Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2003 - 5 StR 508/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
a) soweit der Angeklagte wegen Betrugs verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen und wegen Betrugs unter Einbeziehung einer weiteren Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision führt zur Aufhebung des Urteils, soweit der Angeklagte wegen Betrugs verurteilt worden ist, wie auch im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Im übrigen ist das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Die Verurteilung wegen Betrugs hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte die B V , ohne sich dingliche Sicherheiten bestellen zu lassen, dem Angeklagten im September 1992 einen Kredit für den Ankauf eines Villengrundstücks in Höhe von 1 Million DM gewährt. Das Grundstück wurde von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts erworben, die aus dem Angeklagten und der A GmbH bestand.
Das Landgericht hat zutreffend eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB darin gesehen, daß der Angeklagte am 24. Februar 1993 gegenüber der B V ein schriftliches Negativattest ausstellte , in dem er wahrheitswidrig erklärte, daß er das vorher mit den Kreditmitteln der Bank erworbene Grundstück vor Rückführung des Darlehens nicht mit Grundpfandrechten zugunsten Dritter belasten werde. Tatsächlich hatte er vorher bereits der S F für eine Kreditzusage die entsprechende Bestellung einer Grundschuld zugesagt und diese dann auch am 15. März 1993 bewilligt.
Ein Vermögensschaden der B V ist aufgrund der Täuschungshandlung aber nur dann entstanden, wenn sich die Vermögenssituation dadurch insgesamt verschlechtert hat. Das Landgericht sieht eine Verschlechterung der Vermögenssituation der B V darin, daß diese auf die Stellung von Grundpfandrechten verzichtet habe. Dieser Ansatz des Landgerichts begegnet schon deshalb rechtlichen Bedenken , weil nicht erkennbar ist und vom Landgericht auch nicht begründet wird,
inwieweit die B V einen Anspruch auf Absicherung ihres ursprünglich ungesichert ausgereichten Darlehens durch eine Grundschuld speziell auf diesem Villengrundstück gehabt haben soll. Selbst wenn ein solcher Anspruch bestanden hätte, ist nicht ersichtlich, wieso die B V über einen derart langen Zeitraum nicht eine Nachholung der Bestellung dinglicher Sicherheiten betrieben hat. Insofern wäre schon zu bezweifeln , ob die Täuschungshandlung für eine entsprechende Vermögensverfügung der Bank kausal geworden ist.
Bestand dagegen kein Anspruch auf die Absicherung des Kredits durch ein Grundpfandrecht, hätte das Landgericht eine Kausalitätsprüfung anstellen müssen, welche wirtschaftliche Entwicklung das Kreditengagement der B V im Falle einer wahrheitsgemäßen Erklärung des Angeklagten genommen hätte. Dies erfordert eine Prüfung, in welchem Umfang die Rückzahlung des Darlehens im Zeitpunkt der Täuschungshandlung bereits gefährdet war. Nur wenn sich durch die Erklärung des Angeklagten das Risiko einer Nichterfüllung der Darlehensschuld erhöht haben sollte, ist die Täuschungshandlung für den Eintritt des Vermögensschadens im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB ursächlich (BGH wistra 1993, 17; 1986, 170 f.; vgl. auch BGH Beschl. vom 12. Februar 2003 – 5 StR 165/02). Zur Feststellung dieses hypothetischen Kausalverlaufes wäre zu prüfen gewesen , ob die B V das Darlehen aus wichtigem Grund hätte kündigen und welchen Betrag sie in diesem Falle hätte realisieren können. Nur die Verschlechterung oder Gefährdung der Beitreibung der Darlehensforderung , die durch die Täuschungshandlung des Angeklagten bedingt ist, darf für die Berechnung des Vermögensschadens im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB herangezogen werden.
Dieser Betrag entspricht nicht der Summe, in deren Höhe die B V ausgefallen ist und den das Landgericht hier offenbar zugrundegelegt hat. Der betrugsbedingte Schaden kann dabei im Einzelfall sogar höher liegen, wenn der Schaden durch spätere günstige Ereignisse
verringert wird. Ein solcher Umstand, der sich dann wie die nachträgliche Aufhebung der bereits eingetretenen Gefährdungslage als Schadenswiedergutmachung ausgewirkt hätte, wäre hier der spätere Verkauf des Villengrundstücks im Januar 1994 für mehr als den doppelten Preis an B K . Andererseits kann auch die vom Landgericht nicht festgestellte Vermögenssituation des Angeklagten zum Zeitpunkt der Täuschungshandlung vom 24. Februar 1993 insgesamt so schlecht gewesen sein, daß die Täuschungshandlung sich nicht mehr zum Nachteil der Bank auswirken konnte. In diesem Fall ist der spätere, unvorhergesehen günstige Verkauf außer Betracht zu lassen.
II.
Die Aufhebung der Verurteilung wegen Betrugs mit den zugehörigen Feststellungen zieht auch die Aufhebung der höchsten Einzelfreiheitsstrafe nach sich. Der Senat kann hier jedoch ausschließen, daß die beiden Einzelfreiheitsstrafen wegen Steuerhinterziehung von der rechtsfehlerbehafteten Verurteilung wegen Betrugs beeinflußt sein könnten. Es liegt aber ein offensichtliches Fassungsversehen vor, weil das Landgericht ersichtlich die Einzelstrafen vertauscht hat. Der Senat stellt deshalb klar, daß der Angeklagte wegen Einkommensteuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten und wegen Umsatzsteuerhinterziehung zu einer solchen von fünf Monaten verurteilt ist.
Im Hinblick auf die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
1. Der neue Tatrichter wird, falls sich ein Vermögensschaden nicht nachweisen läßt, zu prüfen haben, ob ein Kreditbetrug gemäß § 265b StGB gegeben sein könnte. Eine Strafbarkeit nach § 265b StGB kommt auch in Betracht, wenn kein Vermögensschaden eingetreten ist. Allerdings verlangt § 265b Abs. 1 Satz 1 StGB, daß die Kreditgewährung für einen Betrieb
oder ein Unternehmen erfolgt sein muß. Dies erfordert, daß bei wirtschaftlicher Betrachtung der Kreditnehmer ein solches Unternehmen (vgl. Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 265b Rdn. 26) sein muß, das – nach der Legaldefinition des § 265b Abs. 3 Nr. 1 StGB – einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb hat.
2. Hinsichtlich einer neu vorzunehmenden Gesamtstrafenbildung ist der genaue Zeitpunkt der Zahlung der Geldstrafe aus der Vorverurteilung des Landgerichts Freiburg vom 13. April 1999 in Höhe von 100 Tagessätzen festzustellen. Dabei wird der neue Tatrichter zu bedenken haben, daß der Umstand einer rechtskräftig zunächst gebildeten Gesamtstrafe gemäß § 460 StPO auch hier Beachtung finden muß. Die Geldstrafe darf bei einer Gesamtstrafenbildung jedenfalls dann nicht außer Betracht bleiben, wenn die Voraussetzungen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB
vorgelegen haben (vgl. Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl. § 460 Rdn. 13). Soweit die Geldstrafe dann noch vor Rechtskraft des Gesamtstrafenbeschlusses bezahlt worden sein sollte, ist diese Zahlung auf die Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen (§ 51 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 StGB). Eine solche Anrechnung ist aber nicht Sache des Gerichts, sondern der Strafvollstreckungsbehörde (vgl. BGHSt 21, 186; RG GA Bd. 47, 296).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Wer einem Betrieb oder Unternehmen im Zusammenhang mit einem Antrag auf Gewährung, Belassung oder Veränderung der Bedingungen eines Kredits für einen Betrieb oder ein Unternehmen oder einen vorgetäuschten Betrieb oder ein vorgetäuschtes Unternehmen
- 1.
über wirtschaftliche Verhältnisse - a)
unrichtige oder unvollständige Unterlagen, namentlich Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Vermögensübersichten oder Gutachten vorlegt oder - b)
schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
die für den Kreditnehmer vorteilhaft und für die Entscheidung über einen solchen Antrag erheblich sind, oder - 2.
solche Verschlechterungen der in den Unterlagen oder Angaben dargestellten wirtschaftlichen Verhältnisse bei der Vorlage nicht mitteilt, die für die Entscheidung über einen solchen Antrag erheblich sind,
(2) Nach Absatz 1 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß der Kreditgeber auf Grund der Tat die beantragte Leistung erbringt. Wird die Leistung ohne Zutun des Täters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Erbringen der Leistung zu verhindern.
(3) Im Sinne des Absatzes 1 sind
- 1.
Betriebe und Unternehmen unabhängig von ihrem Gegenstand solche, die nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern; - 2.
Kredite Gelddarlehen aller Art, Akzeptkredite, der entgeltliche Erwerb und die Stundung von Geldforderungen, die Diskontierung von Wechseln und Schecks und die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen.
Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.
(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.
(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.
(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.
(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.