Bundesgerichtshof Beschluss, 09. März 2006 - 5 StR 551/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
G r ü n d e
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten ist wirksam zurückgenommen worden.
- 2
- Hierzu hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt: „1. Die am 25. April 2005 innerhalb der Frist des § 341 Abs. 1 StPO eingelegte Revision des Beschwerdeführers ist von seinem Wahlverteidiger Rechtsanwalt B. mit Schreiben vom 8. Juni 2005 wirksam zurückgenommen worden (§ 302 Abs. 1 StPO). Dabei lag die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Verteidigers durch den Beschwerdeführer, die keiner besonderen Form bedarf (vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 6), vor, wie sich aus dem Schreiben selbst ergibt.
b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers wurde die Rechtsmittelrücknahme vom Gericht nicht mit unlauteren Mitteln erlangt. Eine unzulässige Beeinflussung der freien Willensbildung des Beschwerdeführers liegt nicht vor. aa) Anhaltspunkte dafür, dass der Haftbefehl gegen ihn auch ohne Änderung der Sachlage außer Vollzug zu setzen gewesen wäre, bestehen nicht. Dass die bei der Urteilsfällung gemäß § 268b StPO zugleich getroffene Entscheidung über die Fortdauer der Untersu-
chungshaft rechtsfehlerhaft gewesen sei, behauptet auch der Beschwerdeführer nicht. Die auch in dem Haftverschonungsbeschluss zum Ausdruck kommende Auffassung des Landgerichts, die ernst gemeinte Ankündigung einer Rechtsmittelrücknahme könne bei einem bis dahin jegliche Tatbeteiligung bestreitenden Angeklagten (UA S. 59) einen neuen Umstand darstellen, der im Rahmen der gebotenen Abwägung der für und gegen eine Flucht sprechenden Umstände (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 112 Rdnr. 19) die Erwartung rechtfertigen könne, der Angeklagte werde sich der Strafvollstreckung nicht entziehen, weil er nun das Unrecht seines Tuns eingesehen habe (vgl. Boujong in KK, StPO, 5. Aufl., § 112 Rdnr. 22 zum Geständnis ), ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Eine - wie die Revision behauptet - sachwidrige Verknüpfung von Haftverschonung und Revisionsrücknahme liegt darin nicht. Somit beruht die Rechtsmittelrücknahme weder auf einer Täuschung noch auf unrichtigen Auskünften des Gerichts. bb) Der Beschwerdeführer wurde auch nicht durch eine unzulässige Drohung mit (rechtswidriger) Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft zu einer Rechtsmittelrücknahme genötigt. Bei unveränderter Sachlage bestand für das Landgericht kein rechtlicher Grund, eine von der gemäß § 268b StPO getroffenen Anordnung der Untersuchungshaft inhaltlich abweichende Entscheidung zu treffen und dem Angeklagten Haftverschonung zu gewähren. Im Übrigen ist auszuschließen, dass ein erfahrener Strafverteidiger wie Rechtsanwalt B. sich auf unlautere Absprachen mit dem Gericht einlassen würde. Vielmehr hätte er eine Haftbeschwerde eingelegt, wenn er die Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft für unrechtmäßig gehalten hätte. Ebenso ist auszuschließen, der Vorsitzende Richter könnte mit der vorgeschlagenen Vorgehensweise beabsichtigt haben, das angefochtene Urteil einer revisionsgerichtlichen Kontrolle zu entziehen. Für diese
fern liegende Vermutung bestehen keine Anhaltspunkte, zumal das Urteil auch von den drei Mitangeklagten mit der Revision angefochten wurde und deshalb in jedem Fall dem Senat zur Überprüfung vorzulegen war.“
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum
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(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.
(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 329 Absatz 2, § 387 Absatz 1, § 411 Absatz 2 und § 434 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.
(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.
(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.
Bei der Urteilsfällung ist zugleich von Amts wegen über die Fortdauer der Untersuchungshaft oder einstweiligen Unterbringung zu entscheiden. Der Beschluß ist mit dem Urteil zu verkünden.