Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2014 - 4 StR 551/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) die Strafaussprüche dieses Urteils dahin abgeändert, dass die gegen die Angeklagten verhängten Einheitsjugendstrafen jeweils drei Jahre und elf Monate betragen ,
b) die im Tenor dieses Urteils getroffenen Anordnungen, dass infolge der Anrechnung erfüllter Bewährungsauflagen bei beiden Angeklagten jeweils ein Monat auf die gegen sie verhängten Einheitsjugendstrafen angerechnet wird, aufgehoben.
2. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
3. Es wird davon abgesehen, den Beschwerdeführern die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen (§ 74 JGG).
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung des Urteils des Jugendschöffengerichts beim Amtsgericht Paderborn vom 13. September 2012 zu Einheitsjugendstrafen von jeweils vier Jahren verurteilt und bei beiden Angeklagten angeordnet, dass in der einbezogenen Sache erfüllte Bewährungsauflagen mit jeweils einem Monat auf die nunmehr verhängten Einheitsjugendstrafen angerechnet werden. Gegen das Urteil richten sich die mit der Sachrüge - beim Angeklagten A. zusätzlich mit einer nicht ausgeführten Verfahrensrüge - begründeten Revisionen der Angeklagten. Diese haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
- 2
- 1. Die Rechtsmittel sind aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 12. Dezember 2013 dargelegten Gründen unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO), soweit sie sich gegen die Schuldsprüche richten. Jedoch können die Anordnungen über die Anrechnung erfüllter Bewährungsauflagen und die Strafaussprüche keinen Bestand haben.
- 3
- Denn die Jugendkammer hat nicht bedacht, dass - anders als bei einer nachträglich gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe im Erwachsenenstrafrecht - bei der Anwendung von Jugendstrafrecht für einen die Strafvollstreckung verkürzenden Ausspruch durch die Anrechnung von Bewährungsleistungen kein Raum ist, wenn eine Verurteilung zu Jugendstrafe mit Bewährung nachträglich in eine Verurteilung zu einer Einheitsjugendstrafe ohne Bewährung einbezogen wird (BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - 1 StR 71/04, BGHSt 49, 90). Erbrachte Bewährungsleistungen können und müssen jedoch gegebenenfalls - wenn sie unter Berücksichtigung des Gewichts der Tat, des Umfangs der er- brachten Bewährungsleistungen und der übrigen Umstände des Einzelfalles Rückschlüsse auf den bestehenden Erziehungsbedarf zulassen - bei der Strafzumessung berücksichtigt werden (vgl. BGH aaO S. 93).
- 4
- 2. Der Senat kann im vorliegenden Fall, auch um das im Jugendstrafverfahren in besonderem Maße zu beachtende Beschleunigungsgebot zu wahren (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2000 - 4 StR 369/00), in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Einheitsjugendstrafen selbst auf jeweils drei Jahre und elf Monate festsetzen, weil nach den im Übrigen rechtsfehlerfreien Strafzumessungserwägungen auszuschließen ist, dass das Landgericht noch niedrigere Strafen verhängt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2012 - 5 StR 475/12), wenn es § 58 Abs. 2 Satz 2, § 56f Abs. 3 StGB nicht entsprechend angewendet hätte. Die Angeklagten sind hierdurch unter keinen Umständen beschwert.
Franke Mutzbauer
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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, so ist für die Strafaussetzung nach § 56 die Höhe der Gesamtstrafe maßgebend.
(2) Ist in den Fällen des § 55 Abs. 1 die Vollstreckung der in der früheren Entscheidung verhängten Freiheitsstrafe ganz oder für den Strafrest zur Bewährung ausgesetzt und wird auch die Gesamtstrafe zur Bewährung ausgesetzt, so verkürzt sich das Mindestmaß der neuen Bewährungszeit um die bereits abgelaufene Bewährungszeit, jedoch nicht auf weniger als ein Jahr. Wird die Gesamtstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt, so gilt § 56f Abs. 3 entsprechend.
(1) Das Gericht widerruft die Strafaussetzung, wenn die verurteilte Person
- 1.
in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, daß die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat, - 2.
gegen Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt oder sich der Aufsicht und Leitung der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers beharrlich entzieht und dadurch Anlaß zu der Besorgnis gibt, daß sie erneut Straftaten begehen wird, oder - 3.
gegen Auflagen gröblich oder beharrlich verstößt.
(2) Das Gericht sieht jedoch von dem Widerruf ab, wenn es ausreicht,
- 1.
weitere Auflagen oder Weisungen zu erteilen, insbesondere die verurteilte Person einer Bewährungshelferin oder einem Bewährungshelfer zu unterstellen, oder - 2.
die Bewährungs- oder Unterstellungszeit zu verlängern.
(3) Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Auflagen, Anerbieten, Weisungen oder Zusagen erbracht hat, werden nicht erstattet. Das Gericht kann jedoch, wenn es die Strafaussetzung widerruft, Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Auflagen nach § 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 oder entsprechenden Anerbieten nach § 56b Abs. 3 erbracht hat, auf die Strafe anrechnen.