Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Okt. 2004 - 5 StR 3/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in fünf Fällen (Fälle 2, 4, 7 bis 9), in zwei Fällen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Fälle 4 und 8) sowie in zwei weiteren Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung (Fälle 2 und 9), wegen schweren Menschenhandels in zwei Fällen (Fälle 1 und 3), davon in einem Fall in Tateinheit mit Zuhälterei und Förderung der Prostitution (Fall 1), wegen räuberischer Erpressung (Fall 10), wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung (Fall 6), wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern (Fall 11) sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung (Fall 5) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren sowie zur Zahlung von 8.000 € Schmerzensgeld an die Nebenklägerin verurteilt und einen Betrag in Höhe von 45.000 € für verfallen erklärt.
Die Revision erweist sich mit Ausnahme eines Teils der Verfallsentscheidung als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts, die durch die weiteren Ausführungen der Revision im hiergegen replizierenden Schriftsatz der Verteidigerin nicht entkräftet werden, keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Auch der Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern im Fall 11 hält im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand. Die Wendung des Landgerichts, daß sich die fünf osteuropäischen Prostituierten im Bundesgebiet aufgehalten haben, „ohne im Besitz einer nach Maßgabe des Ausländergesetzes erforderlichen Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit gewesen zu sein“ (UA S. 38), ist zwar mißverständlich. Denn die Unterstützung allein solchen Tuns wird nicht nach dem Ausländergesetz, sondern allenfalls als ungenehmigte Ausländerbeschäftigung nach §§ 404 ff. SGB III sowie seit dem 1. August 2004 nach §§ 10, 11 des Gesetzes zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung vom 23. Juli 2004 (BGBl. I 1842) sanktioniert. Ersichtlich meint das Landgericht jedoch damit – wie aus verschiedenen Hinweisen auf den illegalen Aufenthaltsstatus deutlich wird (UA S. 37, 39, 76, 78) –, daß die Aufnahme der Erwerbstätigkeit als Prostituierte die Illegalität des Aufenthalts der osteuropäischen Frauen begründete. Diese durften sich zur jeweiligen Tatzeit als sog. „Positivstaatler“ nur dann ohne Aufenthaltsgenehmigung im Bundesgebiet aufhalten, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit nachgingen (vgl. § 3 Abs. 1 AuslG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 12 Abs. 1 DVAuslG sowie Art. 1 Abs. 2, Art. 4 Abs. 3 i. V. m. Anlage II EUVisaVO; BGH, Beschl. vom 20. April 2004 – 4 StR 67/04). Indem der Angeklagte die osteuropäischen Prostituierten in seinen Bordellen beschäftigte und damit die Illegalität ihres bis dahin genehmigungsfreien Aufenthalts herbeiführte, beging er eine Beihilfe zu deren illegalem Aufenthalt (vgl. Mosbacher, Illegale Beschäftigung von Ausländern, in Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 2004, Kap. XII 4 Rdn. 93 m.w.N.), die sich unter den vom Landgericht festgestellten qualifizierenden Umständen als Straftat des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern gemäß § 92a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG darstellt. Daß es womöglich näher gelegen hätte, in Hinblick auf die verschiedenen Bordelle, die unterschiedlichen Prostituierten und die teils weit auseinanderliegenden Tatzeiten mehrere Straftaten des Einschleusens von Ausländern statt einer Tat anzunehmen, beschwert den Angeklagten nicht.
2. Dagegen kann der Ausspruch über den Verfall in Höhe eines Teilbetrages von 20.313,63 € keinen Bestand haben. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt: „Jedoch begegnet die Anordnung des Verfalls von Wertersatz rechtlichen Bedenken, soweit sie die Einnahmen des Angeklagten einschließt, die dieser in Höhe von 39.730 DM aufgrund der Tätigkeit der Nebenklägerin erzielt hat. Dem stehen die zivilrechtlichen Ansprüche der durch die Zuhältereihandlungen des Angeklagten betroffenen Nebenklägerin als Verletzte im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 7. Mai 2003 – 5 StR 536/02 – und vom 18. Dezember 2003 – 5 StR 275/03) ... Hinsichtlich der Ansprüche der Nebenklägerin sind die Möglichkeiten der Zurückgewinnungshilfe (§ 111b Abs. 5 StPO) in Betracht zu ziehen (vgl. Senatsbeschluß vom 7. Mai 2003 – 5 StR 536/02).“ Dem tritt der Senat bei; er entnimmt diesen Ausführungen zugleich eine Beschränkung des Aufhebungsantrags nach § 349 Abs. 4 StPO auf den beanstandeten Betrag in Höhe von 39.730 DM (= 20.313,63 €). Weitergehend als der Generalbundesanwalt schließt der Senat aus, daß eine neue Haupt- verhandlung insoweit zur Anordnung des Verfalls von Wertersatz führen könnte (vgl. Senatsbeschluß vom 18. Dezember 2003 – 5 StR 275/03).
Harms Häger Gerhardt Brause Schaal
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen, so kann er zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll die Beschlagnahme angeordnet werden. § 94 Absatz 3 bleibt unberührt.
(2) Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.