Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Okt. 2005 - 5 StR 394/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Mit Beschluss vom 24. November 2004 (BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Rücktritt 10 – „russisches Roulette“) hatte der Senat die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe zu sechs Jahren Freiheitsstrafe und Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wegen nicht tragfähiger Ablehnung eines Rücktritts vom Totschlagsversuch mit den Feststellungen aufgehoben. Nunmehr hat das Landgericht dem Angeklagten bei im wesentlichen gleichen Feststellungen zur Tat (vgl. BGHR aaO) einen strafbefreienden Rücktritt vom Totschlagsversuch zugebilligt; es hat ihn wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die mit der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten ist zum Schuld- und Strafausspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die von der Revision zutreffend beanstandete unrichtige Bestimmung der Strafrahmenuntergrenze (drei Monate statt – richtig – ein Monat) hat sich auf die Bemessung der Strafe ersichtlich nicht ausgewirkt. Indes hat das Rechtsmittel hinsichtlich des Maßregelausspruchs Erfolg.
Aufgrund des Gutachtens des psychiatrischen Sachverständigen hat das Landgericht, für sich rechtsfehlerfrei, einen gesicherten Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit des bei der Begehung der Tat mit möglicherweise bis zu 3,2 ‰ stark alkoholisierten Angeklagten festgestellt. Dem psychiatrischen Sachverständigen folgend ist das Landgericht von einer schweren seelischen Abartigkeit des Angeklagten aufgrund der Kombination von Persönlichkeitsstörung und Alkoholabhängigkeit ausgegangen. Diagnostiziert wurde unter Zitat von Diagnoseschlüsseln aus dem ICD-10 eine „ausgeprägte emotionale instabile Persönlichkeitsstörung“, bei der die Kriterien des „impulsiven Typs“ und des „Borderline-Typs“ gleichermaßen erfüllt seien; gleichzeitig bestehe ein „depressives Syndrom“ und ein „Abhängigkeitssyndrom von Alkohol“. Die Persönlichkeitsstörung sei schwer und ausgeprägt, sei überdauernd, umfasse alle Lebensbereiche des Angeklagten und gestalte diese. In ihr liege auch eine ganz erhebliche Ursache für die Alkoholabhängigkeit des Angeklagten, die ihrerseits wiederum die Persönlichkeitsstörung verstärke. Die Tat stehe mit der Persönlichkeitsstörung in engem Zusammenhang. Infolge der Persönlichkeitsstörung genügten geringe Mengen Alkohol , um die Impulskontrolle des Angeklagten stark herabzusetzen. Ähnlich erhebliche Taten wie die hier abgeurteilte seien aufgrund seines Zustandes jederzeit wieder möglich. Diese Begründung des Landgerichts reicht letztlich zum Beleg der Voraussetzungen der schwerwiegenden Maßregel nach § 63 StGB gegen den bislang nicht besonders gravierend strafrechtlich vorbelasteten Angeklagten nicht aus.
Der Bundesgerichtshof hat die Verhängung dieser Maßregel in Fällen ähnlicher Persönlichkeitsbefunde, gerade auch in Verbindung mit Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit, wiederholt beanstandet (vgl. nur BGHR StGB § 63 Zustand 18, 24, 30, 34; BGH NStZ 2004, 197; BGH, Beschlüsse vom 20. Mai 2003 – 4 StR 174/03, 9. Juni 2004 – 5 StR 203/04, 13. Juli 2004 – 4 StR 548/03 und 2. Dezember 2004 – 4 StR 452/04). Dies lag vorwiegend an der vielfach mehr oder weniger vagen Diagnose einer Persönlichkeitsstörung ; in diesem Bereich besteht die Gefahr, dass Eigenschaften und Verhaltensweisen , die sich noch innerhalb der Bandbreite des Verhaltens uneingeschränkt schuldfähiger Menschen bewegen, zu Unrecht als Symptome einer die Schuldfähigkeit – zudem gesichert – erheblich beeinträchtigenden seelischen Abartigkeit bewertet werden.
Allerdings liegt hier angesichts des besonders auffällig en Tatverhaltens des Angeklagten und der vom Landgericht festgestellten Besonderheiten in seinem Lebenslauf die Annahme eines Befundes nicht ganz fern, auf Grund dessen nach den Grundsätzen von BGHSt 44, 338 (vgl. auch BGHR StGB § 63 Zustand 12, 35 und 36; BGH NStZ 1998, 191) die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB tragfähig zu begründen wäre. Indes sieht sich der Senat letztlich zu einem dahingehenden Verständnis des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe nicht in der Lage. Der Angeklagte lebte nicht nur zu Zeiten seines früheren auffälligen Verhaltens in seiner Heimat sondern auch nach seiner Einreise als Asylbewerber und auch zur Tatzeit jeweils unter besonders bedrückenden Lebensumständen , die aggressive und insbesondere auch selbstzerstörerische Verhaltensweisen wie auch Suchtverhalten erklärlich machen; daher lassen sich aus solchem Verhalten bei ihm nicht ohne weiteres gesteigerte Indizien für erhebliche psychische Defekte ableiten. Zudem lässt die schon für sich eher knappe Begründung der Maßregel eine Auseinandersetzung mit der Frage vermissen, aus welchem Grunde nach der Begutachtung des Angeklagten durch denselben psychiatrischen Sachverständigen eine Anordnung nach § 63 StGB im ersten Urteil unterblieben war. Allein die – für sich rechtsfehler- freie, von einem neuen Tatgericht indes neu zu beurteilende – mangelnde Aussicht des Erfolgs einer Suchtbehandlung nach § 64 StGB macht eine derartig unterschiedliche Beurteilung allein nicht ohne weiteres erklärlich.
