Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2012 - 5 StR 114/12

published on 27/03/2012 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2012 - 5 StR 114/12
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
5 StR 114/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 27. März 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Raubes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. März 2012

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 1. November 2011 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit dieser Angeklagte im Fall 2 der Urteilsgründe wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt ist, sowie in dem ihn betreffenden gesamten Strafausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision des Angeklagten gegen das genannte Urteil wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen eines mit seinen beiden nicht revidierenden Mitangeklagten gemeinschaftlich begangenen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Seine hiergegen mit der Sachrüge geführte Revision erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts zu Fall 2 der Urteilsgründe entwendeten der Angeklagte M. und seine Mittäter N. und O. am 18. Dezember 2010 auf einem U-Bahnhof das Handy des stark betrunkenen Geschädigten E. . In Ausführung eines gemeinschaftlichen Tatplans schlug O. dem Geschädigten mit der Faust auf den Kopf. Auf den zu Boden gegangenen Geschädigten traten er und N. mit den Füßen ein und nahmen ihm das Handy weg, um es zu verkaufen und den Erlös für sich zu verwenden. Währenddessen stand der Angeklagte M. in unmittelbarer Nähe. Durch seine Präsenz bestärkte er die Mittäter in ihrem Vorgehen , weil er sie gewähren ließ und ihnen dadurch zu verstehen gab, dass er ihr Handeln billigte; zudem war ihm bewusst, dass allein seine Anwesenheit die Zahl der Gegner erhöhte, was die ohnehin geringen Verteidigungschancen und die Verteidigungsbereitschaft des Geschädigten noch weiter verringerte. Dabei kam es dem Angeklagten M. darauf an, dass seine Mittäter die Beute erfolgreich an sich bringen würden, um sie für sich zu verwenden.
3
2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
4
Der Schuldspruch gegen den sich am eigentlichen Geschehen nicht aktiv beteiligenden Angeklagten begegnet durchgreifenden Bedenken, weil die Jugendkammer die notwendige Abgrenzung zur Beihilfe nicht durchgeführt hat. Mittäterschaft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann vor, wenn ein Beteiligter nicht bloß fremdes Tun fördern will, sondern seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils will; ob ein Beteiligter dieses enge Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten von seiner Vorstellung umfassten Umständen in wertender Betrachtung zu beurteilen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. Januar 2010 – 5 StR 506/09, NStZ-RR 2010, 139 mwN). Wesentliche Anhaltspunkte hierfür können gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder wenigstens im Willen zur Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 29. September 2005 – 4 StR 420/05, NStZ 2006, 94).
5
Eine Bewertung nach diesen Grundsätzen hat die Jugendkammer nicht vorgenommen. Soweit sie im Rahmen der Beweiswürdigung eine Zeugenaussage vom Hörensagen referiert, wonach ein „Holländer“ gesehen habe , dass drei junge Männer auf den am Boden Liegenden eingeprügelt hätten , hat sie die Feststellungen hierauf nicht gestützt. Weitere Erwägungen zu einer gemeinsamen Flucht (UA S. 14) und einem zwischen N. und dem Bruder des Angeklagten geführten Telefongespräch (UA S. 15) bieten keinen hinreichenden Anhaltspunkt für die Annahme gerade von Mittäterschaft.
6
Wenngleich nach dem angefochtenen Urteil allenfalls die Voraussetzungen der Beihilfe nahe liegen, vermag der Senat nicht auszuschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können , die eine Verurteilung des Angeklagten M. wegen täterschaftlich begangenen Raubes tragen. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
7
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs entzieht der insoweit verhängten Einsatzstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe und der Gesamtstrafe die Grundlage. Der Senat hebt indessen den gesamten Strafausspruch auf, um dem neuen Tatgericht eine stimmige Strafbemessung zu ermöglichen. Das neue Tatgericht wird sich dabei sorgfältiger als bislang geschehen mit den für und gegen den Angeklagten sprechenden Umständen zu befassen haben. Sollte es sich abermals von einer Beteiligung des Angeklagten zu überzeugen vermögen, werden die Voraussetzungen des minder schweren Falles nach § 249 Abs. 2 StGB zu erörtern sein. Auch werden ausdrückliche Erwägungen zu § 21 StGB nahe liegen.
8
4. Der Senat verweist die Sache an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück, weil sich das Verfahren nur noch gegen einen Erwachsenen richtet.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird m
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird m
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.