Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2008 - 4 StR 530/07

published on 15/01/2008 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2008 - 4 StR 530/07
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 530/07
vom
15. Januar 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Mord
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 15. Januar 2008 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 5. April 2007, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Mord zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs.
2
Die Nachprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Strafausspruch hat jedoch keinen Bestand.
3
1. Das Landgericht konnte – trotz entsprechender Anhaltspunkte - nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Angeklagte ein eigenes Interesse an der Tötung des Tatopfers hatte. Es ist daher im Rahmen der recht- lichen Würdigung zu Gunsten des Angeklagten vom Fehlen eines eigenen Tatinteresses ausgegangen. Im Rahmen der Strafzumessung hat es hingegen strafschärfend gewertet, dass der Angeklagte keinen „feststellbaren eigenen Grund“ hatte, sich an der Tötung des Opfers zu beteiligen. Er habe sich gleichwohl ohne Not zur Beihilfe an einem Kapitalverbrechen bereit gefunden.
4
2. Diese Strafzumessungserwägungen begegnen in zweierlei Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie lassen, wie die Revision zu Recht rügt, zum einen besorgen, dass das Landgericht den Zweifelssatz zu Ungunsten des Angeklagten angewendet hat, indem es ihm das – lediglich in Anwendung des Zweifelssatzes angenommene – Nichtvorliegen eines eigenen Tatmotivs straferschwerend angelastet hat. Zum anderen begründet die Erwägung, der Angeklagte habe sich „ohne Not“ zur Beteiligung an der Tat bereit gefunden , einen Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB, denn damit hat das Landgericht im Ergebnis zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass er die Tat überhaupt begangen hat (vgl. BGH wistra 2000, 463, 464).
5
3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne die aufgezeigten Rechtsfehler auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte; er hebt daher den Strafausspruch auf. Der Aufhebung der dem Strafausspruch zu Grunde liegenden Feststellungen bedarf es nicht, da es sich lediglich um Wertungsfehler handelt. Der neue Tatrichter ist jedoch nicht gehindert, ergänzende, den getroffenen Feststellungen nicht widersprechende Feststellungen zu treffen.
Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.