Über den Maßregelausspruch ist daher erneut zu befinde n. Dabei wird es unter Beachtung der genannten Grundsätze der Prüfung bedürfen, ob die erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Tatbegehung gesichert auf einen schweren und dauerhaften psychischen Defekt des Angeklagten zurückzuführen ist und nicht etwa maßgeblich nur auf Alkoholmissbrauch beruhen kann. Dass die gebotene erneute Prüfung zur Annahme der Voraussetzungen des § 20 StGB führen könnte, ist angesichts der bisherigen überzeugenden Begründung, die auf ein trotz aller Ungewöhnlichkeit verhältnismäßig differenziertes Tatvorgehen abstellt, sicher auszuschließen. Die neue Sachentscheidung obliegt nunmehr, da kein Schuldspruch wegen eines Kapitalverbrechens (§ 74 Abs. 2 GVG) erfolgt ist, einer allgemeinen Strafkammer. Nach der erheblichen Dauer der bisherigen Untersuchungshaft , die eine besonders beschleunigte Förderung des weiteren Verfahrens gebietet, sind für den Fall einer erneuten Anordnung der Maßregel Erwägungen zu § 67 Abs. 2 StGB obsolet geworden.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.
(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
(1) Die Strafkammern sind als erkennende Gerichte des ersten Rechtszuges zuständig für alle Verbrechen, die nicht zur Zuständigkeit des Amtsgerichts oder des Oberlandesgerichts gehören. Sie sind auch zuständig für alle Straftaten, bei denen eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung zu erwarten ist oder bei denen die Staatsanwaltschaft in den Fällen des § 24 Abs. 1 Nr. 3 Anklage beim Landgericht erhebt.
(2) Für die Verbrechen
- 1.
des sexuellen Missbrauchs von Kindern mit Todesfolge (§ 176d des Strafgesetzbuches), - 2.
des sexuellen Übergriffs, der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge (§ 178 des Strafgesetzbuches), - 3.
des Mordes (§ 211 des Strafgesetzbuches), - 4.
des Totschlags (§ 212 des Strafgesetzbuches), - 5.
(weggefallen) - 6.
der Aussetzung mit Todesfolge (§ 221 Abs. 3 des Strafgesetzbuches), - 7.
der Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 des Strafgesetzbuches), - 8.
der Entziehung Minderjähriger mit Todesfolge (§ 235 Abs. 5 des Strafgesetzbuches), - 8a.
der Nachstellung mit Todesfolge (§ 238 Absatz 3 des Strafgesetzbuches), - 9.
der Freiheitsberaubung mit Todesfolge (§ 239 Abs. 4 des Strafgesetzbuches), - 10.
des erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge (§ 239a Absatz 3 des Strafgesetzbuches), - 11.
der Geiselnahme mit Todesfolge (§ 239b Abs. 2 in Verbindung mit § 239a Absatz 3 des Strafgesetzbuches), - 12.
des Raubes mit Todesfolge (§ 251 des Strafgesetzbuches), - 13.
des räuberischen Diebstahls mit Todesfolge (§ 252 in Verbindung mit § 251 des Strafgesetzbuches), - 14.
der räuberischen Erpressung mit Todesfolge (§ 255 in Verbindung mit § 251 des Strafgesetzbuches), - 15.
der Brandstiftung mit Todesfolge (§ 306c des Strafgesetzbuches), - 16.
des Herbeiführens einer Explosion durch Kernenergie (§ 307 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches), - 17.
des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion mit Todesfolge (§ 308 Abs. 3 des Strafgesetzbuches), - 18.
des Mißbrauchs ionisierender Strahlen gegenüber einer unübersehbaren Zahl von Menschen (§ 309 Abs. 2 und 4 des Strafgesetzbuches), - 19.
der fehlerhaften Herstellung einer kerntechnischen Anlage mit Todesfolge (§ 312 Abs. 4 des Strafgesetzbuches), - 20.
des Herbeiführens einer Überschwemmung mit Todesfolge (§ 313 in Verbindung mit § 308 Abs. 3 des Strafgesetzbuches), - 21.
der gemeingefährlichen Vergiftung mit Todesfolge (§ 314 in Verbindung mit § 308 Abs. 3 des Strafgesetzbuches), - 22.
des räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer mit Todesfolge (§ 316a Abs. 3 des Strafgesetzbuches), - 23.
des Angriffs auf den Luft- und Seeverkehr mit Todesfolge (§ 316c Abs. 3 des Strafgesetzbuches), - 24.
der Beschädigung wichtiger Anlagen mit Todesfolge (§ 318 Abs. 4 des Strafgesetzbuches), - 25.
einer vorsätzlichen Umweltstraftat mit Todesfolge (§ 330 Abs. 2 Nr. 2 des Strafgesetzbuches), - 26.
der schweren Gefährdung durch Freisetzen von Giften mit Todesfolge (§ 330a Absatz 2 des Strafgesetzbuches), - 27.
der Körperverletzung im Amt mit Todesfolge (§ 340 Absatz 3 in Verbindung mit § 227 des Strafgesetzbuches), - 28.
des Abgebens, Verabreichens oder Überlassens von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch mit Todesfolge (§ 30 Absatz 1 Nummer 3 des Betäubungsmittelgesetzes), - 29.
des Einschleusens mit Todesfolge (§ 97 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes)
(3) Die Strafkammern sind außerdem zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Berufung gegen die Urteile des Strafrichters und des Schöffengerichts.
(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.
(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.
(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.
(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.
(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.
(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.