Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Mai 2016 - 5 StR 147/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Mai 2016 beschlossen:
a) in den Schuldsprüchen dahin abgeändert, dass die Angeklagten der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Nötigung schuldig sind,
b) in den Strafaussprüchen gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Im Übrigen wird die Revision des Angeklagten A. gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten A. und den nicht revidierenden Angeklagten F. der „besonders schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung“ schuldig gesprochen und den Angeklagten A. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie den Nichtrevidenten zu einer Ju- gendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten erzielt entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel nach § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
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- Der Generalbundesanwalt hat Folgendes ausgeführt: „Die Feststellungen der Strafkammer tragen eine Verurteilung wegen vollendeter besonders schwerer räuberischer Erpressung zu Lasten des Geschädigten P. nicht. Ein Vermögensnachteil im Sinne eines Gefährdungsschadens durch eine unmittelbare Zugriffsmöglichkeit auf den Auszahlungsanspruch des berechtigten Kontoinhabers gegen die die EC-Karte akzeptierende Bank läge nur dann vor, wenn dem Täter die zutreffende Geheimzahl bekannt gemacht worden wäre (Senat, Beschluss vom 17. Juni 2014 – 5 StR 216/14 –, Juris Rdnr. 3 m. w. N.; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 253 Rdnr. 15 b m. w. N.). Daran fehlt es hier. Der Senat kann den Schuldspruch wie beantragt abändern, weil angesichts des Ergebnisses der Beweisaufnahme weitergehende Feststellungen, die zur Vollendung der besonders schweren räuberischen Erpressung zu Lasten des Geschädigten P. führen könnten, ausgeschlossen sind. Tateinheitlich haben die Angeklagten darüber hinaus den Tatbestand der vollendeten Nötigung verwirklicht (Senat, Urteil vom 9. November 1971 – 5 StR 374/71 –, MDR 1972, S. 386 bei Dallinger). § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil ausgeschlossen werden kann, dass sich der Angeklagte erfolgreicher als geschehen hätte verteidigen können. Die tateinheitlich erfolgte Verurteilung wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung zu Lasten des Geschädigten S. ist rechtsfehlerfrei. Die Abänderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Da lediglich ein Subsumtionsfehler vorliegt, können die Feststellungen bestehen bleiben. Auch die Ablehnung der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Änderung des Schuldspruchs und die daraus folgende Aufhebung des Strafausspruchs ist auf den nicht revidierenden Mitangeklagten F. zu erstrecken (§ 357 StPO). Die Fehler in der rechtlichen Würdigung und daraus folgend der Strafzumessung betreffen ihn in gleichem Maß wie den revidierenden Angeklagten A. .“
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- Dem tritt der Senat bei; er sieht aber von der Tenorierung der gleichartigen Idealkonkurrenz ab.
Bellay Feilcke
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Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.