Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Apr. 2010 - 4 StR 635/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch, dass der Angeklagte in den Fällen 7 sowie 9 bis 16 der Anklageschrift (Taten zum Nachteil der Deutschen Post AG) eines Betruges schuldig ist,
b) im Strafausspruch, dass er wegen dieser Tat zu einer Freiheitsstrafe als Einzelstrafe von einem Jahr sechs Monaten verurteilt ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 19 Fällen, davon in einem Fall wegen Versuchs, wegen Vortäuschens einer Straftat, wegen Siegelbruchs, wegen Urkundenfälschung sowie wegen mittelbarer Falschbeurkundung in zwei Fällen unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einer weiteren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten sowie wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer weiteren Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt; im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Es hat ferner seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet.
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- Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts und macht das Vorliegen eines Verfahrenshindernisses geltend. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. In den Fällen 7 sowie 9 bis 16 der Anklageschrift erwarb die Zeugin D. als Nutzungsberechtigte einer sog. Postcard der Deutschen Post AG in der Zeit vom 7. bis zum 16. September 2005 auf Weisung und für Rechnung des Angeklagten in neun verschiedenen Postfilialen Briefmarken und frankierte Briefumschläge im Wert von insgesamt 89.206,34 Euro, ohne dass der Angeklagte willens und in der Lage gewesen wäre, diese Waren zu bezahlen. Das Landgericht hat angenommen, die neun einzelnen Handlungen zum Nachteil der Deutschen Post AG stünden trotz des engen zeitlichen Zusammenhangs und ungeachtet des Umstandes, dass ihre Vornahme auf einem generellen, im Einzelnen nicht näher spezifizierten Entschluss beruhten, zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit im Sinne von § 53 StGB, da die Täuschungshandlungen jeweils an verschiedenen Tagen in unterschiedlichen Filialen der Deutschen Post AG vorgenommen worden seien. Insoweit habe es jeweils eines neuen Tatentschlusses bedurft. Soweit diese rechtliche Würdigung des Konkurrenzverhältnisses den Tatbeitrag des Angeklagten betrifft, begegnet sie vor dem Hintergrund der dazu getroffenen Feststellungen durchgreifenden Bedenken.
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- Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Frage des Vorliegens einer oder mehrerer Handlungen im Sinne der §§ 52, 53 StGB auf den eigenen Tatbeitrag des jeweiligen Täters an (vgl. nur Senatsbeschluss vom 17. Juni 1997 – 4 StR 60/97, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Konkurrenzen 10; Senatsurteil vom 19. Juli 2001 – 4 StR 65/01, wistra 2001, 378). Dieser bestand hier lediglich in einer Tathandlung, nämlich in der Anweisung des Angeklagten an die Zeugin D. , in möglichst vielen Fällen für möglichst hohe Beträge Briefmarken und frankierte Umschläge unter Ausnutzung des durch die Postcard eingeräumten Kreditrahmens zu beschaffen. Einzelweisungen des Angeklagten an die Zeugin D. vor jedem der einzelnen Erwerbsvorgänge hat das Landgericht nicht festgestellt.
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- Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen; der Angeklagte hätte sich gegenüber dem geänderten Vorwurf nicht anders verteidigen können. Damit verbleibt es insoweit bei der Verurteilung wegen einer Tat des Betruges zu einer Strafe von einem Jahr sechs Monaten. Zwar führt die Änderung des Schuldspruchs zum Wegfall der vom Landgericht verhängten acht weiteren Einzelstrafen. Gleichwohl hat die vom Landgericht für angemessen erachtete Gesamtstrafe Bestand. Angesichts der Summe der verbleibenden Einzelstrafen und der Höhe der Einsatzstrafe kann im vorliegenden Fall ausgeschlossen werden, dass die Kammer bei zutreffender Annahme von einer Tat das Unrecht der Tat oder die Schuld des Täters geringer bewertet hätte.
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- 2. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 8. Februar 2010 Bezug.
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.