt gewesen, wäre aus dieser und der vorliegend verhängten Strafe eine Gesamt- strafe zu bilden gewesen; anderenfalls käme ein „Härteausgleich“ in Betracht (vgl. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 55 Rn. 21 ff.). Der Senat kann bei dieser Sachlage angesichts der Vollstreckung verschiedener Geldstrafen im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe nicht ausschließen, dass der Angeklagte hierdurch beschwert ist. Die bislang lediglich unvollständigen zugehörigen Feststellungen sind vom Rechtsfehler nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (vgl. § 353 Abs. 2 StPO); sie können um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.
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- 3. Den Ausführungen des Landgerichts zur Gefahrenprognose im Rahmen von § 64 StGB entnimmt der Senat, dass es an einem symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Suchtmittelkonsum des Angeklagten und der Tat fehlt und deshalb die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht in Betracht kommt.
Mosbacher Köhler
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.