Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2014 - 4 StR 506/13

published on 13/02/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2014 - 4 StR 506/13
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 506/13
vom
13. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 13. Februar 2014 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 9. Juli 2013
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der gefährlichen Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen schuldig ist;
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit versuchter Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen folgten der Angeklagte und S. L. , die auf eine körperliche Auseinandersetzung aus waren, der Gruppe um die Nebenkläger , zu der auch der Zeuge C. gehörte. Als C. auf die beiden zuging und sie aufforderte, endlich zu verschwinden, holte der Angeklagte aus und versuchte, C. einen Schlag zu versetzen. Dieser konnte demSchlag ausweichen und versetzte seinerseits dem Angeklagten einen Faustschlag. Nunmehr griffen die Nebenkläger und S. L. in das Geschehen ein. Im Verlaufe der anschließenden Rangelei zog der Angeklagte ein Messer und brachte den beiden Nebenklägern jeweils eine Stichverletzung im Oberkörperbereich , dem Nebenkläger F. zudem zwei Schnittverletzungen am linken Unterarm und am Rücken bei. Obwohl es dem mit dem Messer bewaffneten Angeklagten möglich gewesen wäre, weiter auf die Nebenkläger und C. einzuwirken, zog es der Angeklagte – einer Aufforderung eines Bekannten, mit der Schlägerei aufzuhören, Folge leistend – vor zu fliehen und verließ zusammen mit S. L. den Tatort. Nach der Tat äußerte der Angeklagte, einen oder mehrere „von denen abgestochen“ zu haben, er wisse aber nicht wen.

II.


3
Die tateinheitliche Verurteilung wegen versuchter Körperverletzung zum Nachteil C. hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Jugendkammer hat übersehen, dass der Angeklagte nach dem festgestellten Sachverhalt vom Versuch der Körperverletzung gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. StGB strafbefreiend zurückgetreten ist.
4
Der Körperverletzungsversuch war entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts durch das Eingreifen der beiden Nebenkläger aus Sicht des Angeklagten nicht fehlgeschlagen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 – 4 StR 346/12, NStZ 2013, 156, 157 f. mwN), weil dem Angeklagten zur weite- ren Verwirklichung seines Vorhabens, auch C. zu verletzen, das mitgeführte und anschließend verwendete Messer zur Verfügung stand und er noch im Zeitpunkt der Aufgabe der Tatausführung in der Lage war, das Messer gegen C. zum Einsatz zu bringen. Nach den für die Abgrenzung von unbeendetem und beendetem Versuch geltenden rechtlichen Maßstäben (vgl. Eser in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 24 Rn. 14, 18 mwN) stellte sich der Versuch unabhängig davon, ob der Angeklagte nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung wusste oder unsicher war, seinen Kontrahenten bis dahin nicht verletzt zu haben, als unbeendet dar. Denn der Angeklagte ging – bei der letztgenannten Konstellation für den Fall eines bislang ausgebliebenen Verletzungserfolgs – davon aus, noch nicht alles zur Herbeiführung des tatbestandlichen Erfolgs Erforderliche getan zu haben. Vom unbeendeten Versuch der Körperverletzung zum Nachteil C. konnte der Angeklagte gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. StGB durch schlichte Aufgabe der weiteren Tatausführung strafbefreiend zurücktreten. Der unbedingte Wille zur Aufgabe der Tat steht auch bei Unsicherheit des Zurücktretenden über eine möglicherweise bereits eingetretene Tatvollendung außer Frage.
5
Der Senat lässt die tateinheitliche Verurteilung wegen versuchter Körperverletzung entfallen und ändert den Schuldspruch entsprechend. Die Schuldspruchänderung entzieht dem Strafausspruch die Grundlage, weil die Jugend- kammer die unzutreffend bejahte versuchte Körperverletzung im Rahmen der Strafzumessung ausdrücklich zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat. Der Strafausspruch bedarf daher einer neuen tatrichterlichen Prüfung und Entscheidung.
6
Da das Verfahren sich nur noch gegen den erwachsenen Angeklagten richtet und keinen die Zuständigkeit des Schwurgerichts begründenden Vorwurf mehr zum Gegenstand hat, verweist der Senat die Sache gemäß § 354 Abs. 2 StPO an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 1988 – 4 StR 33/88, BGHSt 35, 267).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört
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published on 25/10/2012 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 346/12 vom 25. Oktober 2012 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Oktober 2012, an der teilgenommen haben:
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.