Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2009 - 5 StR 343/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten durch sein Rechtsmittel entstandene Kosten und Auslagen aufzuerlegen. Er hat jedoch die hierdurch den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
G r ü n d e
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- Das Landgericht hat den zur Tatzeit 18 Jahre und zwei Monate alten unbestraften Angeklagten wegen Totschlags zu einer Jugendstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt, weil er im Zustand nicht ausschließbar verminderter Schuldfähigkeit die 17-jährige L. getötet hat, ohne dass der Grund der Tötung und der Tatablauf im Einzelnen aufgeklärt werden konnten.
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- Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seinem auf die Sachrüge gestützten Rechtsmittel, mit dem er – näher ausgeführt – die An- nahme schädlicher Neigungen durch das Landgericht sowie die Höhe der verhängten Jugendstrafe beanstandet.
- 3
- Die Revision zum Schuldspruch sowie zum Ausspruch über die Verhängung einer Jugendstrafe ist entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
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- Das Rechtsmittel hat jedoch insoweit Erfolg, als das Landgericht die Höhe der verhängten Jugendstrafe rechtsfehlerhaft bestimmt hat. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift zutreffend Folgendes ausgeführt:
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- „… Auch kann nach der gesetzlichen Wertung in § 18 Abs. 1 Satz 2 JGG die Verhängung einer fünf Jahre übersteigenden Jugendstrafe zur erzieherischen Einwirkung geboten sein (BGHR JGG § 18 Abs. 2 Strafzwecke 5 m.w.N.). Die Begründung auf UA S. 149 ‚geringer durfte die Strafe nach Auffassung der Kammer nicht ausfallen, weil anderenfalls das Gewicht der Rechtsverletzung nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen wäre. Hingegen ist ein Zurückbleiben um ein halbes Jahr hinter der Höchststrafe angemessen, um den Milderungsgründen hinreichend Rechnung zu tragen’, lässt indes angesichts der angenommenen Milderungsgründe besorgen , dass die Jugendkammer die im vorliegenden Einzelfall angemessene Sanktion in ihrer Relation zur Höchststrafe verkannt hat.“
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- Im Hinblick auf den vorliegenden Wertungsfehler konnten die Feststellungen aufrechterhalten bleiben, die ergänzt werden können, soweit sich hieraus kein Widerspruch zu den bisherigen Feststellungen ergibt.
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- Angesichts der Bestätigung des Schuldspruchs und der Art der Sanktion konnte der Senat trotz der Zurückverweisung der Sache die auf § 74 JGG, § 472 StPO gestützte Kostenentscheidung bereits jetzt treffen (Senats- beschlüsse vom 26. Mai 2009 – 5 StR 57/09, zur Veröffentlichung in BGHR bestimmt, und 25. Juni 2009 – 5 StR 174/09).
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht.
(2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.
Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.
(1) Die dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Auslagen sind dem Angeklagten aufzuerlegen, wenn er wegen einer Tat verurteilt wird, die den Nebenkläger betrifft. Die notwendigen Auslagen für einen psychosozialen Prozessbegleiter des Nebenklägers können dem Angeklagten nur bis zu der Höhe auferlegt werden, in der sich im Falle der Beiordnung des psychosozialen Prozessbegleiters die Gerichtsgebühren erhöhen würden. Von der Auferlegung der notwendigen Auslagen kann ganz oder teilweise abgesehen werden, soweit es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(2) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, ein, so kann es die in Absatz 1 genannten notwendigen Auslagen ganz oder teilweise dem Angeschuldigten auferlegen, soweit dies aus besonderen Gründen der Billigkeit entspricht. Stellt das Gericht das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig ein, gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen, die einem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsen sind. Gleiches gilt für die notwendigen Auslagen eines Privatklägers, wenn die Staatsanwaltschaft nach § 377 Abs. 2 die Verfolgung übernommen hat.
(4) § 471 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend.